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Skandalöser Umgang mit zentralem Dokument verschleppt die Ermittlungen im Mordfall Burak Bektaş

Pressemitteilung vom 14.08.2019

Ein für die Ermittlungen richtungsweisender polizeilicher Auswertungsbericht existiert bereits seit Juni 2012 – also wenige Monate nach dem Mord an Burak Bektaş und dem versuchten Mord an zwei seiner Freunde. Jedoch erst drei Jahre später wurden Empfehlungen und Anregungen daraus umgesetzt. Heute sind die Ermittlungen im Mordfall Burak Bektaş quasi zum Erliegen gekommen. Nur eine Person ist bei der Polizei noch mit dem Fall befasst. Aktuell wird einem Hinweis aus der Bevölkerung nachgegangen.

Dies sind die Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus einer aktuellen Antwort des Berliner Innensenats auf eine Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Anne Helm und Niklas Schrader. Sie hatten Auskünfte über Ungereimtheiten während des Ermittlungsverfahrens im Mordfall Burak Bektaş und über den heutigen Stand verlangt. Seit 15. Juli 2019 liegen die Antworten des Senats als öffentliche Drucksache 18062 / 20062 vor.

Schon Anfang 2016 hatten Anwälte von Familie Bektaş skandalisiert, dass bereits im Juni 2012 das Ergebnis einer internen Überprüfung und Auswertung der Ermittlungen durch die Abteilung Auswertungseinheit/Operative Fallanalyse (AE/OFA ) vorlag. Darin wurden Nachermittlungen angeregt, die jedoch nicht unmittelbar umgesetzt wurden. Im Gegenteil: Der Bericht wurde erst 2015 der Akte beigefügt und ins Verfahren eingeführt und blieb somit den meisten Verfahrensbeteiligten wie den Angehörigen und ihren Anwält*innen lange Zeit vorenthalten. Als sie dies öffentlich kritisierten, wurde ihnen eine „Kampagne“ gegen die Staatsanwaltschaft vorgeworfen. Die Behörden behaupteten auch in der Folgezeit – so etwa in der Antwort des Innensenats auf eine Anfrage der Abgeordneten Canan Bayram vom Februar 2016 – der Bericht sei erst im April 2015 erstellt worden, dem Zeitpunkt also, als er in die Akte aufgenommen worden war.

Kein „Büroversehen“, sondern ein Skandal!

Diese offensichtliche Falschaussage wird nun in der aktuellen Antwort auf die Schriftliche Anfrage von Helm/Schrader eingestanden. Es wird bestätigt, dass der Bericht im Juni 2012 erstellt wurde, aber erst 2015 Einzug in die Akte erhielt und auch erst dann die Ermittlungsempfehlungen wie etwa Zeug*innenvernehmungen umgesetzt wurden. Die bisherige Verwirrung mit den Datierungen wird dabei als „internes Büroversehen“ bezeichnet.

„Dass ein derart fahrlässiger Umgang mit einem solch zentralen Dokument so lapidar abgetan wird, ist ein Skandal“ sagt Ulrike Schmidt von der Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş. „Es ist offensichtlich, welchen Einfluss der Bericht auf die Ermittlungen hätte haben müssen, wenn er unmittelbar die entsprechend notwendige Berücksichtigung erfahren hätte. Es ist nicht auszudenken, wie viele Spuren und Erinnerungen in der Zwischenzeit verloren gegangen sind.“

Zudem wurde mit der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage bestätigt, dass eine Arbeitsgruppe unter Führung des polizeilichen Staatsschutzes den Auswertungsbericht von 2012 bereits 2014 erhalten haben soll, obwohl dieser zu der Zeit noch nicht Inhalt der Fallakte war und auch die darin angeregten Nachermittlungen offensichtlich noch nicht umgesetzt worden waren. In diesem Zuge sei zudem eine „ergänzende Fallbetrachtung“ durch die Dienststelle LKA 1 AE/OFA entstanden sein. Es stellt sich die dringende Frage: Was ist deren Ergebnis?

