Zur Person
Luke Holland ist am 04.04.1984 in Manchester geboren und war zum Zeitpunkt seiner Ermordung 31 Jahre alt. Nach seinem Jurastudium lebte er zunächst in Oxford und kam dann nach einem Japan-Aufenthalt nach Berlin. Hier galt seine Haupttätigkeit der juristischen Beratung junger Start-ups.
Lukes Vater Phil Holland schilderte seinen Sohn während des Gerichtsprozesses u.a. folgendermaßen: […] „Er war, und hätte es weiter sein sollen: intelligent, lustig, schwerarbeitend, hilfsbereit und fürsorglich. Ich wusste nicht wie fürsorglich und beliebt, bis mehr als 300 Menschen an seiner Beerdigung teilnahmen, deren Mehrheit ich nicht kannte. […] Luke hat so hart daran gearbeitet, sein Leben und das Leben anderer Menschen zu verbessern. […] Nach seinem Leben in einem hochrangigen (oder großen) Unternehmen war er endgültig dort angekommen, wo er schon immer sein wollte: er wollte junge Start-ups unterstützen und er entschied sich dafür, dies in Deutschland zu tun. Er hat 10 Unternehmen in München bei der Gründung geholfen, die jetzt erfolgreich sind. Er war Mitgründer eines Unternehmens in Berlin, das heute 14 Mitarbeiter beschäftigt. […] Luke war ein Geschenk für Deutschland und Berlin, eine Stadt, die er liebte und die sehr sicher war, wie er uns oft informierte, aber leider nicht für unseren Sohn.“
Stimmen von Freund*innen und Verwandten über Luke Holland:
„Luke war einer der guten Jungs. Er lächelte immer und hatte nie ein schlechtes Wort über jemanden zu sagen. Er hat das Leben so vieler Menschen erhellt und hatte noch so viel zu geben.“ (Thomas Götz von Ber, ein Freund aus München)
„Einer der freundlichsten, intellektuellsten und sensibelsten Menschen, die es […] Es war ein Privileg, dich zu kennen.“ (GGW, Geschäftspartner)
„Luke hat sich immer um Andere gekümmert. Ich habe beschlossen, dass auch ich Menschen so ein Gefühl geben möchte, wie er es den Menschen gegeben hat, auch wenn ich wahrgenommen habe, wie schwer das ist, […], er ist eine tolle Person, ich vermisse ihn so.“ (Kyoko Satamoto, eine Freundin aus Japan)
„Luke war für so viele Menschen etwas Besonderes. Jemand, der neben seiner Tatkraft und Intelligenz auch Charisma und Freundlichkeit besaß.“ (Tim Keech aus London, Lukes Cousin)
„Unser geliebter Neffe Luke. Mit all deinen großartigen Leistungen, allen den Leben, die du beeinflusst hast, all den Menschen, die du unterstützt und ermutigt hast und all den Herzen, die Du berührt hast, warst du viel zu jung, um von dieser Welt zu gehen.“ (Brian and Linda Keech, Lukes Tante und Onkel)
„Ich habe dich immer als großen Bruder betrachtet, Luke, du hast immer auf mich aufgepasst und mir geholfen, meinen ersten Job im Restaurant zu bekommen und hast dich auch dort um mich gekümmert.“ (James Mcleash, ein junger Nachbar aus Lymm Cheshire)
„Luke und ich waren 2006/7 Zimmerbewohner in Japan und sind seitdem enge Freunde geblieben. Luke hatte einen großen, positiven Einfluss auf mein Leben.“ (Matt T. aus Japan)
Der Ort
Ringbahnstraße Ecke Walterstraße im Stadtbezirk Neukölln von Berlin, vor der damaligen Bar „Del Rex“ auf der Straße. Der Tatort liegt im heutigen „Ausgeh-Viertel“ Nord-Neukölln in der Nähe des S-Bahnhofs Karl-Marx-Straße. Früher war diese Gegend ein ärmeres „Arbeiter*innen-Viertel“, das in den letzten zehn Jahren eine Gentrifizierung und Umwandlung in ein angesagtes „Szene-Viertel“ erlebt hat.
