der Initiative für Gedenken an Mahmud Azhar, des Möllner Freundeskreis, von Familie Holland & Grußbotschaft von Osman Taşköprü, Rede aus Hellersdorf, Grussbotschaft aus Kassel und der Initiative in Gedenken Jaja Diabi
vielen Dank für eure Anwesenheit, Reden, Grußbotschaften und Unterstützung
Beitrag bei Radio Aktiv Berlin am 12.04.2017 zur Gedenkort Einweihung
[audio:http://archive.org/download/20170412RadioaktivGedenkortEinweihung/2017-04-12-radioaktiv-gedenkort-einweihung.mp3] (16 min.) link
Bericht von der Grundsteinlegung für ein Denkmal in Erinnerung für Burak
Bektaş, der 2012 in Neukölln von einem Unbekannten ermordet wurde. Redebeitrag der Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş am 5. April zur Grundsteinlegung für den Gedenkort Burak Bektaş.
Die ganze Sendung von Radio Aktiv Berlin vom 12. April 2017 findet ihr unter mixcloud.com/RadioAktivBerlin
Redebeitrag der Initiative für Gedenken an Mahmud Azhar
anlässlich der feierlichen Grundsteinlegung für einen Gedenkort für Burak Bektaş:
Im März 1990 erschien ein Nachruf in der Zeitschrift Interim mit dem Titel: „Wir trauern um unseren pakistanischen Freund Azhar, der letzte Woche, im Alter von 40 Jahren starb, weil er ein Ausländer war“
Mahmud Azhar war Doktorand und wissenschaftlicher Arbeiter an der Freien Uni Berlin. Am 7. Januar 1990, vier Monate vor seiner Promotion, und nicht lange nach dem Fall der Mauer, inmitten des nationalistischen Taumels in Ost- und Westdeutschland, wurde er hier in Berlin rassistisch angegriffen. Ein DDR Bürger hat ihn auf dem Campus der FU rassistisch beschimpft und bedroht. Daraufhin hat Mahmud Azhar sich in ein Gebäude der Universität geflüchtet. Dort wollte er die Polizei um Hilfe rufen. Vergeblich. Wieso auf seine zwei Anrufe niemand reagierte, ist bis heute unbeantwortet. Der deutsche Rassist schlug ihn mit einem Feuerlöscher auf den Kopf. Das endete tödlich. Am 6. März 1990, zwei Monate nach dem Angriff, erlag Mahmud Azhar seinen Verletzungen. Er schaffte es 40 Jahre alt zu werden in Deutschland.
„Wie viele Menschen müssen noch sterben, bis die Ausländerfeindlichkeit überwunden ist?“
Diese mahnende Frage steht auf der Gedenktafel für Mahmud Azhar. Von einem rassistischen Mord ist darauf jedoch nicht die Rede, schließlich, so argumentierte man im Akademischen Senat – bestehe ja, Monate vor dem Gerichtsprozess – keine Klarheit über die Tatmotive. Obwohl Mahmud Azhar den Angriff geschildtert hat, und die rassistischen Parolen, unter denen er zusammengeschlagen wurde, in Gedächtnisprotokollen von Zeug*innen dokumentiert wurden.
Diese Gedenktafel ist im Gebäude seines ehemaligen Instituts für Biochemie der FU Berlin Lichterfelde. Da ist mittlerweile ein Marketingfirma. Die Gedenktafel ist im Gebäudeinneren. Von außen ist nichts sichtbar. Mit dem Verkauf des Institutsgebäudes wurde sich so auch des rassistischen Mordes entledigt.
An Mahmud Azhar, an seinen gewaltsamen Tod, erinnert heute nichts mehr an der FU Berlin. Es gibt keine offziellen Gedenkveranstaltungen, keine Hinweise in Publikationen und auf Webseiten der Universität, kein öffentliches Gedenken. So als hätte es diesen rassistischen Angriff, als hätte es den FU-Wissenschaftler Mahmud Azhar hier niemals gegeben. Es besteht eine unabdingbare Notwendigkeit das zu ändern und den unerträglichen Zuständen, die dieses Vergessen möglich gemacht haben, offensiv zu begegnen.
Rassistische Gewalt ist alltäglich. Auch hier. Und die FU Berlin ist Tatort dieses rassistischen Mordes. Und muss auch ein mahnender Gedenkort dafür sein.