Festhalten an Falschinformationen

Hinsichtlich der Ermittlungen im Mordfall Burak Bektaş in Richtung Rolf Zielezinski enthält die aktuelle Antwort des Innensenats Falschinformationen. Rolf Zielezinski war bereits im Dezember 2013 von einem Zeugen als möglicher Tatverdächtiger genannt worden. Dennoch wurde er weder vernommen, noch gab es eine Wohnungsdurchsuchung – obwohl er wegen Waffendelikten aktenkundig war. Im September 2015 erschoss er Luke Holland und wurde für diesen Mord verurteilt. Bis heute behauptet der Innensenat, ein Bezug von Rolf Zielezinski in die Tatort-Nähe im Mordfall Burak Bektaş sei erst durch eine Zeugenaussage vom 21. März 2016 möglich gewesen. Das entspricht nicht den Tatsachen. Faktisch war dieser örtliche Bezug durch die rbb-Podcastserie „Wer hat Burak erschossen?“ (https://webdoku.rbb-online.de/burak) bereits seit Ende 2015 sogar einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Eine einfache journalistische Recherche hatte diesen hergestellt. Ein wichtiger Hinweis, den die Polizei Ende 2013 angeblich nicht in der Lage war zu ermitteln. Bis heute ist eine der Hauptthesen der Eltern des ermordeten Luke Holland, dass sie der Überzeugung sind, ihr Sohn könnte noch am Leben sein, hätte die Polizei ihre Arbeit gemacht.

Forderung nach Neuaufrollen der Ermittlungen

Die Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş fordert die Offenlegung der Ergebnisse der Arbeitsgruppe des polizeilichen Staatsschutz von 2014 sowie die Übergabe sämtlicher Ermittlungsergebnisse an die Anwält*innen der Nebenklage. Angesichts der neusten Erkenntnisse bekräftigen wir erneut die Forderung, den Mordfall Burak Bektaş neu aufzurollen, andere Ermittler*innen mit diesem zu beauftragen und prioritär zu behandeln. Denn offensichtlich sind die Tätigkeiten der Mordkommission praktisch zum Erliegen gekommen. Laut der Antwort des Innensenats ist nur noch eine Person vollumfänglich mit dem Fall betraut, aktuell wird nur noch einem offenen Hinweis nachgegangen.

Vertreter*innen der Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş sehen dadurch ihre lang gehegten Befürchtungen bestätigt:

„Wir haben schon lange vermutet, dass es keine ernsthaften Ermittlungen der Berliner Polizei zur Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş gab und gibt“, konstatiert Ulrike Schmidt. „Für uns stellt sich die Frage, wer jahrelang ernsthafte Ermittlungen im Mordfall Burak Bektaş verhindert hat? Wer hat die Kontrolle über das Verfahren, wenn den Anwält*innen der Familie und möglicherweise auch anderen Verfahrensbeteiligten Ergebnisse vorenthalten werden? Welche Ermittlungen gab es, die heute noch in der Akte des Falles fehlen? Besteht ein Zusammenhang mit den Verstrickungen des Berliner Staatsschutzes in rechte Netzwerke? Wir fordern endlich ernsthafte Aufklärung!“

26. Juni 2019 Tribunal NSU-Komplex-Auflösen:

Der 11. Mord des NSU-Netzwerks? Zum Mord an Walter Lübcke

(übernommen von Tribunal NSU-Komplex-Auflösen)

Der Mord an Walter Lübcke dokumentiert das Weiterwirken des NSU-Komplexes und die fortgesetzte Existenz des niemals vollständig aufgeklärten „Netzwerks von Kameraden“, wie die Selbstbezeichnung des NSU in seinem Bekennervideo lautete. Auf die Gefahr weiterer Morde haben Betroffene und Angehörige der Mordopfer, Nebenklageanwält*innen und antifaschistische Initiativen immer wieder hingewiesen. Der Mord und die bisherige (Nicht-)Reaktion aus Politik und Sicherheitsbehörden senden die gleiche Botschaft, die für den NSU-Komplex von Beginn an prägend war: Die Betroffenen werden nicht geschützt – für die neonazistischen Netzwerke sind die Taten weitestgehend folgenlos. Jede Tat ermutigt die nächste.