Neukölln ist seit Jahrzehnten ein Handlungsschwerpunkt einer verfestigten militanten Neonazi-Szene, aktuell bekannt durch die unaufgeklärte Neuköllner Serie rechten Terrors, mit Morden und unzähligen Brandanschlägen, Überfällen und ähnlichen Delikten.
In den Räumlichkeiten der Bar „Del Rex“ befand sich zuvor eine Rockerkneipe mit dem Namen „Starkstrom“, in der der Täter Stammgast war.
Die Tat
Am Morgen des 20. September 2015 kurz vor 6 Uhr stand Luke Holland vor der Bar Del Rex. Er war auf dem Weg in die Bar und hatte innegehalten, weil er einen Anruf eines Freundes aus Großbritannien erhalten hatte. Mit diesem Freund telefonierte er. Lukes Mörder trat unvermittelt auf ihn zu und erschoss ihn mit einer Schrotflinte, ohne einen vorherigen Kontakt mit dem Opfer. Der Täter hatte die Bar einige Zeit zuvor verlassen und war in einen langen Mantel gekleidet und mit einer Schrotflinte bewaffnet zur Bar zurückgekehrt.
In der Bar war der Schuss nicht zu vernehmen, aber zwei Personen, die kurz nach der Tat die Bar verlassen haben, trafen auf den Täter, der ruhig mit der Waffe in der Hand in der Nähe des sterbenden Luke Holland stand. Als er von diesen Zeug*innen angesprochen wurde, drehte er sich um und ging mit ruhigem Schritt. Trotz aller medizinischen Maßnahmen verstarb Luke nach seiner Einlieferung in das Krankenhaus Neukölln.
Es gibt Vermutungen, dass der Täter mit der Waffe in der Hand auf dem Weg in die Bar war.
Nach der Tat
Noch am Tattag wurde Rolf Z. als mutmaßlicher Mörder verhaftet, in seiner Wohnung wurden Waffen, Sprengstoff und nationalsozialistische Devotionalien gefunden. Seine Schwester hatte die Polizei verständigt, nachdem er die Tatwaffe und die bei der Tat getragene Kleidung bei ihr untergebracht hatte.
Bereits am Abend vor der Tat war Rolf Z. polizeiauffällig geworden. Er verbrachte in Oranienburg einige Zeit in einer Arrestzelle, nachdem er das dortige Mittelalterfest besucht hatte, dort gemeinsam mit Zufallsbekannten trank und einen seiner Mittrinker bedroht hatte. Wenige Stunden später ermordete er Luke Holland.
Das Gerichtsverfahren
Der Mörder Rolf Zielezinski schwieg vor Gericht – Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte ihn am 11.7.2016 nach 21 Verhandlungstagen (von März bis Juli 2016) wegen Mordes an Luke Holland „aus Heimtücke“ und wegen „Verstoßes gegen das Waffengesetz“ zu 11 Jahren und 7 Monaten Haft. „Heimtücke“ konnte das Gericht bei dem Mörder feststellen, ein Tatmotiv hingegen wollte das Gericht nicht erkennen. Die Wohnung von Rolf Z. war voller Nazi-Devotionalien, u.a. einer Hitler-Büste, diverse illegale professionell manipulierte Schusswaffen, massenweise Munition und ein Kilo Schwarzpulver. Laut Zeug*innen hatte sich Rolf Z. in der Bar Del Rex, die er ab und zu besuchte, abfällig darüber geäußert, das englisch gesprochen werde und ebenso über die Homosexualität des Barbetreibers. Seine rassistischen Einstellungen waren durch familiäre Zeug*innen bestätigt worden. Er erschoss Luke Holland, als dieser gerade auf Englisch vor der Bar telefonierte.
Ein rechtes Tatmotiv mochte das Gericht daraus nicht ableiten.
