2016-08-27 Redebeitrag auf der Gedenkveranstaltung der Initiative für ein Gedenken an Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân

Foto von der Kundgebung am 27.08.2016 in Hamburg, Halskestraße. Am 36. Jahrestag der Ermordung von Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân durch einen Brandanschlag von organisierten Nazis.

Unser Redebeitrag:

Liebe Aktivistinnen und Aktivisten, Freundinnen und Freunde,

am 5.4.2012 wurde in Berlin-Neukölln auf eine Gruppe von 5 Migrantenjugendliche geschossen. Zurück blieben Burak Bektaş tot und 2 Schwerletzte. Der Täter kam, schoss und entfernte sich wortlos. Nach fast 5 Jahren ist immer noch kein Täter ermittelt. Der Mord gleicht einer Hinrichtung. Es gab keinen persönlichen Bezug zum Umfeld von Burak Bektaş. Es liegt der Verdacht nahe, dass es sich hierbei um einen rassistischen Mord handelt. Es gibt keine Transparenz in den Ermittlungen. Vor allem keine hinreichenden Ermittlungen in Richtung Rechts. Wir als Burak-Initiative versuchen Druck aufzubauen für eine Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş.

Wir sind hier, heute, an eurer Seite im Gedenken an Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân. Beim heutigen Gedenken geht es nicht nur darum, ein Zeichen zu setzen, damit die Ermordung von Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân aus rassistischen Motiven nicht in Vergessenheit gerät. Es geht auch darum, ein Zeichen zu setzen gegen staatlich geförderten Rassismus und Terror.

Die Spuren der Kontinuität rassistischer Nazi-Morde seit den 1980er Jahren bis zu den Morden im Kontext des NSU-Komplex sollen ausgelöscht werden aus dem kollektiven Gedächtnis.
Und wieder ist Wahlkampf wie auch 1980, auch heute werden Brandanschläge auf Unterkünfte für Schutzsuchende, rassistische und faschistische Morde begangen. Und wieder wird mit rassistischer Hetze Wahlkampf betrieben.

Die Kontinuität rassistischer Morde hat sich im Zusammenhang mit den Morden des NSU-Komplex -, wie in dem Fall des ermordeten Süleyman Taşköpru sehr deutlich herausgestellt. Eure Initiative “Für ein Gedenken an Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân”, der „Freundeskreismölln“ oder die „Initiative im Gedenken an Ramazan Avcı“ haben mit der Herstellung der Zusammenhänge ein sehr richtiges politisches Signal gesetzt. Hierbei war die bundesweite Vernetzung der Initiativen, die mit Betroffenen rassistischer Morde zusammenarbeiten, ein wichtiger Schritt. Auch wir als Burak-Initiative sind Teil dieser Vernetzung von Anfang an. Welchen bedeutenden Wendepunkt die Vernetzung mit anderen Betroffenen in unserer Arbeit als Burak-Initiative darstellte möchten wir an dieser Stelle hervorheben. Besonderen Dank sprechen wir Ibrahim Arslan, Überlebender des Brandanschlags von Mölln, aus, der den Kontakt zu Familie Bektaş aktiv suchte.

Es gibt Forderungen, die uns alle als Initiativen, die gegen rassistische Gewalt kämpfen, vereinen:

  • Rassistische Gewalttaten und Morde müssen lückenlos aufgeklärt werden.
  • Der Verstrickung staatlicher Stellen in solche Vorgänge müssen Konsequenzen folgen.
  • Rehabilitation und Entschädigung für Opfer und Hinterbliebenen.

Die bundesweite Solidarität von Angehörigen und Betroffenen von Nazi-Morden und Initiativen, die mit Betroffenen zusammenarbeiten, ist wichtig und verleiht unseren gemeinsamen Kämpfen eine besondere Kraft. Das wir dies tun können hier heute, ist vor allem auch ein Verdienst der Angehörigen aller Hinterbliebenen, die in der vorherrschenden deutschen Öffentlichkeit Aufklärung und Gerechtigkeit fordern. Das, was die Familie Arslan, Familie Taşköprü Familie Avcı und viele andere mehr geleistet haben, um sich dem Vergessen und Vertuschen rassistisch motivierter Gewalt in Deutschland entgegenzustellen und sogar der eigenen Kriminalisierung sich entgegenstellen mussten, verdient unsere tiefste Anerkennung.

Als Initiative zur Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş steht das für uns im Vordergrund:

AUFKLÄRUNG und ein SICHTBARES GEDENKEN!

Mit dem Mord an Luke Holland im September 2015 stellten wir die Frage: Zwei Rechte Morde in Berlin-Neukölln? Gegen den Mörder Rolf Z. wurde im Juli 2016 das Urteil gesprochen, 11,5 Jahre Haft. Nichtgesprochen wurde das Mordmotiv. Ein Mord ohne Motiv? Aus juristischer Sicht ein Ding der Unmöglichkeit, in der Realität wahrhaftig: Ein rassistisches/rechtes Mordmotiv könne laut dem Gericht nicht festgestellt werden. Der Name des Mörders Rolf Z. tauchte in den Akten des bereits am 5.April 2012 ermordeten Burak Bektaş auf. Die Polizie ist dieser Spur nicht nachgegangen.

Wir wollen, wie auch die Familie Bektaş, dass der Fall Burak Bektaş neu aufgerollt wird.

Wir wollen Aufklärung um den Mord an Burak Bektaş und ein sichtbares Gedenken. Zum 5.Jahrestag der Ermordung von Burak Bektaş ist hierfür eine Kampagne im April 2017 geplant. Von hier aus rufen wir auf zur Solidarität.

Als Initiative, die mit Betroffenen von rassistischen und Rechten Morden zusammenarbeiten, halten wir es für sehr wichtig, das Urteil in München im Zusammenhang der Morde des NSU-Komplex aufzugreifen und in einem unabhängigen internationalen Tribunal gegen Rassismus in Köln 2017 anzuklagen.

Unser Dank gilt allen, die sich weiterhin für Aufklärung dieser und anderer rassistischer und Rechter Morde einsetzen.
Unser tiefstes Mitgefühl gilt heute den Familien und Freunden von Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân.

„Initiative für die für Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş” 27.08.2016
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