Die Tatbegehung und der politische Zusammenhang erinnern dröhnend an das ein Jahrzehnt lang andauernde und durch mehr als 40 V-Männer vielfältig „betreute Morden“ des NSU (Dorothea Marx (SPD), Vorsitzende Untersuchungsschuss/Thüringen). Ähnlich wie bei den neun Morden an Migranten in den Jahren 2000-2006 wurde das arglose Opfer mit einem Kopfschuss hingerichtet. Ein Bekennerschreiben wurde nicht veröffentlicht. Der engagierte Anwalt der Nebenklage im NSU-Strafverfahren Mehmet Daimagüler hat die Parallelen zwischen dem Lübcke-Mord und Taten des NSU hinreichend klar gemacht. (br-online vom 24.6.19) „Taten statt Worte“ nannte der NSU diese Strategie, wohlwissend dass die Opfer die Botschaft genau verstanden. Zwischenzeitlich hat der Nazi Stephan Ernst den Mord zugegeben. Lübcke wurde von Ernst in Chats mit Gesinnungskameraden als „Volksverräter“ markiert, sein Name stand aber bereits vorher auf der Feindesliste des NSU.

Die herrschende Politik und die Sicherheitsbehörden haben bislang kaum etwas getan, um die Wirksamkeit dieser Botschaft außer Kraft zu setzen. Die fortgesetzte Ignoranz gegenüber rechtsterroristischen Kontinuitäten in Deutschland zeigt sich u. a. in der Rede von einer vermeintlich neuen Qualität rechter Gewalt, die der Mord an Walter Lübcke darstellen soll. Diese Sichtweise gipfelte vorerst in der Aussage von Armin Schuster, CDU-Obmann im Innenausschuss des Bundestags, wonach es sich um den „ersten rechtsextremen Mord seit dem Kriegsende“ handeln soll. (ARD v. 26.6.19) Wie bitte? Hier werden die Morde des NSU entpolitisiert und die zahlreichen Opfer rassistischer Gewalt in zynischer Weise unsichtbar gemacht.
An dieser Logik ändert die Übernahme der Ermittlungen durch den Generalbundesanwalt (GBA) nichts – im Gegenteil. Sie lässt befürchten, dass die Verharmlosung der rechten Szene und ihrer mörderischen Praxis erneut staatsoffiziell gemacht wird. Schon im Prozess gegen Beate Zschäpe und vier Mitangeklagte war der GBA ein Garant für die Nicht-Ermittlung der weitverzweigten neonazistischen Netzwerke hinter den Morden.

Antifaschistische Recherchen haben sofort offengelegt, dass Ernst engagierter Teil der lokalen Kasseler Nazi-Szene ist. Er unterhielt mindestens enge Kontakte zu Personen aus der seit 2012 wieder gegründete Terror-Struktur „Combat 18“ und der im Umfeld der Dortmunder Nazi-Band Oidoxie entstandenen Zelle „Oidoxie-Streetfighting-Crew“ oder ist selbst Teil dieser Netzwerke. Mutmaßlich decken sich somit die Unterstützerkreise mit denen des NSU. Die Frage, ob Ernst im März 2019 an einem Treffen von „Combat 18“ in Mücka teilgenommen hat, ist dabei irrelevant. Seine Einbindung in das „Netzwerk von Kameraden“ ist unstrittig. (Recherchen des Antifa-Kollektivs exif vom 17. und 26.6.19)
All diesen Erkenntnissen zum Trotz behauptete der GBA bereits nach wenigen Tagen, dass „für eine mitgliedschaftliche Einbindung des Beschuldigten in einer terroristischen Vereinigung“ bislang keine „Anhaltspunkte“ vorlägen. (PM 27/2019 v. 17.6.2019) Somit ist zu befürchten, dass wieder mit Rücksicht auf mögliche V-Personen ermittelt wird und das „Netzwerk von Kameraden“ abermals weitestgehend unberührt bleibt.

