2022-07-22 München erinnern : Redebeitrag bei der Demonstration 6 Jahre nach dem OEZ-Anschlag

Trauern und Gedenken –München erinnern! am 22.7.22

Euer Aufruf München erinnern! Für uns! hat uns erreicht. Wir, die Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş aus Berlin-Neukölln sind hier nach München gekommen um gemeinsam mit euch – Angehörige, Überlebende und Unterstützende – euren Liebsten, den Ermordeten des antimuslimischen-gadjé-rassistischen-rechten Anschlags am OEZ von vor 6 Jahren zu gedenken.
Wir trauern um Armela, Can, Dijamant, Guiliano, Hüseyin, Roberto, Sabina, Selçuk und Sevda.

Es ist eurem Einsatz, eurem jahrelangen Kampf zu verdanken, dass der Anschlag endlich als das eingeordnet wurde, was er ist: ein rechter Terroranschlag.
(etwas mehr Fotos)

Es ist traurige Wahrheit, dass rechte Kontinuitäten in Deutschland allzu gerne ignoriert, geleugnet und vertuscht werden. Der Anschlag wurde von einem bekennenden Nazi mit Vernetzung in rechtsradikalen Chatgruppen begangen. Obwohl das von Anfang an klar war und trotz dieses Wissens, wurde die Tat von offizieller Seite über 3 Jahre nicht als politisch motiviert eingeordnet.
Jahrelang wurde die Anerkennung als rechter Terroranschlag versagt und die Tat entpolitisiert und “überschrieben“. Die fatalen Konsequenzen der Einstufung eines Terroranschlags als Amoklauf sind, dass rechte Strukturen als solche nicht benannt, nicht aufgedeckt, nicht verfolgt und sogar gedeckt werden. Den Angehörigen der Opfer und Betroffenen rechter-rassistischer Gewalt wird so die Solidarität, Anerkennung und Entschädigung entsagt. Die offizielle Erinnerungskultur für den Terroranschlag ist eine komplett andere. Die Öffentlichkeit wird getäuscht. Die Darstellung des Anschlags eines angeblich psychisch gestörten Täters bedarf keiner weiteren Handlungen von Seiten der ermittelnden Behörden. Und für die Öffentlichkeit wird es als trauriger Schicksalsschlag eingeordnet und als solcher gedanklich abgetan. Eine Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und institutionellen Herrschaftsverhältnissen und Rassismus -mit der Macht, eine Tat zu definieren- wird vermieden.
Das tatsächliche Tatmotiv des OEZ-Anschlags in München wurde negiert. Stattdessen wurde mit der Konstruktion des vermeintlichen Motivs des Täters, nämlich Rache, zudem eine rassistisch konstruierte Gruppe für die Tat verantwortlich gemacht; die Schuld wird damit auf die Betroffenen, auf die Opfer, auf die Überlebenden gelenkt. Diese Täter-Opfer-Umkehr ist unerträglich!

Es ist nur euch, den Angehörigen, Überlebenden und ihren Unterstützer*innen zu verdanken, dass diese Rechnung von Ermittlungsbehörden, Justiz und Politik nicht aufgegangen ist.
Ihr habt es geschafft diese zu durchbrechen. Heute, nach 6 Jahren, findet hier in München die Trauerfeier von den Angehörigen der Opfer und den Betroffenen statt mit bundesweiter Solidarität.
(etwas mehr Fotos)

Wir von der Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş fordern gemeinsam mit Buraks Familie, den Angehörigen und Freund*innen seit nun 10 Jahren die Aufklärung des Mordes an Burak. Burak ist 2012 im Alter von 22 Jahren in Berlin-Neukölln auf offener Straße ermordet worden. 2 seiner Freunde überlebten schwer verletzt. Die Tat erfolgte kurz nach der Selbstenttarnung des NSU. Der Tathergang lässt eine NSU-Nachahmungstat vermuten. Bis heute ist der Täter nicht gefasst. Wie kann das sein? Das kann sein, wenn Rassismus als Mordmotiv von Anfang an nicht in Betracht gezogen wird und nicht konsequent und in die richtige Richtung ermittelt wird. Wir fordern, dass rechte-rassistische Morde und Gewalt konsequent verfolgt und verhindert werden.