Heute am 5. April jährt sich der Mord an Burak Bektaş. Noch immer ist der Mord an Burak Bektaş wie der versuchte vierfache Mord an seinen Freunden unaufgeklärt. Noch immer läuft der Mörder hier vielleicht frei herum. Den Ermittlungsbehörden fehlt jedes Motiv. Auch nach der Selbstenttarnung der NSU müssen Betroffene selber das Wort ergreifen und Druck ausüben. War Rassismus das Motiv? Auch wir fragen das: War Rassismus das Motiv? Fünf Jahre Ungewissheit. Immer noch keine Konsquenzen. Heute ist ein wichtiger Tag. Die Grundsteinlegung für einen Gedenkort für Burak Bektaş wird das Gedenken an den Ermorderten im öffentlichen Raum verankern. Und auch die mahnende Frage War Rassismus das Motiv? Und „Wie viele Menschen müssen noch sterben, bis der Rassismus überwunden ist?“ unermüdlich stellen.
Unsere Solidariät gilt der Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş und den Angehörigen, und unser Dank für ihre unermüdliche Arbeit.
Initiative für Gedenken an Mahmud Azhar
Möllner Freundeskreis Rede am 05.04.2017 bei der Grundsteinlegung für Burak, an seinem 5. Todestag
[audio:http://archive.org/download/moelln-freundeskreisrede-am-05-04-2017/moelln-freundeskreisrede-am-05-04-2017.mp3] (6 min.) link
Ab 18:30 fand die Gedenkkundgebung und Grundsteinlegung für den Gedenkort Burak Bektaş statt. Hier dokumentieren wir den Redebeitrag des Freundeskreis im Gedenken an die rassistischen Brandanschläge in Mölln 1992.
Redebeitrag als PDF
Vielen Dank für den Redebeitrag.
Rede von Familie Holland & Grußbotschaft von Osman Taşköprü
Gehalten bei der Gedenkkundgebung & Grundsteinlegung am 5. Jahrestag des Mordes an Burak Bektaş am 5. April 2017
Rede der Eltern von Luke Holland
Schwere Vorwürfe gegen die Berliner Staatsanwaltschaft und Polizei werden auch von Familie Holland, den Eltern des am 20.9.2015 von Rolf Zielezinski ermordeten Luke erhoben.
Sie solidarisieren sich mit Familie Bektaş.
Übersetzung der Rede der Eltern von Luke Holland am 5.4.2017 bei der Gedenksteinlegung für den Gedenkort Burak Bektaş zum 5.Jahrestag seit seiner Ermordung:
“Ich kann das Leid der Familie Bektaş nicht lindern. Aber ich kann die Polizei kritisieren und den Rechtsstaat.
Wir sind bestürzt, wie der Richter in Luke´s Fall, behaupten konnte, Zielezinski sei kein Nazi. Er hatte so viele illegale Waffen, Nazi-Devotionalien, Adolf Hitler-Büsten in seiner Wohnung, Gerätschaften zum herstellen von Munition und trotzdem behauptet der Richter, dass er kein Nazi wäre. Das ist eine völlige Fehleinschätzung.
Wir glauben, dass wenn die Polizei ihre Aufgabe in Burak Bektaş´s Fall erfüllt hätte, könnte unser Sohn noch am Leben sein.
Dass hätte zwar Burak nicht geholfen, aber unser Sohn wäre nicht ermordet worden. Es würde Gerechtigkeit bringen.“ (Herr Holland, Luke´s Vater)
„Ich bitte alle aufrichtigen Eltern in Deutschland, die uns jetzt hier sehen, ich frage sie , womit haben unsere Söhne, guten, unschuldigen, hart arbeitenden Söhne das verdient?
Bringt Burak´s Mörder vors Gericht! Und wir persönlich haben keinerlei Zweifel daran, dass dieser Mann Rolf Zielezinski ist.“ (Frau Holland, Luke´s Mutter)
*****
Grußwort-Nachricht von Osman Taşköprü
aufklaeren.blogsport.eu
Ich wünsche der Familie viel Geduld und Kraft es ist schwer mit der Ungewissheit zu leben was mit dem Familienangehörigen passiert ist sie sollen nicht aufgeben immer weiter machen ich weiß wie schwer es ist damit zu leben daher wünsche ich der Familie Bektaş viel Erfolg und eine baldige Aufklärung des Falles ihres Sohnes schön Gruß Osman Taşköprü aus Hamburg.
Rede aus Hellersdorf
Wir sind eine Initiative zum Gedenken an rassistische Morde in Marzahn-Hellersdorf. Wir gedenken heute mit euch an Burak Bektaş. Wir möchten der Familie, den Freund_innen und Unterstützer_innen von Burak Bektaş unser Mitgefühl und unsere Solidarität ausdrücken. Wir unterstützen euren Kampf um Aufklärung und gegen das Vergessen. Wir bewundern eure jahrelange Arbeit für eine lebendige Erinnerungskultur. Rassistische Gewalt und Rassismus der Behörden muss sichtbar gemacht werden, wo auch immer sie passiert oder passiert ist.
