Heute wird in Berlin an Mahmud Azhar erinnert.
Am 7.1.1990 wurde Mahmud Azhar von Thomas H. lebensgefährlich verletzt, am 5. März verstarb er an den Verletzungen. Die Polizei reagierte auf 2 der Notrufe von Mahmud Azhar nicht, erst als ein Taxifahrer die Polizei rief, reagierte diese. Außerdem lies die Polizei den Täter, den sie direkt nach der Tat verhaftete, wieder laufen. Er konnte so in die DDR zurückkehren. Die Staatsanwaltschaft fand es „unverhältnismäßig“ ein Auslieferungsgesuch zu stellen. Erst nach der Wiedervereinigung konnte so der Prozess im Dezember 1990 gegen den Mörder geführt werden.
Weder die Polizei noch die Staatsanwaltschaft mussten sich hierfür rechtfertigen oder Konsequenzen befürchten.
Bei Oury Jalloh wurden am 7.1.2005 die Polizisten selbst zu rassistischen Mördern. Bis heute ist kein Polizist wegen Mordes angeklagt worden.
Die Straflosigkeit der Polizei in der BRD auch bei Morden ist seit Jahren bekannt. Fast alle Anzeigen gegen Polizeibeamt_innen werden eingestellt und bei Morden durch Polizist_inen keine Ermittlungen gegen sie geführt. Die Straflosigkeit scheint auch für die rassistischen Taten ihrer Familienangehörigen und deren Freunde zu gelten.
Hamburg, 1985: Am 21. Dezember werden Ramazan Avcı und 2 seiner Freunde von 30 Naziskins mit Pfefferspray, Baseballschlägern und Axtknüppeln angegriffen. Ramazan Avcı stirbt zwei Tage später. Die hamburger Polizei kann 4 Nazi-Skins direkt nach der Tat festnehmen, lässt sie aber wieder laufen. Die Ermittlungen führt der Hamburger Polizist Herr Gottschalk. Sein Sohn verkehrt selbst unter den Naziskins und ist Mitunterzeichner eines Briefs, der die später inhaftierten Nazis unterstützen soll.
Berlin, 1991: Am 27. Oktober wird Mete Ekşi von drei Brüdern brutal angegriffen, weil er und seine Freunde nicht Deutsch sprachen. Mete Ekşi stirbt zwei Wochen später an seinen Verletzungen. Die Staatsanwaltschaft und das Gericht können kein rassistisches Mordmotiv entdecken, die Täter bekommen geringe Haftstrafen wegen Totschlag. Bei den Tätern handelt es sich um drei Söhne eines Polizisten. Einer der drei saß bereits zuvor eine Haftstrafe wegen der Vergewaltigung einer türkischen Frau ab. Er wurde als Haupttäter bei dem Prozess zur Ermordung von Mete Ekşi mit 3 Jahre und 9 Monaten Haft bestraft.
Dessau, 1997: Im Dezember stirbt Hans Jürgen Rose.
Dessau, 2002: Im November stirbt Mario Bichtermann.
Dessau, 2005: Am 7. Januar stirbt Oury Jalloh.– Alle drei wurden ermordet durch Polizisten. Kein einziger Polizist wurde für diese Morde verurteilt.
Diese Straflosigkeit setzt sich fort.
Dessau, 2016: Am 11. Mai wird Yangji Li vom Stiefsohn des (damaligen) Revierleiters Jörg Schwabe vergewaltigt und ermordet. Seine Mutter, Romana Schwabe, ebenfalls im Polizeidienst tätig, und sein Stiefvater, der Revierleiter der Polizeidirektion Dessau, helfen Beweismittel verschwinden zu lassen und vieles mehr. Der Prozess gegen Sebastian F. begann am 25.11.2016 und mußte nochmals begonnen werden, da eine Schöffin nicht vereidigt wurde. Durch Formfehler wäre sonst der ganze Prozess hinfällig gewesen…
Diese institutionelle Straflosigkeit und der institutionelle Rassismus der Polizei und der Staatsanwaltschaft sind eine enorme Gefahr für das Leben der Menschen in der BRD. Welche Dimensionen diese Kombination aus Straflosigkeit und Rassismus in der BRD hat, zeigt der NSU-Staatskomplex.
Nach dem Bekanntwerden des NSU wurde kurzzeitig behauptet, die „Fehler“, „Versäumnisse“ und „Pannen“ würden sich nicht wiederholen. Statt dessen gab es eine Serie von sog. Aktenvernichtungen, Sterben von Zeugen und viele staatliche Akteur_innee im sog. Sicherheitsapparat sind in der Karriereleiter aufgestiegen. Ein Beispiel ist Gordian Meyer-Plath, seit dem 15. August 2012 Chef des sächsischen Landesverfassungsschutzes, vorher V-Mannführer des Spitzels im NSU Carsten Szczepanski alias Piatto. Ein anderes Beispiel ist Klaus-Dieter Fritsche, ehemaliger Geheimdienstkoordinator. Er ist seit Januar 2014 Staatssekretär im Bundeskanzleramt und Beauftragter für die Nachrichtendienste des Bundes und damit ranghöchster Beamter der Inneren Sicherheit. Im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags sagte er bei seiner Vernehmung aus: „Es dürfen keine Geheimnisse bekannt werden, die das Handeln des Staates beeinträchtigen könnten“.
Berlin, 2012: Nur wenige Monate nach der Selbstenttarnung des NSU stirbt am 5. April der 22-jährige Neuköllner Burak Bektaş, ermordet von einem weißen, bis heute unbekannten Mann. Zwei von Buraks Freunden werden dabei lebensgefährlich verletzt. Der Mord ist bis heute nicht aufgeklärt. Die Akte trägt bis heute den Namen eines türkischstämmigen Menschen, der als erster verdächtigt wurde, aber erwiesenermaßen nicht der Täter war. Das sog. GTAZ/Gemeinsame Terror Abwehrzentrum in Berlin beriet mehrmals über die Ermordung von Burak Bektaş. Die Protokolle der Sitzungen wurden bis heute nicht veröffentlicht, es ist nicht nachvollziehbar, worüber beraten wurde. Einem rassistischen Mordmotiv wurde in den Ermittlungen nicht konsequent nachgegangen.
An der Nicht-Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş läßt sich nachvollziehen, wie wirkungslos die öffentlichen Erklärungen sind, dass sich nach dem NSU-Staats-Skandal etwas ändern würde.
Wir müssen den aktuellen rassistischen Wellen entgegentreten!
Wir müssen öffentlich sichtbare Zeichen setzen – gegen die Unfähigkeit des deutschen Staates und der deutschen Gesellschaft, den eigenen Rassismus zu überwinden. Die Polizeidirektion Dessau muss an der Oury Jalloh Straße liegen! Der Preußendamm, an dem Mahmud Azhar in Berlin ermordet wurde, muss seinen Namen tragen! Und gegenüber dem Krankenhaus Berlin-Neukölln muss eine Skulptur in Gedenken an Burak Bektaş stehen!
Wir laden euch herzlich am fünften Todestag von Burak Bektas zur Grundsteinlegung am 5. April 2017 in Berlin Neukölln ein. Laßt uns gemeinsam gegen Rassismus und Straflosigkeit kämpfen!