Buraks Mutter Melek Bektaş hat das 2017 auf dem Tribunal NSU-Komplex-auflösen so ausgedrückt:

„Wenn wir schweigen, wird das immer passieren.
Nein, kein Schweigen! Wir werden nicht mehr schweigen.
Jetzt wird gesprochen! Keine Trauer – sondern Wut!
Kein Aufgeben, sondern Kampf!
Wir sind hier, um unsere Stimmen zu erheben.
Wir wollen Gerechtigkeit für alle Buraks.
Deswegen sind wir hier.“
Tek umudumuz daha çok Buraklar ölmesin.
Sesimizi duyurmak için buradayız.
Biz Buraklar için adalet istiyoruz!

Wir trauern mit euch um eure Liebsten und kämpfen mit euch, dass so etwas niemals wieder geschieht.
22.7.2022, Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş.

München erinnern – Solidarität von Berlin nach München

bei Youtube & Archive

München, Halle, Hanau, Kassel – das war rechter Terror. Wir trauern um die neun Ermordeten am OEZ in München.

[Pressemitteilung übernommen von muenchen erinnern]

Am 22.7. jährt sich der Anschlag am Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) in München zum sechsten Mal. Der Täter hatte den 5.Jahrestag des Anschlags in Utøya bewusst für seine Tat gewählt. Obwohl er damit ein klares Zeichen gesetzt hat, wurde bereits kurz nach der Tat ohne weitergehende Ermittlungen von einem Amoklauf gesprochen. In der Zwischenzeit zeigen drei Gutachten, dass es sich bei der Tat um rechten Terror, antimuslimischen Rassismus und Antiziganismus gehandelt hat.
Trotzdem taucht der Anschlag im öffentlichen Diskurs nicht als solcher auf. Halle, Hanau, Kassel – das ist die Aufzählung, die meist genannt wird wenn es um aktuellen rechten Terror geht. München bleibt dabei bisher unerwähnt. In der Folge bekamen Angehörige, Überlebende und Freund*innen der Opfer bis jetzt wenig Solidarität und Unterstützung. Sie wurden mit ihren Forderungen und Bedürfnissen alleingelassen.

Say their names:
Armela Segashi, Can Leyla, Dijamant Zabërgja, Guiliano Kollmann, Hüseyin Dayıcık, Roberto Rafael, Sabina S.*, Selçuk Kılıç und Sevda Dağ

Trauermarsch am 22.7.: Rechten Terror stoppen und München erinnern!

In diesem Jahr ruft eine Initiative von Angehörigen und Unterstützer*innen zu einem Trauermarsch am 22.7. in der Innenstadt in München auf. München soll daran erinnert werden, dass an diesem Tag sechs Jahre zuvor neun Menschen von einem rechten Täter getötet wurden. „Ich möchte Euch auffordern, am 22.7. um 14 Uhr zum Odeonsplatz zu kommen, um gemeinsam mit uns zu trauern“, sagt Gisela Kollmann in einer Videobotschaft auf Instagram. Sie ist die Oma von Guiliano Kollmann, der bei dem Anschlag umgebracht wurde. Guiliano war 19, nannte sich selbst „Sinto2000“. Seine Zugehörigkeit war ihm wichtig und er war stolz darauf. Die Familiengeschichte der Kollmanns ist geprägt von mehreren Morden an Angehörigen im Vernichtungslager Ausschwitz und dem Überleben seines Uropas im Konzentrationslager Dachau. „Am Tatort haben wieder Geschäfte aufgemacht als wäre nichts passiert“, sagt Sibel Leyla. „Es gibt eine große Stille und wir wollen das ändern.“ Ihr Sohn Can wurde am OEZ ermordet. Er war 14 Jahre alt, begeisterter Fußballspieler. Gemeinsam mit ihrem Mann Hasan kämpft SibelLeyla seit Jahren darum, dass der Anschlag als rechter Terrorakt ins kollektive Gedächtnis aufgenommen wird und dass sich München seiner Verantwortung stellt. Beide haben in den letzten Monaten auf verschiedenen Veranstaltungen bundesweit gesprochen. Sind nach Berlin, Halle und Hanau gereist, haben beim Tribunal NSU-Komplex auflösen an Pfingsten in Nürnberg gesprochen und es so geschafft, bundesweit Gruppen zu aktivieren, sich für das Erinnern an die Ermordeten des Anschlags am OEZ einzusetzen.

