Es folgt ein (subjektiver) Prozessbericht der Antirassistischen Initiative vom 3. Prozesstag (21.3.2016):
Alle Prozessbeteiligte sind anwesend, für Onur Özata ist der Rechtsanwalt Ogün Parlayan in Vertretung da. Ein zweiter psychologischer Gutachter ist da.
Die Eltern Rita und Phil Holland werden heute erneut von einem der besten Freund von Luke Holland, den er seit dem 11. Lebensjahr kennt, begleitet.
Zeuge Herr S.:
Herr S. (37 Jahre) war in der Nacht des 19.3. zum 20.3.2016 in der Bar „Del Rex“ mit einer Freundin, die auch Zeugin ist. Es sei eine gute Stimmung gewesen in der Bar, ca. 30-40 Gäste. Er kenne die Bar gut, er war Stammgast dort. Die Kneipe ist nun geschlossen, aufgrund Umstände. Er hatte Alkohol getrunken 1,0 Promille. Seine Begleiterin hätte ihn schon früh auf Rolf Z aufmerksam gemacht an dem Abend, nachdem sie an der Bar sich was zu trinken holte. Er hätte sie so „angeguckt“. Rolf Z. sei ihm auch aufgefallen. Er saß da als einziger älterer Mann, ein Mann mit weißen Haaren. Er sei aufgefallen. Die Bar sei insgesamt recht klein, sie hätten an einem Tisch am Eingang neben der Glastür gesessen. Rolf Z. hätte die ganze Zeit am Tresen gesessen, sich kaum gerührt. Dann habe es einen lauten Knall gegeben, ähnlich wie ein Böller. Ein lauter dumpfer Knall. Alle hätten es vernommen und sich umgeschaut. Der Bar-Besitzer hätte rausgeschaut durch die Glastür, aber nichts gesehen. Zu keiner Zeit hätte er an eine Gefahr gedacht in der Bar. Dann sei Aufbruchstimmung gewesen. Er hätte sich noch verabschiedet und den letzten Rest ausgetrunken. Als sie rausgingen sah er einen Mann im Dunkeln mit einem Gewehr ca 5-6 Meter ihm gegenüber auf der Straße. Und er sah Luke Holland links auf dem Gehweg liegen, er beugte sich zu ihm, er sah die sehr große Wunde, die sehr große Blutlache. Er hätte dann einen Rettungswagen gerufen. Er hatte den Puls von Luke gespürt. Er sei da gewesen, er habe ihn berührt und gespürt, Luke sei noch am Leben gewesen. Er kannte ihn vorher nicht. Sie hätten dann auch versucht das Blut zu stillen mit Tüchern. Während er sich um Luke sorgte, sei seine Begleiterin mit dem Mann gegenüber mit dem Gewehr im Gespräch gewesen. Sie sprach ihn an: “Was machst du mit dem Gewehr? Welcher Andere? Wen meinst du? …“, oder so ähnlich.
Er habe nicht gesehen, ob der Mann mit den weißen Haaren am Tresen die Bar verlassen hätte, er sei ihm aber auch nicht mehr aufgefallen, als er sich verabschiedete. Es sei nie zu laut gewesen und es gab auch nie Ärger in der Bar. Wenn dann wurde sofort die Musik leiser gedreht und die Polizei ging sofort wieder. Mal vielleicht wurde jemand wegen Trunkenheit rausgeschmissen. Der Mann an der Bar habe keine 2 Meter von ihnen weg an der Bar gesessen. Hier wird die Aussage der Zeugin A. (Nachbarin) ins Gespräch gebracht seitens des Richters, es geht um die Zeit vom Knallgeräusch bis zum Eingang des Notrufs. Die Zeugin hätte auf die Uhr geschaut und würde sagen 5.58 Uhr sei es gewesen als sie den Knall hörte, sie sei nicht sicher, ob es doch 5.52 oder 5.53 oder 5.58 gewesen sei.
Der Notruf sei um 6.04 eingegangen. Vom Gefühl her sagt der Zeuge, seien vom Knall bis zum Verlassen der Kneipe ca. 30 Minuten vergangen. Er macht das an dem fest, was er tat, dass er sich verabschiedete usw., was ca eine halbe Stunde gedauert haben dürfte. Objektiv müssen es jedoch ca.10 Minuten gewesen sein, er habe nicht auf Uhr gesehen. Der Zeuge identifiziert klar den Angeklagte Rolf Z. als den weißhaarigen Mann mit dem Gewehr draußen auf der Straße vor dem Del Rex.
