Initiative kritisiert Staatsanwalt Horstmann für Falschaussage und fordert die Einsetzung neuer Ermittler.
Am Montag, den 11. Januar 2016 richteten sich die Familien der beiden in Berlin-Neukölln Ermordeten Burak Bektaş und Luke Holland gemeinsam mit ihren Anwälten Ogün Parlayan, Mehmet Daimagüler und Onur Özata mit einer Pressekonferenz an die Öffentlichkeit. Die „Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak“ unterstützt die dort gestellten Forderungen nach bundesweiten Ermittlungen und der Übertragung des Falls an die Generalbundesanwaltschaft.
Die Initiative übt zudem scharfe Kritik an Staatsanwalt Horstmann und den zuständigen Polizeistellen bezüglich der bisherigen Ermittlungen:
• Umgang mit der Operativen Fallanalyse (OFA)
In einem Schreiben vom 23.07.2014 an die Anwälte erklärte der zuständige Staatsanwalt und Leiter der Ermittlungen im Fall Burak, Dieter Horstmann , auf Anfrage, dass keine Operative Fallanalyse durchgeführt wurde, da der Fall dafür „nicht geeignet“ scheine. In dem Teil der Akten, der den Anwälten erst später zugänglich gemacht wurde, befindet sich jedoch eine OFA, die bereits wenige Monate nach der Tat und damit lange Zeit vor der Anfrage der An-wälte erstellt wurde. In dieser wird ein rechtsextremes Motiv als mögliche Tatversion benannt.
Dazu Ulrike Schmidt, Sprecherin der Initiative:
„Wir fragen uns, wie es zu dieser Falschaussage des Staatsanwalts Horstmann kommen konnte. Entweder hat er schlicht keine Ahnung, was in der Akte steht, oder er leugnet aktiv die Existenz der Operativen Fallanalyse. In beiden Fällen handelt es sich um einen Skandal sondergleichen, der eine Eignung des Staatsanwalts für diesen Fall mehr als fraglich erscheinen lässt.“
Auch in den Ermittlungen zu den Morden des NSU wurde eine Operative Fallanalyse, die einen rechtsextremen Hintergrund der Taten als These formulierte, von den ermittelnden Behörden ignoriert. Der Umgang mit der OFA im Fall Burak zeigt damit nicht nur klare Parallelen zu den Ermittlungen bezüglich der NSU-Morde. Er verdeutlicht zudem, dass die Ermittlungsbehörden keine Konsequenzen aus ihrem Versagen bezüglich des NSU gezogen haben.
Im Zwischenbericht der Berliner Polizei vom 12.09.2014 zur Umsetzung der parlamentarischen Empfehlungen zum „NSU-Komplex“ heißt es:
„Der Senat stellt organisatorisch sicher, dass in Fällen von Gewaltkriminalität, die wegen der Person des Opfers einen rassistisch oder anderweitig politisch motivierten Hintergrund haben könnten, diese eingehend geprüft und diese Prüfung nachvollziehbar dokumentiert werden muss, wenn sich nicht aus Zeugenaussagen, Tatortspuren und ersten Ermittlungen ein hinreichend konkreter Tatverdacht in eine andere Richtung ergibt.“
Diese Vorgabe fand im Fall Burak offensichtlich keine Berücksichtigung.
• Verweigerung einer Gegenüberstellung mit Rolf Z.
Einer der Freunde Buraks, der die Tat schwer verletzt überlebt hatte, verlangte von der Berliner Polizei vor mehreren Wochen eine Gegenüberstellung mit dem im Fall Luke H. festgenommenen Verdächtigen Rolf Z., nachdem bekannt geworden war, dass dieser auch in der Akte zum Fall Burak auftaucht. Diese Gegenüberstellung wurde von der Polizei mit der Begründung abgelehnt, dass in den Zeugenaussagen im Fall Burak der Täter keinen Bart getragen hätte. Diese skandalöse Begründung wiederholte die Berliner Polizei auch gegenüber den Anwälten.
Dies ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht der Überlebenden und der Angehörigen des ermordeten Burak Bektaş, sondern verdeutlicht auch den
Unwillen der Berliner Ermittlungsbehörden.
Dazu Ulrike Schmidt, Sprecherin der Initiative:
„Es ist unerträglich zynisch, mit welchen augenscheinlichen Vorwänden hier die Überprüfung eines möglichen Zusammenhangs der beiden Morde von Seiten der ermittelnden Behörden blockiert wird. Und das, obwohl sie stets betonen, keinerlei Ansatzpunkte zu haben. Dass sie im Fall Burak ‚jeden Stein umdrehen würden‘, wie der zuständige Kriminalhauptkommissar Hübner gern behauptet, ist hier absolut nicht erkennbar.“
Die Ermittlungen im Fall Burak scheinen seit geraumer Zeit mehr oder weniger zum Erliegen gekommen zu sein. Im bereits oben erwähnten
Zwischenbericht der Berliner Polizei wird als weitere Konsequenz genannt:
„Laufende, aber erfolglos bleibende Ermittlungen zu herausragend schweren Straftaten sollen nach einer bestimmten Zeit von Grund auf nochmals durch bisher nicht mit dem Fall befasste erfahrene Ermittler überprüft werden.“
Deswegen unterstützen wir die Forderungen der Familie Bektaş nach einer Übertragung des Falls an die Generalbundesanwaltschaft.
Dazu Ulrike Schmidt, Sprecherin der Initiative:
„Das Abtun der berechtigten Kritik von Familie Bektaş und ihren Anwälten an der ermittelnden Staatsanwaltschaft mit den Worten, diese Kritik sei „grob unfair“ (taz, 12.01.2016) bewerten wir als grob fahrlässig. Staatsanwalt Horstmann ist für diesen Fall nicht mehr tragbar!“
*****
Nächste Termine:
– Am Fr, 5. Februar wird um 10 Uhr eine Pressekonferenz der Initiative zu einer neuen Kleinen Anfrage zum Fall Burak im Berliner Innenausschuss stattfinden. Der Ort wird noch bekanntgegeben.
– Ebenfalls am Fr, 5. Februar wird um 12 Uhr eine Mahnwache vor dem Gebäude der Berliner Staatsanwaltschaft in der Turmstr. 91 stattfinden.