Bundesweite Unterstützung und Solidarität
Der 22.7. soll nicht nur in München, sondern bundesweit in Erinnerung bleiben. Auf dem Instagram-Kanal muenchen.oez.erinnern rufen auch Angehörige anderer Anschläge zur Unterstützung auf ebenso wie Künstler*innen und Aktivist*innen. Sie rufen dazu auf, die Angehörigen an diesem Tag nicht alleine zu lassen und die Opfer des rechten und rassistischen Anschlags am OEZ München auch in Zukunft nicht zu vergessen. In mehreren Städten, beispielsweise Regensburg, Münster und Düsseldorf haben bereits Veranstaltungen stattgefunden. Es sind mittlerweile solidarische Kundgebungen und Gedenkveranstaltungen in mehreren Städten angekündigt: Bremen, Jena, Leipzig, Magdeburg, Rostock und Zwickau, siehe: https://muenchen-erinnern.de/termine/. Und weitere kommen noch dazu. „Der Anschlag ist nicht nur eine Geschichte in München, er ist die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“, ordnet Hasan Leyla ein. Rechter Terror hat Geschichte in Deutschland seit 1945 und der Anschlag am OEZ gehört dazu.

Forderung: Gedenken statt Burger
Das Gedenken an den Anschlag ist mit Forderungen verbunden. Für die Angehörigen ist es unerträglich, dass in dem McDonald am OEZ, wo ihre Liebsten umgebracht wurden, jetzt wieder Burger und Pommes serviert und gegessen werden. Sie fordern, dass dieser Ort zu einem Gedenkort wird. Sie wollen außerdem sicherstellen, dass die Gräber dauerhaft erhalten und gepflegt werden, wie das beispielsweise bei Ehrengräbern der Fall ist. In Hanau wurde das bereits durchgesetzt. In München fehlt dazu bisher noch die Zusage der Stadt. Und sie fordern einen Raum im Stadtteil Moosach. Einen Raum, in dem sich die Familien treffen und austauschen können, der ein Ort des Erinnerns ist und der Solidarität im Kampf gegen rechten Terror und Rassismus. Dafür brauchen sie Unterstützung in München und bundesweit.

* der Nachname von Sabina S. wird auf Wunsch der Familie nicht ausgeschrieben.

22.7.22: München erinnern – Gedenken an die Ermordeten des rechten Anschlags am OEZ

Aufruf von München erinnern:

Kommt am 22.7.2022 um 14.30 zum Trauermarsch vom Odeonsplatz zum Stiglmairplatz und anschließend zur Gedenkveranstaltung am OEZ um 17.00 Uhr.

Oder organisiert in Euren Städten solidarische Gedenkveranstaltungen zum Tatzeitpunkt um 17.51 Uhr!

Wir trauern um die Ermordeten des rechten Anschlags am OEZ

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Am 22.7.2016 wurden am Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) in München neun Menschen bei einem rechten, rassistischen und antiziganistischen Anschlag ermordet:
Armela, Can, Dijamant, Guiliano, Hüseyin, Roberto, Sabina, Selçuk und Sevda.
Die Tat fand zielgerichtet am 5. Jahrestag des rechten Attentats in Oslo und Utøya, Norwegen statt. Dank des unermüdlichen Kampfs der Angehörigen und Überlebenden wurde der Anschlag am OEZ mittlerweile als rechter Terror anerkannt. Trotzdem bleibt er oft unerwähnt und ist vielen unbekannt. Es fehlt an größerer Öffentlichkeit beim Erinnern in München und darüber hinaus.

Das muss sich ändern!

Lasst uns alle zusammen: München erinnern!
Lasst uns die Ermordeten und den Anschlag bundesweit erinnern.
Lasst uns für Aufklärung kämpfen und Aufarbeitung vorantreiben.
Lasst uns gemeinsam rechten Terror stoppen.

Wir, Angehörige, Überlebende und Unterstützende rufen auf: Kommt am 22.7.2022 um 14.30 zum Trauermarsch vom Odeonsplatz zum Stiglmairplatz und anschließend zur Gedenkveranstaltung am OEZ um 17.00 Uhr.
Oder organisiert in Euren Städten solidarische Gedenkveranstaltungen zum Tatzeitpunkt um 17.51 Uhr!

Material zum Weiterverbreiten und Bekanntmachen