Ermittlungsdruck gegen die Naziszene? Aufdeckung und Zerschlagung rechter Netzwerke? Fehlanzeige! Damit schließt der GBA nahtlos an die Strategie der Verharmlosung und Vertuschung im NSU-Verfahren an. Bereits hier hatte der GBA entgegen der Erkenntnisse der Nebenklage, der Betroffenen und zivilgesellschaftlicher Initiativen die Legende vom isolierten Trio durchgesetzt. Vom Urteil im NSU-Prozess war eine spürbare Ermutigung der Naziszene ausgegangen – der Mord an Walter Lübcke ist ein Ergebnis davon.
Auch in die hessischen Ermittlungsbehörden und die hessische Landesregierung können (potenziell) Betroffene kein Vertrauen haben. Die schwarz-grüne Regierung hat erfolgreich die Aufklärung des Falls Temme sabotiert und die Vertuschung des Inlandsgeheimdiensts durch Sperrung der Akten bis 2044 ermöglicht. Zur Erinnerung: Temme arbeitet im von Lübcke geleiteten Regierungspräsidium Hessen, seine frühere V-Person Benjamin Gärtner dürfte mit dem Mörder Lübckes bekannt gewesen sein. Hessen ist zudem ein Hotspot rechter Netzwerke in den Sicherheitsbehörden. Ohne vollständige Aufklärung des hessischen Polizeiskandals und der Morddrohungen gegen die Anwältin Seda Başay-Yildiz können Betroffene kein Vertrauen in die Behörden haben und müssen um ihr Leben fürchten.
Wir fordern:
– Einen umfassenden und sofortigen Schutz der Betroffenen. Alle, die auf den zahlreichen Feindeslisten der Nazis stehen, müssen umgehend informiert und geschützt werden
– Die Einsetzung einer internationalen und unabhängigen Ermittlungskommission zur Aufklärung des Mords an Walter Lübcke und der Bezüge zum NSU
– Eine unabhängige Ermittlungskommission zur Aufklärung der rechten Netzwerke in der hessischen Polizei
– Umgehende Offenlegung aller hessischen Geheimdienstakten zum NSU-Komplex, insbesondere zum Fall Temme

Petition: Rechter Terror in Berlin – Untersuchungsausschuss jetzt!

Petition als PDF-Dokument / Link zur Petition

Seit Jahren überzieht eine Welle rechten Terrors den Berliner Bezirk Neukölln. Obwohl der potenzielle Täterkreis bekannt ist, werden Ermittlungen regelmäßig eingestellt. Betroffene werden trotz entsprechender Kenntnisse der Sicherheitsbehörden nicht über ihre Gefährdung informiert. Den nach Berlin weisenden Spuren des NSU-Komplexes sowie der Verwicklung Berliner Beamter darin wurde nicht nachgegangen. Der Mord an Burak Bektaș im April 2012 wurde bis heute nicht aufgeklärt.

Wir fordern deshalb mit den Betroffenen der rechten Anschläge in Neukölln die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Umgang der Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden mit dem rechten Terror durch das Abgeordnetenhaus von Berlin.
Begründung

In Berlin-Neukölln erfolgen seit Jahren rechte Terrorangriffe vor allem gegen politisch, gewerkschaftlich und zivilgesellschaftlich Engagierte. Die Angriffe reichen über Morddrohungen per Telefon und an privaten Wohnadressen bis hin zu Anschlägen auf Projekte, private PKWs und Mord.

