2018-02-14 Rede der Initiative an Buraks Geburtstag

Liebe liebe Angehörige, liebe Melike, liebe Melek, lieber Fatih, lieber Ahmet, liebe Freunde und Freundinnen:
Alles wurde schon gesagt und doch wollen wir nicht aufhören zu erinnern:

Heute wäre Burak 28 Jahre alt geworden.
Aber er wurde am 5.4.2012 wenige Schritte von hier erschossen. Zwei seiner Freunde wurde schwer verletzt.
Der Mörder wurde nie gefasst. Vielleicht läuft er hier immer noch herum oder vielleicht war es doch, wie viele vermuten Rolf Zielezinsky, der 2015 den Briten Luke Holland in der Ringbahnstraße anlasslos erschossen hat. Das würde passen aber dafür scheint sich keine Staatsanwaltschaft zu interessieren.

Wir stehen auch hier, weil wir Aufklärung fordern. Die Familie und wir alle haben das Recht zu wissen, wer Burak ermordet hat. Wer läuft durch Neukölln und schießt auf junge Menschen? Die Bewohnerinnen sollen in Angst und Schrecken versetzt werden, ganz im Sinne des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds?

Was die Täter oder der Täter aber bewirken ist Solidarität zwischen den Betroffenen und von vielen UnterstützerInnen.
Viele Freundschaften sind enstanden und entstehen, viel Geld wurde gespendet um den Gedenkort, den sich die Familie gewünscht hat, verwirklichen zu können.
Für die Verwirklichung hat auch Zeynep Delibalta gearbeitet. Sie hat die Skulptur entworfen, die wir hier am 5. April 2018 enthüllen werden.
Das ist Zeyneps letzte Arbeit. Sie nannte sie „Algorithmus für Burak und ähnliche Fälle“. Schon geschwächt von ihrer Krankheit hat sie die Form für den Guss im September 2017 fertiggestellt.
Sie ist am 19. Dezember 2017 im Krankenhaus Havelhöhe gestorben.

Wir wollen eine Schweigeminute für sie einlegen.

Wir danken ihr dafür, dass sie es als ihre vordringlichste Aufgabe empfunden hat, das Werk zu vollenden. Es wird hier erinnern an Burak und all die nicht aufgeklärten Taten.

Vor knapp 2 Wochen wurden wieder Brandanschläge in Neukölln verübt. Schon die letzten sind nicht aufgeklärt. Nichts wird hier aufgeklärt.
Wieder wurde das Auto des Buchhändlers Heinz Ostermann
angezündet Auch das Auto von Ferat Kocak wurde dicht am Wohnhaus in Brand gesteckt. Nur durch Zufall geriet das Wohnhaus nicht in Brand, nur zufällig wurde niemand verletzt oder getötet. Das war versuchter Mord!
Die Botschaft ist klar und eine andere Erklärung als dass Nazis diese Autos abgefackelt haben, gibt es nicht aber auch hier keine Aufklärung der Taten.

Sie wollen Einschüchtern und erreichen doch das Gegenteil.
Die Kundgebung nach den Brandanschlägen vor zwei Wochen war ein Zeichen dafür.

Der Gedenkort und jede unserer Versammlungen, Kundgebungen und Demonstrationen sind Zeichen dafür, dass die Rechnung der Täter nicht aufgehen wird. Der Gedenkort ist Solidarität. Er ist entstanden aus ganz viel sogenannter ehrenamtlicher politischer Arbeit. Er ist entstanden aus ganz vielen unterschiedlichen Spenden. Menschen haben Parties veranstaltet, Kuchen verkauft und Suppe gekocht und verkauft, gesammelt, Anträge bei Stiftungen gestellt und vieles mehr. Diese Solidarität ist hier sichtbar und wird ein ewiges Ärgernis für die TäterInnen sein und ein würdiger Ort des Erinnerns, des Trauerns und dennoch ein Zeichen der Freude und des gemeinsamen Kampfes für die Angehörigen, die Freunde und alle, die zusammen für eine Gesellschaft ohne Rassismus, für eine andere, bessere Welt streiten. Nicht immer haben wir geglaubt, dass wir das schaffen!

Die Skulptur wird am Todestag von Burak hier stehen und sie wird erinnern an ein sinnlos ausgelöschtes Leben und sie wird erinnern an die nicht aufgeklärten Taten und sie wird erinnern an die Solidarität.
Sie werden nicht damit durchkommen.
Wir werden nicht nachlassen mit unseren Forderungen nach Aufklärung

Nachsatz:
Polizeipräsident Klaus Kandt ist derzeit mit einer „kleinen Delegation“ seiner Beamten auf Dienstreise. Er informiert sich im Austausch mit Sicherheitsbehörden in Israel über Terrorbekämpfung und -verhütung, die spezialisierte Ausbildung von Polizeikräften, Schutz- und Sicherheitskonzepte für „weiche Ziele“ – wie der Breitscheidplatz eines war – sowie Radikalisierung und Cybercrime. „Durch das Attentat auf dem Breitscheidplatz“, sagt Polizeisprecher Wenzel, „mussten wir vieles lernen.“

Wir hätten uns gewünscht, dass die Berliner Polizei schon vor dem 19. Dezember 2016 mit dem Lernen angefangen hätte.