Am 20.01.2015 wurden die ersten Betroffenen des NSU-Nagelbombenanschlags beim NSU-Prozess in München vor dem Oberlandesgericht vernommen. Weitere wurden am 21. und 22.01.2015 gehört. Um ein Zeichen zu setzen und die Zeugen aus der Keupstraße nicht allein zu lassen bei ihren Aussagen vor dem Gericht, wurde von der Initiative Keupstraße ist überall ein bundesweiter Aktionstag initiiert. Wir, die Initiative für die Aufklährung des Mordes an Burak B., sind aus Berlin nach München gekommen, und Danken der Initiative Keupstraße ist überall für den Tag.
Wir – von der Initiative zur Aufklärung des Mordes an Burak Bektas – sind heute hier um der Opfer des Anschlags auf der Keupstraße sowie allen anderen Opfern des NSU-Terrors zu gedenken und uns mit den Überlebenden und Angehörigen solidarisch zu zeigen.
Burak Bektas wurde in Berlin-Neukölln auf offener Straße ermordet. Am 5. April 2012 trafen ihn und zwei weitere junge Männer mit denen er sich gerade unterhielt, mehrere Schüsse. Wie bei den NSU-Morden fehlt der Polizei auch hier ein erkennbares Motiv. Obwohl die überlebenden Jugendlichen berichteten, der Mord erinnere sie an eine gezielte Hinrichtung. Ein Täter, der zufällig jene Gruppe von Jugendlichen auswählt, in der Burak, Jamal und Alex sich mit zwei weiteren Freunden getroffen haben. Fünf Schüsse, wortlos, niemand kann es verstehen. Auch wir haben keine Erklärung – dafür aber viele Fragen. Vor allem fragen wir uns: War Rassismus wieder das Motiv?
Die Berliner Polizei ist nicht in der Lage, diese Tat aufzuklären. Oder ist sie nicht willens, Schlüsse aus den Erkenntnissen aus den Untersuchungen zum NSU zu ziehen? Auch bei den NSU Morden gab es kein erkennbares Motiv. Wir sehen durchaus Parallelen zwischen den Ermittlungen zu den Morden des NSU und denen zu Burak. Auch beim Mord an Burak gerieten nicht zuerst und nach den Morden des NSU naheliegend, Nazis ins Visier der Ermittler, sondern ein völlig unbeteiligter Mensch mit türkischem Namen. Die Ermittlungsakte trägt bis heute diesen Namen eines Mannes, der nur verdächtigt wurde, weil er diesen Namen trägt. Inhaltlich jedenfalls war dieser Verdacht völlig ohne Grundlage.
Wir stellen fest, dass auch 3 Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU die Polizei ihre Arbeitsweise nicht wesentlich verändert hat.
Wir haben unsere Fragen und unsere Informationen in einer Anfrage an den Berliner Senat den Ermittlungsbehörden zukommen lassen. Die Antworten lassen nur den einzigen Schluss zu: die Ermittlungsbehörden sind auch heute nicht willens, irgendeinem Hinweis nachzugehen:
Auf unsere Frage, ob es einen Zusammenhang zum Reichsbürgerspektrum geben könnte, gab es die unglaublich freche Antwort: „Es existiert kein polizeilich definierter Begriff eines Reichsbürgerspektrums.“
Und das ist nur ein Beispiel unsäglichen Verhaltens ggü. Nachfragenden.
Wir sind heute, fast drei Jahre nach dem Mord ziemlich sicher, dass von den Ermittlungsbehörden keine Aufklärung zu erwarten ist, dass sie die Ermittlungen nicht weiterführen. Nur wenn der Täter in eine Situation gerät, dass er sich selbst stellen muss, kann mit einer Aufklärung des Mordes an Burak gerechnet werden.
Wir werden nicht Ruhe geben, bis wir wissen, wer Burak getötet und Jamal und Alex so schwer verletzt hat. Wir wollen qualifizierte Antworten auf unsere Fragen, Antworten die uns die deutschen Behörden nicht geben werden – soviel ist uns nach den Vorgängen um den NSU klar.
Dennoch werden wir so lange fragen „War das Motiv wieder Rassismus?“ bis die Ermittlungsbehörden bewiesen haben, dass dem nicht so ist. Denn was wir wissen ist: Die Polizei und viele Andere haben aus der NSU- Mordserie nichts gelernt. Von Rassismus wollen sie nichts wissen. Wir, die wir heute hier sind, sind aber nicht bereit zu schweigen und wegzuschauen!
Wir sind nicht bereit hinzunehmen, dass der Mord an Burak unaufgeklärt bleibt!
Wir werden nicht zum Alltag übergehen, sondern daran erinnern und seine Aufklärung fordern.
Heute und auch in Zukunft!
Pressemitteilung “die Keupstrasse ergreift das Wort”
Rückblick auf den Tag X in München
Radio-Beiträge bei freie-radios.net zum „Keupstraße ist überall“-Aktionstag in München 1 / 2 / 3 / 4 / 5 / 6 / 7 / 8 / 9