Bericht 18. Prozesstag am 1.7.2016 „Rechter Mord in Neukölln?“ – Der Mord an Luke Holland am 20. Sept 2015

Der Prozesstag findet statt in der bekannten Zusammensetzung seitens Kammer, Herr Braunschweiger in Vertretung für die Staatsanwaltschaft. Psychiatrische Gutachterin ist in Vertretung Frau Yu.
Beide Verteidiger anwesend.

Die Eltern von Luke Holland als Nebenkläger sind angereist aus England, Nebenklageanwalt Onur Özata ist da, Herr Daimagüler wird vertreten.
Der Prozess beginnt um 10.00 Uhr. Ein Vertreter der Britischen Botschaft ist zugegen. Zur Prozessbeobachtung sind 6 Beobachter_innen gekommen.

Die Verteidigung hat eine größere Gruppe von ca. 15-20 Studentinnen und Studenten der Hochschule für Recht und Wrtschaft, Studiengang Sicherheitsmanagment für Polizeianwärter_innen für den gehobenen Dienst eingeladen (Herr Schmidt hat sein Colloquium in den Sitzungssaal verlegt Einige von ihnen sah man bereits als Beobachter_innen in vorhergehenden Prozessverhandlungen. Beide Verteidiger sind Dozenten der Polizeihochschule HRW.

Zeuge: Als Zeuge wird erneut Herr L., Kriminalbeamter der Spurensicherung, angehört.

Anlass hierfür ist die Aussage des von der Verteidigung einbezogenen Experten Herrn C.. Herr L. bleibt bei seiner bisherigen Einschätzung, erläutert näheres zu der Spurensicherung am Tatort am Tag der Ermordung von Luke Holland. Herr L. habe anfangs den Kontakt zur Britischen Botschaft und den Kontakt zu den Eltern in England hergestellt. Er selbst sei nur am Tatort tätig gewesen, bis ca. 11.00 Uhr. Bei der Hausdurchsuchung sei er nicht dabei gewesen, was auch den Vorschriften entspricht. Anders sei es z.B. mit dem Kollegen Bischop gewesen, den Kollegen der 5. Mordkommission B. und R. und der Kollegin R.. Die Kollegen seien abgezogen worden zur Hausdurchsuchung. Dies sei nicht üblich, da Tatortsicherung und Hausdurchsuchung voneinander getrennt, von jeweils anderen Teams, durchgeführt würden, um eine Kontaminierung von Beweise zu vermeiden mit etwa Faserspuren oder Schmauchspuren vom Tatort.

Er bezweifle das ein Kontakt mit Schmauchspuren stattgefunden habe, ein Kontakt mit dem Opfer habe es nicht gegeben. Als er ankam war Luke Holland bereits von Rettungskräften ins Krankenhaus gebracht worden. Auf Nachfrage des Richters über mögliche Sekundärübertragungen von Schmauchspuren aus einer „Schmauchwolke“ antwortet der Zeuge, dass schließe er aus, da Schmauch sich aus dem Kontakt übertrage. Zudem sei Polizeischmauch markiert.

Es konnten am Tatort keine Schrotpartikel festgestellt werden, so der Zeuge. Er selbst habe nur draußen vor dem Del Rex gearbeitet, zu dem Zeitpunkt wäre von dem Del Rex als Tatort noch nichts bekannt gewesen. Er habe ein Handy, eine Uhr und 10 Zigarettenreste übergeben, die an der Stelle vorgefunden wurden, wo der mutmaßliche Mörder gestanden haben muss nach Aussage der Zeugin Taffere und ihrem Begleiter, an die KT 21 übergeben. Es ist auch die Rede von einem Einwegfeuerzeug, das übergeben wurde. Ebenso der Kasten mit leeren Bierflaschen. Die vorgefundene Patronenhülse sei wegen Verwitterungsspuren allein unbedeutend gewesen.

Ob DNA an den Zigaretten vorgefunden wurde wird nicht gesagt und auch nicht erfragt.