Bei zwei Brandanschlägen im Jahr 2011 auf das Anton-Schmaus-Haus der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken Neukölln waren nur durch glückliche Umstände keine Todesopfer zu beklagen. Hinweisen auf das Umfeld des NSU sind die Ermittler bis heute nicht nachgegangen.

Im April 2012 wurde der 22-jährige Burak Bektaș im Ortsteil Britz ermordet. Obwohl es klare Hinweise auf einen rechten Tathintergrund gab, ging die Polizei lange von einem „milieubedingten“ Mord aus und vernachlässigte andere Spuren. Einen Zusammenhang mit dem 2015 von einem Rechtsextremisten begangenen Mord an dem britischen Staatbürger Luke Holland will die Polizei trotz deutlicher Indizien nicht feststellen.

Im Juni 2016 begann eine neue Terrorserie. Betroffen sind jetzt vor allem Privatpersonen aus dem zivilgesellschaftlichen Spektrum, die sich gegen Nazis engagieren. Insgesamt gab es seitdem 14 Brandanschläge auf Privat-PKWs direkt vor oder in unmittelbarer Nähe der Wohnungen von Betroffenen sowie einen Brandanschlag auf eine alternative Neuköllner Kiezkneipe und einen Wagenplatz. Auch hier war es in einigen Fällen nur dem Zufall zu verdanken, dass das Feuer nicht auf Gebäude übergriff und Menschen geschädigt wurden. Im März 2019 fanden vier Engagierte an ihren Wohnhäusern und in ihren Hausfluren gegen sie gerichtete Morddrohungen. Woher kennen die Täter die Privatadressen – selbst nach Umzug und Sperre im Melderegister?

Gegen die Berliner Sicherheitsbehörden richten sich im Zusammenhang mit den Verbrechen des NSU, dessen Spuren auch in die als besonderes gewaltbereite Neuköllner Neonazi-Szene führen, erhebliche Vorwürfe, denen in Berlin nicht nachgegangen wurde.

Auch bei der neuen, seit 2016 laufenden Angriffswelle gibt es erhebliche Versäumnisse der Behörden. Personen, die nach Kenntnis des Verfassungsschutzes von Nazis beschattet werden, werden über die ihnen drohende Gefahr nicht informiert. Hinweisen wird nicht nachgegangen, Spuren werden nicht gesichert. In Absprache mit Betroffenen eingeführte Polizeistreifen wurden ohne Ankündigung reduziert und erst nach Protest wieder aufgenommen.

Die Berliner Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlungsverfahren wegen der Anschläge entgegen anderer Zusagen nach wie vor ein.

Wie die Betroffenen der Anschläge haben wir den Eindruck, dass es sich hier nicht nur um bloße Pannen oder Unvermögen handelt, sondern dass möglicherweise Personen in den Sicherheitsbehörden die Ermittlungen hintertreiben. Angesichts einer Gruppe „NSU 2.0“ in der hessischen Polizei und eines Berliner Staatsschutzbeamten, der seine Korrespondenz mit einem abgekürzten Hitlergruß unterschrieben hatte, kann nicht ausgeschlossen werden, dass es entsprechende rechte Netzwerke auch in den Berliner Sicherheitsbehörden gab oder gibt.

Wir sind deshalb der Meinung, dass nur ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses mit seinen besonderen Rechten zur Akteneinsicht und zur Zeugenvernehmung hier vollständige Aufklärung schaffen kann, damit der rechte Terror in Berlin-Neukölln und in den übrigen Berliner Bezirken ein Ende findet!

