Bericht über die Aktion am 5. April 2021 und Redebeitrag von “Trotz alledem!”

Hatirla ve Aydinlat – Burak´i unutma

Aufklären und Gedenken – Burak unvergessen

Die „Initiative zur Aufklärung des Mordes an Burak Bektas“ rief am 5. April zu einer Demonstration in Berlin-Neukölln auf. Trotz eisig kaltem Wetters kamen ca. 500 Antifaschistinnen, Antifaschisten und UnterstützerInnen zu der Manifestation. Ziel war der Gedenkort mit seinem Gedenkstein für Burak Bektas. Vorneweg lief die Familie von Burak, die Eltern, die Geschwister, weitere Familienangehörige und FreundInnen. Dahinter reihten sich alle anderen Initiativen und Menschen in die Demo ein, die an den 9. Jahrestag seiner Ermordung erinnern wollten. In vielen Redebeiträgen und Grußbotschaften wurde der Rassismus und Faschismus und das gesellschaftliche Klima, das diese hervorbringt, angeprangert. Schwerpunkt der diesjährigen Redebeiträge war die Verstrickung von Staat und Nazis. Denn diese wird von Tag zu Tag sichtbarer. Die Initiativen in Neukölln, wie „Basta“, „Kein Generalverdacht“, „Autonome Antifa Neukölln“, eine Britzer Initiative, „Kampagne Entnazifizierung jetzt“ und die „Migrantifa“ schilderten mit Fakten, nicht nur das Versagen der Behörden bei der Aufklärung des Mordes. Sie legten mit vielen Beispielen die Verstrickungen der Behörden mit den Nazis und die Verharmlosung des rechten Terrors durch Innensenator Geisel (SPD) und seiner Polizeipräsidentin Barbara Slowik offen. Die RednerInnen wiesen auf die vielen Nazis und Netzwerke in den Behörden und in der Polizei hin. Sie forderten die Auflösung der Polizei! Sie würde nicht alle Menschen schützen, sie sei nicht der „Freund und Helfer“ von einem Teil der Bevölkerung. Wie Ferhat Kocak, ein Brandanschlagsopfer, in seinem Redebeitrag sinngemäß schilderte: Wir warten auf Aufklärung: Buraks Familie seit 9 Jahren, die Hufeisensiedlung seit 10 Jahren, die Falken seit 11 Jahren, viele jüngere Anschläge, wie der auf den Gedenkstein von Burak, warten auf die Ergreifung der Täter. Er forderte einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des rechtens Terrors in Neukölln.
Ergriffen waren wir von den Grußbotschaften von Anschlagsopfern, wie Ibrahim Arslan, Familie Kubaşik aus Dortmund und von der Initiative. Der Höhepunkt des diesjährigen Gedenkens war für mich die Grußbotschaft einer jüdischen Deutschen aus Halle. Diese Überlebende des Anschlags in Halle schickte ihre wärmsten Grüße. Ihre solidarischen Worte berührten mich ganz besonders. Sie zeigten doch, wie die Kontinuität des Nazi-Faschismus in diesem Land von Generation zu Generation weiter gegeben wird. Der Anschlag auf die Synagoge in Halle zeigt, dass jüdische Menschen nach dem Völkermord immer noch um ihr Leben fürchten müssen, dass ihr Leben nicht sicher ist in diesem Land.
Der Nazismus mit seinen Wurzeln ist nicht ausgemerzt. Das ganze Geschwätzt von bürgerlichen Politikern über die „wehrhafte Demokratie“ nur ein Täuschungsmanöver, nur eine Beruhigungspille für uns ist. Diese Grußbotschaften und diese Vernetzung der Opfer und der AntifaschistInnen im ganzen Bundesgebiet zeigen doch, wie erfolgreich die mühsame Arbeit der vielen Initiativen und Kämpfe der letzten Jahrzehnte waren. Die Solidarität trägt Früchte. Trotz Kriminalisierung von bestimmten Bevölkerungsgruppen, trotz gezieltem Rassismus und Ethnisierung von Kriminalität, wie am Beispiel der sogenannten „arabischen Großclans“, trotz Polizeiterror gegen Geflüchtete, gegen migrantische Viertel, gegen migrantisches Gewerbe, dem Kampf gegen Faschismus und Rassismus treten immer neue Menschen bei. Die Herrschenden erreichen das Gegenteil!
Angekommen am Gedenkort wurde noch von der Initiative ein Redebeitrag auf Türkisch und Deutsch gehalten. Zum Schluss bedankte sich ein Familienangehöriger für die rege Teilnahme und die Unterstützung für die Familie Bektas.
Eine Frage würde er sich nicht mehr stellen, sagte er in seinem Redebeitrag: Hat der Staat versagt? Die Antwort war: Ja. Die Opfer von Faschismus und Rassismus sind nicht allein. Antifaschismus wird siegen!
5.4.2021