Laut seinen Untersuchungen gab es keine merklichen „backsspatter“/Blutspritzer am Tatort. Es war eine große und eine kleinere Blutlache zu sehen. Das Blut war so sagte der Zeuge auf einer Fläche von 2 Fußbällen verteilt mehr nicht. Es konnten keine Blutspuren an der Häuserwand beispielsweise festgestellt werden. Somit fehlte die 3 Dimensionalität der Blutspuren. Somit konnte Schußwinkel, Bewegungen des Opfers nach dem tödlichen Schuß etc. nicht festgestellt werden. Technische Hilfsmittel seien nicht genutzt worden, aber chemische. Es war zu hell um Reminiszenzmittel (Lichtquelle) einzusetzen. Die Bodenbeschaffenheit sei zudem ungünstig gewesen für Nachweise von Blutspuren.

Ein 3-D-Scanner wurde eingesetzt, für die Aufnahmen und das Gutachten diesbezüglich sei Herr S. zuständig gewesen. Es liegen Digitalaufnahmen vor und Panoramen-Bilder des 3-D-Scanners. Diese werden gesichtet. Es konnte nicht nachgestellt werden, so der Zeuge, wo der Täter gestanden haben muss bei der Tat. Dies sei nicht rekonstruierbar gewesen.

Für die 3-D-Rekonstruierung der Tat seien die Hauswand, die Litfaßsäule und der Baum von Belang. Autos etwa wurden nicht nach Blutspuren untersucht. Es sei nach seiner Auffassung nicht zwingend, dass es „backspatter“ geben müsse. Laut der Spurensicherung muss Luke Holland in einem Abstand von ca 1-2 Meter angeschossen worden sein. Sein linker Arm hatte auch einen Einschuss.

Es liegen nun 4 Stellungnahmen vor u.a. von ihm, von Herrn G., Herrn H. und von Herrn T. bezugnehmend auf die Ausführungen von Philipp C.. Kurz gesagt die Ermittlungen der Spurensicherung widersprechen den Ausführungen von Herrn C.. Die Stellungnahmen werden an die jeweiligen Beteiligten übergeben ebenso Digitalversionen der Bildaufnahmen.

Der Zeuge sagt weiter, er habe dann draußen vor dem Del Rex nur gehört, wie die Wohnung geöffnet worden sein muss, da es laut akustisch vernehmbar war.

Es gäbe Videoaufnahmen einer Sicherheitskamera von einem der Gelände dort, diese gäben aber nichts her, nur Schatten.

Die Verteidigung versucht die Erläuterungen von Herrn Lehmenhütter in Frage zu stellen, da er eine am Tatort vorgefundene Patronenhülse für unbedeutend halte.

Die Verteidigung hält den Waffenhändler W. für verantwortlich und nicht Rolf Z. Der Waffenhändler hätte sicherzustellen, sich zu kümmern, dass die umgebaute Deko-Waffe nicht schussfähig ist.

Der Richter widerspricht dem, da die Waffe vor 1990 erworben wurde. Nach 1990 wäre es bei dem Waffenhändler registriert gewesen, dann hätte der Waffenhändler auch eine Verpflichtung dem nachzugehen.

Die Verteidigung zieht den Antrag den Waffenhändler vorzuladen doch zurück.

Zu Montag 4.7. und Dienstag 5.7. werden die Sachverständigen zusammen mit Philipp C. vorgeladen, dass sie gemeinsam dem Gericht ihre Ergebnisse darlegen.

Zudem seien die Kenntnisse von Herrn C. wenig gesicherte Kenntnisse. Er hätte in seinen wissenschaftlichen Ausführungen selber geschrieben, dass bei 30 cm Abstand sogar nur nicht zwingend „backspatter“ erfolgen müssen – anders als er vor Gericht als Zeuge behauptet hat.

Das Colloquium des Herrn Schmidt soll in der nächsten Zeit erneut im Gerichtssaal stattfinden.

Es werden neue Termine festgelegt, der Prozess könnte bis August/September fortdauern.
Plädoyers könnten am 21.7. beginnen.