Grußwort zur Kundgebung in Gedenken an Semra Ertan am 26.05.2019 in Hamburg

Liebe Freundinnen und Freunde,
wir senden euch als Initiative zur Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş unsere Solidarität und erinnern mit euch Semra Ertan, ihrer Person und ihrer Gedichte, ihrer Geschichte:
Die Geschichte eines todbringenden Rassismus und des Protestes von Semra Ertan.
Die Angehörigen und Freundinnen und Freunde von Semra Ertan fordern die Benennung einer Straße und das Anbringen einer Gedenktafel, um an Semra Ertan zu erinnern.
Wir solidarisieren uns mit eurer Forderung Ihre Botschaft weiterzutragen.
Semra Ertan ist Dank euch sichtbarer Teil unserer Geschichte und unseres andauernden Kampfes gegen Rassismus.
Wir haben nicht Vergessen.
So steht es geschrieben im Fluss der Geschichte:
Angehörige und Betroffene rechter-rassistischer Morde und Gewalt und Initiativen stehen zusammen und klagen an und fordern Aufklärung, Genugtuung und Gerechtigkeit.
Das tun wir im Fall des rassistischen Mordes an Burak Bektaş.
Das tun wir im Fall des ermordeten Süleyman Taşköprü in Hamburg vom NSU.
Das tun wir im Fall aller Opfer rassistischer und rechter Morde und Gewalt, wie auch im Fall des Ramazan Avcı, Yeliz und Bahide Arslan und Ayşe Yılmaz….
Und das tun wir auch im Fall der Semra Ertan und um der rassistischen Zustände in Staat und Gesellschaft.

Solidarische Grüße
Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş

24. Mai Gedenkdemo für Dieter Eich – Gegen Nazis und Sozialchauvinismus!

Freitag, 24. Mai 2019 | 17.00 Uhr | S-Bhf. Buch
Anreise aus der Innenstadt: 16:30 Uhr S-Bhf. Gesundbrunnen

In der Nacht vom 23. auf den 24.05.2000, feierten vier Jungnazis eine Wohnungseinweihungsfeier. Bereits vor Beginn der Feierlichkeit beleidigten sie beim Alkoholeinkauf einen Migranten und brüllten »Sieg heil!«-Rufe aus dem Fenster der Wohnung. Im Laufe des Abends beschlossen sie „einen Assi zu klatschen“ und verprügelten den damals 60 jährigen Dieter Eich, welcher im selben Aufgang wohnte. Dieser war zu jenem Zeitpunkt erwerbslos und galt im Viertel als »Trinker«. Später gingen sie ein weiteres Mal in seine Wohnung und erstachen ihn, damit er sie bei der Polizei nicht anzeigen konnte.

Rechte behaupten oft von sich, für sozial schwache Deutsche einzustehen. Die Realität sieht anders aus: Dieter Eich musste sterben, weil er aufgrund seiner Erwerbslosigkeit und seiner Alkoholkrankheit nicht in das rechte Weltbild seiner Mörder passte. Dem Mord lag die nationalsozialistische Vorstellung von »wertem« und »unwertem« Leben zugrunde. Die zahlreichen Angriffe auf Wohnungslose zeigen, dass nicht nur rechte Schläger ihre Opfer aufgrund von Schwäche und »geringer Leistungsfähigkeit« angreifen.

So starben seit dem Mauerfall mindestens 505 Wohnungslose durch gewalttätige Angriffe, in 26 Fällen davon nachweislich durch Nazis. Die Täter unterscheiden sich, ihre Motive sind jedoch dieselben: Die sozialdarwinistische Vorstellung, finanziell schwächere Menschen sowie Erwerbs- und Wohnugslose seien selbst Schuld an ihrer Situation und daher verachtens- oder gar nicht lebenswert. Dieser Vorstellung gilt es entgegenzutreten.

