Wir von der “Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak B.” sind heute hier, um Aneck zu gedenken, und uns solidarisch mit seinen Angehörigen zu zeigen, die eine Wiederaufnahme der Ermittlungen zu seinem Tod fordern. Wer sind wir, und was wollen wir? Unsere Initiative versteht sich als eine Plattform – in der sowohl Familie und Freundeskreis von Burak, antirassistische Gruppen, politische Künstlerinnen und Künstler, Aktivistinnen und Aktivisten aus verschiedenen Kollektiven und Zusammenhängen in Neukölln, Leute aus der Nachbarschaft und engagierte Personen die im Stadtteil leben, Personen aus der Jugendarbeit, der Opferberatung und der Recherche zu Neonazis – gemeinsam an einen Tisch kommen, um miteinander zu sprechen, sich zuzuhören und aktiv zu werden.
Der Ausgangspunkt der Initiative war der Mord an Burak, am 5. April 2012: Es wirkt wie eine Hinrichtung auf offener Straße, mitten in Neukölln. Ein Täter, der mit Waffen umgehen kann und zufällig jene Gruppe von Jugendlichen auswählt, in der Burak, Jamal und Alex sich mit zwei weiteren Freunden zufällig getroffen haben. An einem Ort von dem noch kurz zuvor keiner der Jugendlichen wusste, dass sie dort stehen bleiben würden, um sich zu unterhalten. Fünf Schüsse, wortlos, niemand kann es verstehen. Auch wir haben keine Erklärung – dafür aber viele Fragen. Vor allem fragen wir uns: War Rassismus wieder das Motiv?
Diese Frage stellen sich auch die Angehörigen von Aneck und ihre UnterstützerInnen. Wieso hat Mike Z., ausgebildeter Rettungsschwimmer im Freibad Plötzensee und ehemaliger Aktivist in der Neonaziszene, Aneck nicht geholfen? Wieso stellen sich die Pächter schützend vor ihn? Und wie kann die Polizei die Ermittlungen so schnell für abgeschlossen erklären, wenn noch so vieles unklar ist? Wie sollen sich Menschen jeder Hautfarbe in einem Schwimmbad sicher fühlen, in dem ihnen möglicherweise gerade wegen ihrer Hautfarbe nicht geholfen wird?
Im Fall von Burak waren wenige Monate nach dem Bekanntwerden des NSU die Parallelen zu den Nazimorden mehr als offensichtlich. Unabhängig davon ob der Mörder ein organisierter Neonazi war, ein normaler Rassist oder auch jener „verrückte Einzeltäter“ der die Polizei in „alle Richtungen“ ermitteln lässt, schafft der Mordanschlag eine breite Verunsicherung auf den Straßen – vor allem unter Jugendlichen. Denn der Täter läuft noch immer frei herum. Und von Seiten der Polizei und der Behörden gibt es keinerlei Informationen.
Auch Anecks Angehörige kriegen von der Polizei kaum Informationen. Bei Nachfragen wird ihnen gesagt, sie sollen die Informationen in der Presse nachlesen. Und auch die Zeitungen schreiben nur wenig zu Anecks Tod. Fälschlicherweise behaupten sie, er sei Nichtschwimmer gewesen. Würden die Zeitungen genauso berichten, wenn Aneck nicht Schwarz gewesen wäre? Wir wissen es nicht. Was wir wissen ist: Die Polizei und viele Andere haben aus der NSU- Mordserie nichts gelernt. Von Rassismus wollen sie nichts wissen. Wir, die wir heute hier sind, sind aber nicht bereit zu schweigen und wegzuschauen!
Wir rufen euch zur Solidarität mit der Familie, sowie mit den Freundinnen und Freunden von Aneck auf. Lasst uns gemeinsam Aneck gedenken. Wir sind nicht bereit hinzunehmen, dass der Mord an Burak und der Tod von Aneck unaufgeklärt bleiben. Wir werden nicht zum Alltag übergehen, sondern an Anecks Tod erinnern und seine Aufklärung fordern. Heute und auch in Zukunft.
Eure Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak B.
Aufruf zur Gedenkdemonstration am 29.08.2014 / Bericht zur Gedenkdemo