Redebeitrag von Trotz alledem!

Gedenken heißt kämpfen!

Am 9. Jahrestag seiner Ermordung erinnern und gedenken wir Burak Bektas.
An Burak erinnern heißt, den Schmerz der Familie Bektas zu teilen.
Ein 22 jähriger junger Mann wird in der Blütezeit seines Lebens aus der Mitte der Familie mit Gewalt heraus gerissen. Unerwartet, plötzlich. Ihre Welt bricht zusammen.
Wir sind heute hier, weil wir zusammen mit Familie Bektas an Burak erinnern! Wir sind heute hier, um Meleks und Ahmets Schmerzen zu teilen. Wir sind heute hier um den Geschwistern und der Großmutter Trost zu spenden! Ihr seid nicht allein!
Liebe Familie Bektas, niemand kann euch Burak wieder zurück bringen. Gemeinsam können wir aber Hoffnung und Zuversicht für die Zukunft schaffen. Durch Erinnern! Durch unsere Solidarität! Durch unsere Menschlichkeit in dieser sonst so kalten Welt!
Wir wollen an den rassistischen Mord erinnern. Ohne Zweifel war der Mord an Burak und der versuchte Mordanschlag an seine vier Freunde ein politisch motivierter, ein rassistischer Mord. Wir verurteilen den Rassismus! Wir verurteilen die Ideologie, die hinter dem Rassismus steckt. Wir klagen den Nazismus an, für den solche Verbrechen Programm und Praxis sind.
Faschismus ist ein Verbrechen an der Menschheit!
Heute klagen wir zugleich das Versagen der Berliner Ermittlungsbehörden an. Kein Tag vergeht an dem der Berliner Innensenator Geisel nicht seine Behörden lobt. 100 Prozent Aufklärung bei Morden lesen wir.
Wir warten seit neun Jahren auf die Ergreifung des Mörders. Wir sehen: Die sogenannten Sicherheitsbehörden des Innensenators klären den Fall nicht auf. Genauso wie die vielen rechtsterroristischen Brandanschläge und Attacken auf als migrantisch definierte und antifaschistisch gesinnte Menschen in Neukölln seit über einem Jahrzehnt nicht aufgeklärt werden.
Wie erklären wir uns das?
Es gibt nur eine Erklärung: Das liegt im System!
Egal ob schwarz-gelb oder rot-rot-grün an der Regierung sind, der Nazismus, der Rassismus, der Antisemitismus, die Roma-Feindlichkeit, die Frauenfeindlichkeit, die Feindlichkeit gegen Nicht Hetero-Menschen sind willkommene Spaltungs- und Unterdrückungsmechanismen in diesem System. Sie gehören zu diesem System!
Burak ist nicht vergessen!
Wir werden an alle Opfer des Rassismus und Faschismus erinnern!
Gedenken heißt Widerstand! Widerstand bedeutet für eine bessere Gesellschaft zu kämpfen!

AktivistInnen von Trotz alledem!
5.4.2021