Die Mörder Dieter Eichs wurden zwar gefasst und verurteilt, allerdings leugneten die Behörden die rechte Motivation des Mordes über viele Jahre hinweg. Erst nachdem eine Forscher*innengruppe der TU Berlin den Fall erneut untersucht und im Mai 2018 eindeutig als rechten Mord eingestuft hatte, kam auch die Berliner Polizei nicht mehr umhin, ihn auf die mittlerweile neun Fälle zählende Liste der behördlich anerkannten Todesopfer von Neonazis in Berlin seit 1990 zu setzen. Dennoch sind damit noch immer nicht alle Fälle erfasst, die unabhängige Stellen (Amadeu Antonio Stiftung, Tagesspiegel und Zeit) recherchiert haben. Wir fordern weiterhin eine Anerkennung von allen Todesopfern rechter Gewalt. Aber auch unabhängig vom Eingang in Statistiken ist es wichtig, die Betroffenen rechter Gewalt nicht zu vergessen und eine solidarische Bewegung gegen soziale Ausgrenzung aufzubauen, um konsequent und radikal gegen den faschistoiden Zeitgeist vorzugehen. Kommt darum am 24. Mai mit uns nach Buch. Niemand ist vergessen!

23.05.2019 Veranstaltung: Rechter Terror in Neukölln – Untersuchungsausschuss jetzt!

im Rahmen des ONK / offenes Neukölln – Festival vom 24.-26. Mai 2019

Lesung, Vortrag & Diskussion mit von rechter Gewalt betroffenen Neuköllner*innen

Donnerstag, 23. Mai 19:00 – 22:00 Uhr

Gemeinschaftshaus Gropiusstadt, Bat-Yam-Platz 1 (U Lipschitzallee)

Seit vielen Jahren gibt es immer wieder Wellen rechten Terrors in Neukölln.
Warum erfahren Betroffene nichts von den Erkenntnissen der Behörden? Warum versagen diese bei der Verfolgung? Warum wurde der NSU-Komplex in Berlin nie aufgeklärt? Welche Beziehungen zwischen Behörden und extremen Rechten gibt es?
Die Betroffenen rechter Anschläge fordern einen Untersuchungsausschuss im Abgeordnetenhaus. Dafür brauchen wir breite Unterstützung und laden ein zum Podiumsgespräch mit Information und Diskussion.

Zur Petition „Rechter Terror in Neukölln – Untersuchungsausschuss jetzt!“

12.05.2019 Kundgebung: In Gedenken an Ufuk Şahin

(Aufruf in deutsch und türkisch)

Vor 30 Jahren, am 12. Mai 1989, von einem Rassisten im Märkischen Viertel ermordet.

So. 12. Mai 2019 – Kundgebung // 13 Uhr – Wilhelmsruher Damm 224-228 – U/S-Bhf. Wittenau – (U8-Endhaltestelle, S1, S26)

Am 12.05.1989 wird Ufuk Şahin, ein 24-jähriger Berliner, Vater eines 2-jährigen Sohnes, im märkischen Viertel auf dem Fußweg vor dem Haus Wilhelmsruher Damm 224 von einem Rassisten aus der Nachbarschaft erstochen. Der Nachbar offenbart bei der Tat und auch wieder im späteren Prozess seine rassistischen Motive.

Unmittelbar nach dem Mord organisieren Angehörige, Freund*innen und Nachbar*innen eine Demonstration: am 19. Mai 1989 ziehen 1500 Menschen durch das Märkische Viertel. Einen Tag später, am 20. Mai demonstrieren fast 10.000 Menschen am Rathaus Schöneberg, dem damaligen Regierungssitz West-Berlins gegen den eskalierenden Rassismus. Schon in den 1980er Jahren häufen sich rassistische Morde in den westdeutschen Großstädten. In der Folge dieses und weiterer Morde beginnen jüngere Berliner*innen, sich in Selbstschutz-Gruppen zu organisieren.

Im Oktober 1989 wird der Täter Andreas Sch. zwar zu 5 Jahren Haft verurteilt, ein rassistisches (damals “ausländerfeindliches”) Motiv kann die Richterin Eschenhagen jedoch nicht erkennen, obwohl Andrea Sch. im Gericht als Motiv Ärger über “all die Kanaken” geäußert hatte.