Wir als Initiative werden zusammen mit der Vereinigung der Vietnamesen und Reistrommel am 24. April an Nguyễn Văn Tú erinnern. Nguyễn Văn Tú lebte am 1987 als Vertragsarbeiter in der DDR. Am 24. April 1992 wurde er im Alter von 29 Jahren in Marzahn von einem Neonazi erstochen. Dieser Mord rief damals starke Proteste hervor, an einem Trauermarsch nahmen 2000 Menschen teil. Die Tat war der traurige Höhepunkt einer ganzen Reihe rassistischer Gewalttaten, die sich vor allem gegen ehemalige Vertragsarbeitende und Asylsuchende richteten. Die Vertragsarbeitenden verloren mit der Wende ihr Aufenthalts- und Arbeitsrecht und waren von massiver Reppression durch die Polizei betroffen.
25 Jahre danach ist die Geschichte von Nguyễn Văn Tú in Vergessenheit geraten, eine in Marzahn angebrachte Gedenktafel wurde von Neonazis zerstört.
Heute sehen wir uns an die Gewalt in den 90ern erinnert. Rassistische Angriffe sind alltäglich, Unterkünfte werden angezündet und viel zu oft stehen die Betroffenen alleine. Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf war ein Schwerpunkt der berlinweiten Mobilisierungen gegen Asylsuchende und ist ein Schwerpunkt rassistischer Gewalt. Wir rufen deshalb auf zur Kundgebung in Gedenken an Nguyễn Văn Tú; Gegen rassistische Gewalt damals wie heute. Am 24. April um 17Uhr am Brodowiner Ring 8. Im Anschluss gibt es um 18Uhr ein Podium zu Rassismus und Widerstand in den 90ern mit der Vereinigung der Vietnamesen Berlin und Brandenburg, Reistrommel e.V., Kollath Mai-Phuong und Nguyen Dan Thy.
Grussbotschaft aus Kassel
Liebe Familie Bektaş, liebe FreundInnen,
Wir, die Initiative 6. April, schicken dieses Grußwort aus Kassel und sind mit dem Herzen und in Gedanken heute bei euch, auch wenn wir leider nicht persönlich kommen konnten.
Fünf lange Jahre sind vergangen seitdem Burak nicht mehr unter uns weilt. Fünf Jahre voller Trauer,Schmerz und Ungewissheit. Niemand, liebe Melek Bektaş und lieber Ahmet Bektaş, kann die Bedeutung des Verlustes Ihres eigenen Kindes ermessen und niemand kann Ihren Schmerz nachempfinden oder stillen, den Sie seit dem Tod Ihres Sohnes erleben. Was uns aber heute möglich ist: An Ihrer Trauer teilnehmen und Sie zu unterstützen bei dem, was Sie brauchen und bei dem was Sie fordern: Die Aufklärung des Mordes an Ihrem Sohn.
Die letzten fünf Jahre waren aber auch: Fünf Jahre des Widerstandes. Fünf Jahre unermüdliches Gedenken und unermüdliches Einfordern, dass ernst genommen wird was Sie schon immer wussten und das konsequent in diese Richtung ermittelt wird:
Ein rassistischer Mord!
Sie als Eltern und die Überlebenden des Angriffs haben einen Zusammenhang zwischen den rassistischen Gewalttaten des NSU und dem Mord an Burak gesehen und usgesprochen.
Die Angehörigen der Mordopfer des NSU wie auch die Überlebenden der Bomben in Köln haben ebenfalls sofort die rassistischen Gründe erkannt. Immer noch nach 11 Jahren kämpfen die Betroffenen um lückenlose Aufklärung – so wie Sie, liebe Eltern Bektaş und liebe Burak-Initiative.
Als Initiative 6. April stehen wir in Kassel an der Seite von Halits Eltern.
Am 6. April ist Halits Gedenktag. Dieses Jahr werden wir zu diesem Anlass eine große Demonstration unter dem Titel „Kein Nächstes Opfer! NSU-Komplex auflösen!“ machen. Dies fordern wir im Namen aller Mehmets, Buraks und Halits. Lasst uns weiter als Bündnis mit Betroffenen zusammenstehen, dann sind wir viele, dann sind wir stark und können gemeinsam viel erreichen – für uns alle und für zukünftige Generationen.
Kein nächstes Opfer!
Initiative 6. April / PDF-Dokument
Grußwort der Initiative in Gedenken Jaja Diabi
Die Morde an Burak Bektaş und Jaja Diabi haben, so unterschiedlich sie auf den ersten Blick scheinen, viele Gemeinsamkeiten.