Die Verteidigung stellt einen Antrag bezüglich der Begleiterin von Herrn S., sie dürfe nicht als Zeugin zugelassen werden. Diesem wird nicht statt gegeben.
Zeugin J.:
Die Zeugin ist 39. An dem Abend seien sie mit M. ihrem Begleiter, sie seien befreundet, in die Bar gegangen und haben sich unterhalten. Sie trank Weinschorle, hatte bei der Messung 0,0 Promille. Stimmung war gut in der Bar bis…
Als erstes sah sie den Täter, wie sie aus der Kneipe raus kamen, er sah aus wie ein Cowboy, Gewehr in der Hand lässig nach unten zur Seite gerichtet, er hatten einen Mantel an, dieser war offen. Sie sah ihm in die Augen, sein Pose, sein Äußeres sei auffällig gewesen, die langen weißen Haare. Sie hat seine Stimme gehört. Sie fragte: Was willst du mit dem Gewehr?
Sie habe versucht den Mann mit den weißen Haaren und dem Gewehr anzusprechen. Sie sah auch Luke Holland, den Verletzen, sein ganzer Bauch sei offen gewesen, es war klar das was schlimmes passiert war. Der Verletzte sei abwesend aber friedlich gewesen, seine Augen waren offen.
Sie habe gefragt: „Was soll das Ganze?“ und „Wo wollen sie hin?“. Er hätte nur geantwortet, Wo ist der andere? Wo ist der andere?“, dann wollte er mit dem Gewehr wieder in die Kneipe rein. Sie fragte, „Warum haben sie keinen Krankenwagen gerufen?“ Es wäre ganz klar gewesen, dass sie ihn irgendwie „volllabern“ musste. Als sie ihn an der Tür zur Kneipe daran hindern wollte wieder rein zu gehen, richtete er das Gewehr auf sie und sagte nur „Lass mich in Ruhe.“ Und: „Ich muss mich doch verteidigen!“, „Das ist zu meinem Schutz.“ Es war nun ganz klar für sie, sie darf jetzt nichts mehr sagen. Dann ging er aber weg. Er hatte irgendwie einen Plan und den habe sie ihm durcheinandergebracht.
Einen Bart erinnert sie nicht. Es besteht Verwirrung darüber, ob die Lichtbilder von Rolf Z. von der Polizei aus den Akten und den Medien, der weißhaarige Mann in der Bar und der weißhaarige Mann/mutmaßlicher Täter mit dem Gewehr vor der Kneipe dieselbe Person seien. Sie identifiziert Rolf Z., den Angeklagten eindeutig. Ihr werden verschiedene Lichtbildreihen gezeigt, sie identifiziert anhand verschiedener Fotos den Mann in der Kneipe und den Mann draußen eindeutig anhand von Fotos von Rolf Z.
Erstaunlich für alle ist, dass das Lichtbild aus den Akten der Polizei, das aus den Medien bekannte Foto von Rolf Z., ihm aktuell nicht ähnlich sind/scheinen. Das Lichtbild der Polizei ist Rolf Z. vor ca 10 Jahren.
Die Verteidigung nutzt den Punkt des Lichtbilds dafür, dass die Identifizierung durch die Zeugen unzulässig seien.
Sie wird gefragt, wen von den Bildern sie als den Mann an der Bar identifizieren würde und wen von den Bildern als den Mann draußen auf der Straße mit dem Gewehr. Die Zeugin identifiziert beide Male Rolf Z.
Sie beschreibt sehr detailliert das Gewehr, sie hätte ein photographisches Gedächtnis und sei Künstlerin und könne sich daher sehr an Details erinnern.
Beide Zeugen haben neben Luke Holland eine Uhr gesehen, aber beide haben kein Handy gesehen vor Ort.
Es wird nach einem Akzent gefragt, was Rolf Z. bzw. der Mann mit den weißen Haaren und dem Gewehr draußen, was sie gehört habe. Die Zeugin sagt, der Mann habe Berlinerisch gesprochen, der Mann an der Bar und draußen vor der Tür hätte berlinerisch gesprochen, es war ein weißer deutscher Mann. Er habe auffällig gesprochen, langsam sozusagen, verzögert.
Als sie den Knall hörte in der Bar, hat sie nur Leute in Erinnerung die sie kannte, Rolf Z. ist ihr nicht in Erinnerung.