Das Gedenken
Der Prozess gegen Rolf Z. wurde von mehreren Gruppierungen begleitet, unter anderem von der Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş. Die Initiative hatte früh Kontakt zu den Eltern Rita und Phil Holland – denn es gibt eine Verbindung zwischen beiden Morden: – hierzu die Initiative:
„Direkt nach dem Mord an Luke Holland (20. September 2015) sind uns durch die Lektüre der Zeitung Ähnlichkeiten zu dem Mord an Burak Bektaş aufgefallen. Sowohl die Täterbeschreibungen als auch die Tathergänge ähneln sich: Da ist wieder Jemand, scheinbar ein älterer Typ, der erfolgreich Menschen umbringt und sich völlig entspannt vom Tatort entfernt. Das ist doch schon ein ungewöhnliches Verhalten. Der Täter blieb am Tatort stehen und ging danach seelenruhig nach Hause. Wir haben dann die Anwälte der Familie Bektaş darauf hingewiesen und so hat sich herausgestellt, dass Rolf Z. schon in der Akte zum Mord an Burak Bektaş als konkreter Hinweis auftaucht“
„Rolf Z. war schon 2006 der Polizei bekannt, bei einer Wohnungsdurchsuchung hatten sie bei ihm diverse Waffen und scharfe Munition gefunden. Wir können davon ausgehen, dass er zu dem damaligen Zeitpunkt bereits seiner „Sammelleidenschaft“ nachkam. Sein Name tauchte in Tatortnähe des Mordes an Burak Bektaş auf. Die Aussagen eines Zeugen sind dem Gericht bekannt: Rolf Z. hatte in Tatortnähe Verwandte und machte dort Schießübungen. Die Aussage weist seit dem Mord an Burak Bektaş im April 2012 auf diesen Zusammenhang hin. Und trotzdem wird diese Spur seitens des Gerichts und der Staatsanwaltschaft nicht weiterverfolgt.
Was ist den Behörden aus der Akte von 2006 bereits bekannt? Hätte ein Abgleich der vorgefundenen Waffen und Munition möglicherweise Aufschluss über einen weiteren Mord geben können? Oder sogar den Mord an Luke Holland verhindern können? Obwohl dies alles dem Gericht, der Polizei, den Staatsanwälten bekannt ist, warum werden keine Ermittlungen in diese Richtung für nötig befunden? Alle Spuren, die auf eine Aufklärung deuten, werden systematisch ignoriert. Und weiter noch, es hieß bei Gericht die Akte von 2006 sei nicht mehr vorhanden.“
Seit dem Mord veranstaltet die Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş regelmäßig ein Gedenken zu Lukes Geburts- und Todestagen. Rita und Phil Holland waren mehrmals in Berlin, auch zu Veranstaltungen zum Gedenken an Burak Bektaş. Beide Familien hatten und haben immer wieder einen sich-gegenseitig unterstützenden Kontakt.
Die Folgen: Der Tod von Rita Holland
Rita Holland, die Mutter von Luke Holland, ist am 21.10.2019 aus dem Leben gegangen, weil sie den Schmerz über den Verlust ihres Sohnes nicht mehr ertragen konnte.
Links:
Rede von Rita und Phil Holland im Jahr 2017, auf einer Gedenkveranstaltung für Burak Bektaş in Berlin – bei youtube
Pressekonferenz zu dem Morden an Burak Bektaş und Luke Holland 2016 – bei youtube
Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş: burak.blackblogs.org
Youtube-Channel der Ini: link
Presse:
11. Januar 2016 Independent: British entrepreneur was killed in Berlin for being foreign
10. Oktober 2017 the telegraph: Oxford graduate killed in Berlin by neo-Nazi who hated foreigners, inquest hears
11. Juli 2016 tagesspiegel: Über elf Jahre Haft für Angeklagten – Motiv bleibt offen
11. Juli 2017 taz: Urteil im Mordfall Luke Holland: Kein Nazi, nur Hitlerbüste
11. Juli 2016 – BZ: Über 11 Jahre Haft für brutalen Mord an einem Briten
28.10.2015 nd: Zeuge im Fall des getöteten Luke Holland erheben schwere Vorwürfe gegen mutmaßlichen Täter Rolf Z.
19. März 2016 Neuköllner: Prozessauftakt zum Mord an Luke Holland