Burak wurde im Rahmen eines rassistischen Mordes auf offener Straße erschossen. Von einem Täter ohne Skrupel, der geplant und berechnend handelte. Der Täter ging hier in Neukölln bewusst auf die Gruppe junger Männer zu, die dem weißen rassistischen Selbstbild Deutschlands nicht entsprachen. Der Rassismus des Täters und der deutschen Gesellschaft, der Burak und seine Freunde durchgehend als Anders und Fremd markiert, war dabei die Grundlage des Mordes.
Jaja Diabi wurde am 14. Januar 2016 am Hamburger Berg (eine Straße in St. Pauli) im Rahmen einer rassistischen Polizeikontrolle festgenommen. Ihm wurde vorgeworfen, mit 1,65 Gramm Cannabis gehandelt zu haben, einer Menge die bei weißen Personen meist ohne Anzeige einfach nur abgenommen wird, die bei Jaja jedoch zu einer Verhaftung führte.Vier Tage später wurde er in die Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand verlegt und dort in Untersuchungshaft festgehalten. In der Nacht vom 18. auf den 19. Februar 2016 starb Jaja Diabi in seiner Zelle.
Laut Justizbehörde hat Jaja Suizid begangen, sich an einer Gardinenstange erhängt. Laut Justizbehörde gab es jedoch im Vorwege keine Anzeichen einer möglichen Suizidgefahr.
Weder das sogenannte Suizidscreening ergab dazu Anhaltspunkte, noch berichteten die Beamten, die am Abend des 18.02.2016 gegen 18.30 Uhr die Zelle verschlossen, über eine mögliche Suizidgefahr. Auch die Familie und Freunde Jajas halten einen Suizid für unwahrscheinlich und beschreiben ihn durchweg als einen fröhlichen, hoffnungsvollen und religiösen jungen Mann. Was auch immer in der Nacht vom 18. auf den 19. Februar geschah, Jaja wurde von einem rassistischen System ermordet, das ihm ein Leben in seiner Heimat unmöglich machte, da Länder wie Deutschland auf Kosten seiner Existenz leben, ihm ein menschenwürdiges Leben in Deutschland durch das rigide Migrationsregime vorenthielt, ihn jagte und zuletzt umbrachte. Auch ihm wurde der Rassismus der deutschen Polizei und der deutschen Gesellschaft, die Schwarze Männer als fremd, nicht-Deutsch, nicht zugehörig und als Dealer markiert zum Verhängnis.
Die beiden Morde an Burak Bektaş und Jaja Diabi wären ohne einen Rassismus in Deutschland, der alle Ebenen, Institutionen, Begegnungen und Strukturen dieser Gesellschaft durchzieht und ohne ein breites gesellschaftliches Einverständnis damit nicht möglich gewesen.
Auch die Ermittlungen im Rahmen der beiden Morde sind klare Symptome eines institutionellen Rassismus in Deutschland. Es bestand von Beginn an kein Interesse an der Aufklärung der Umstände, es wurde bewusst nicht, nicht genügend und nicht in die richtigen Richtungen ermittelt. An zufällige Leerstellen in den Vorgehensweisen der
deutschen Justiz glauben wir nach dem NSU Komplex und dem Mord an Oury Jalloh lange nicht mehr.
Wir sehen unsere Arbeit als Initiative vereint mit denen der Initiative zur Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş, mit allen Initiativen zur Aufklärung von rassistischen Morden und mit allen Kämpfen gegen den rassistischen deutschen Normalzustand. Zusammenhänge zu erkennen, Kontinuitäten aufzuzeigen und gemeinsame Strategien zu formulieren sind dabei wichtige Schritte. Eine gemeinsame Strategie unserer Initiativen ist dabei das bemühen um ein angemessenes Gedenken.
Wir sehen ein angemessenes Gedenken als einen wichtigen Schritt an, um an die Menschen zu erinnern, denen ihr Leben genommen wurde. Sie, die aus der deutschen Gesellschaft verschwinden sollten, sichtbar zu machen, ihnen zu gedenken. Dabei aber auch an die rassistischen Umstände ihres Todes zu erinnern ist ein Teil eines solchen Gedenkens. Sie bleiben unvergessen. Deswegen freuen wir uns sehr, dass heute der Grundstein für das Denkmal in Erinnerung an Burak Bektaş gelegt und damit der Gedenkort eingeweiht wird.
Wir hoffen, dass das hier der Ort eines lebendiges Erinnerns und des Zusammenkommens und der Solidarität wird, und auch der weiteren Kämpfe gegen Rassismus.
Für ein lebendiges Gedenken.