Der Mord an Ufuk Şahin steht für uns stellvertretend für die vielen rassistischen Morde und Gewalttaten seit den 80er Jahren und den Umgang der Strafverfolgungsbehörden und der Gesellschaft mit ihnen: Oft unaufgeklärt, vertuscht, ihrer politischen Bedeutung enthoben. Morde wie die des NSU, haben uns gezeigt: Deutsche Täter morden mit rassistischen Motiven, dies darf aber nicht ermittelt und erkannt werden. Strafverfolgung wird auf das nicht-vermeidbare beschränkt. Die rassistischen Motive und die unhaltbaren deutschen Zustände (von Diskriminierung und Ausgrenzung bis zu Gewalt und Mord) will die Mehrheitsgesellschaft nicht wahr haben.

Die Opfer und Betroffenen werden alleine gelassen, immer wird sind sie es sogar, gegen die ermittelt wird und nicht zu selten werden sie ignoriert oder vergessen.

Auch an Ufuk Şahin erinnert seit Jahrzehnten nichts im öffentlichen Raum und Leben von Berlin. Dies möchten wir ändern:

Wir möchten mit Euch/Ihnen gemeinsam an seinem 30. Todestag an Ufuk Şahin erinnern.

Kommt am 12.05.2019 um 13 Uhr Wilhelmsruher Damm 224-228 in Berlin/Märkisches Viertel

(neben U-Bahn/S-Bahn-Wittenau – U8-Endhaltestelle, S1, S26)

++++

Ufuk Şahin anısına miting
Otuz yıl önce, 12 Mayıs 1989’da, Märkisches Viertel’de bir ırkçı tarafından katledilen

12 Mayıs 2019 Pazar günü
Saat 13 – Wilhelmsruher Damm 224-228 – U/S-Bhf. Wittenau

12.05.1989’da, 2 yaşındaki bir oğlunun babası olan, 24 yaşındaki Berlinli Ufuk Şahin, mahalledeki bir ırkçı tarafından Wilhelmsruher Damm 224’ün önünde bulunan Märkischer Viertel semtinde bıçaklanarak öldürüldü.
Cinayetin hemen ardından akrabalar, arkadaşlar ve komşular bir yürüyüş düzenlediler. 19.05.1989’da 1500 kişi yürüyüşe katildi. Ertesi gün Rathaus Schöneberg’de artan ırkçılığa karşı yaklaşık 10.000 kişi protesto yaptı. 1980’de Batı Alman şehirlerinde ırkçı cinayetler yaygınlaştı.

Ekim 1989’da, Faili Andreas S. 5 yıl hapis cezası almisdir, ancak ırkçı bir sebep olarak, yargıcın »Kanacken« üzerindeki bir öfke olarak Andreas mahkemede ifade etmesine rağmen, yargıç kabul etmedi.

Ufuk Şahin cinayeti, 1980’lerden bu bu güne kadar birçok ırkçı cinayeti ve şiddet eylemini ve kanun uygulayıcı kurumların onlarla başa çıkma tarzını temsil ediyor. aydınlatılmamış ve kapatılmış davalar siyasi önemlerinden kaldırıldı. NSU cinayetleri bize Alman katillerini ırkçı güdülerle öldürdüğünü göstermiştir. Bu göz ardı ediliyor. Irkçılar ve Alman makamları toplum kabul etmek istemiyor. Mağdurlar ve akrabaları yalnız bırakılmıştır. Birçoğu kendilerine karşı soruşturulmustur ve çoğunlukla unutulumus.
Ufuk Şahin için hala bir anma günü yok. Bunu değiştirmek istiyoruz. 30. Ölüm yıldönümünde Ufuk Şahin’i anmak istiyoruz. Sizlerle beraber 12.05.2019 tarihinde saat 13: 00’de Wilhelmsruher Damm 224’e yürüyüşü protestosu düzenlemek istiyoruz.

18. Mai – Irkçılığa karşı gösteri – Saat 13 – U/S-Bhf. Wittenau