Sie wird gebeten den Angeklagten zu identifizieren. Die Verteidiger stehen offen vor dem Sicherheitskasten vor Rolf Z. und versuchen die Sicht der Zeugin zu verdecken. Ähnlich aber weniger offensiv taten die Verteidiger dies auch bei dem ersten Zeugen des Tages S., was jetzt erst klar wird aus dem Verhalten der Verteidiger. Der Richter lässt dem ganzen freien Lauf.
3. Zeuge:
Er und eine andere Freundin aus Neuseeland, haben Luke Holland an dem Abend im Schillerkiez kennengelernt und sind zusammen ins Del Rex gegangen. Er hat sich verantwortlich gefühlt, da sie Luke vorgeschlagen hatte mit in die Bar zu gehen. Luke sei telefonieren gegangen. Er fühlte sich vielleicht nicht so wohl dort, er tanzte auch an dem Abend mit ihnen. Der Zeuge kann wenig erinnern, da sie mehr getanzt hatten. Das Luke Holland dann nach draußen ging erinnert er nicht. Hatten die letzten 20 Minuten wie Luke rausgegangen sei nicht mitbekommen. Rolf Z. ist ihnen zwar auch aufgefallen, er passte da nicht rein, irgendwie, auch vom Alter her.
Sachverständiger:
Er hat die Waffen mit. Das Gewehr wird identifiziert als die Tatwaffe.
Es sind 232 Schrotkugeln pro Patrone. Das Gewehr ist gekürzt worden. Auf Nachfrage der Nebenklage, welchen Sinn es macht ein Gewehr zu kürzen, sagt er: „Um es besser zu verstecken.“ Die Länge von Schrotgewehren ist gesetzlich vorgeschrieben. Das wurde vor 10 Jahren ca. aufgrund der Geschehnisse in Winnenden geändert. Verschiedene Beteiligte nehmen das Gewehr in die Hände/ in die Hand und schießen. Auch Phil Holland, der Vater von Luke Holland nimmt das Gewehr in die Hand. Er ist derjenige, der am vernünftigsten mit dem Gewahr umgeht, er hält den Lauf Richtung Boden. Der Verteidiger richtet das Gewehr schräg in unsere Richtung. Frau Holland erträgt das Ganze nicht, sie geht raus. RA Daimagüler begleitet sie. Ihr Mann geht später zu ihr, sie kommen gemeinsam wieder rein.
Anträge und Antworten:
Die Antwort der Staatsanwaltschaft auf die Anfrage nach Hinzuziehung der Akte von einer Hausdurchsuchung bei Rolf Z. 2006 lautet: Die Akte ist vernichtet worden, so der Richter.
Nebenklage stellt Antrag auf eine Erklärung, von wann das Foto vom Personalausweis sei? Ab wann das Foto polizeilich verwendet und veröffentlicht wurde?
Verteidiger wiederholt Antrag alle 3 Zeugen seien nicht zulässig.
Der Richter lehnt dies ab, es seien verschiedene Bilder gezeigt worden, alle 3 Zeugen hätten Rolf Z. identifiziert. Die Fotos 7 und 3 identifizieren eindeutig Rolf Z., Foto 13 sei von vor 10 Jahren und das Foto 36 sei ein aktuelles Foto.
Die Verteidiger lehnen weiterhin die Zeugen insbesondere die Zeugin ab und stellen einen Antrag auf ein Sachverständigen-Gutachten. Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass es den „Waffenfokus-Effekt“ gäbe, die Zeugin sei unglaubwürdig, da in einer solchen Situation man eher auf die Waffe fokussiert sei und den Angeklagten deswegen nicht identifizieren könne.
Und die Zeugin hätte einen Mann sitzend gesehen und einen Mann draußen stehend, die Größenordnungen könnten nicht stimmen. Es gäbe den sogenannten „cross race effect“, die Zeugin gehöre einer anderen Ethnie und daher sei sie nicht in der Lage den Angeklagten zu identifizieren.
Der Richter hierzu, ja es gäbe solche Theorien, man schaue sich den Antrag an.
Aus der Zuschauer-Tribüne ist zu hören: „Das kann doch echt nicht wahr sein!“, „Das ist rassistisch!“
Nebenklageanwalt Daimagüler: Das ist wissenschaftlich verbrämter Schwachsinn – ok ich nehme das zurück; das ist pseudowissenschaftlich.