Wir waren mit 30.000 Menschen auf den Straßen Hamburgs, gemeinsam gegen Abschiebung, Ausgrenzung und Rechte Hetze – für Bewegungsfreiheit und gleiche Rechte für alle! Die Großdemo hat Lust auf mehr gemacht, wir sehen uns am 13. Oktober auf den Straßen Berlins bei der Demonstration Unteilbar – Solidarität statt Ausgrenzung – Für eine offene und freie Gesellschaft.
Wir beteiligten uns an dem 7. von 44 Trucks, dem Truck des Netzwerks bzw. Tribunal NSU-Komplex auflösen, hinter uns war der Truck an dem sich auch die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh beteiligte, sie laden am 23. Oktober zu einer Pressekonferenz ins Haus der Demokratie in der Greifswalder Straße 2 in Berlin ein.
Redebeitrag der Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş: die Forderung nach Aufklärung bleibt!
Burak Bektaş wurde am 5.4.2012 in Berlin-Neukölln ermordet wurde. Der Tathergang und die Tatumstände deuten auf ein rassistisches Motiv und eine NSU-Nachahmungstat hin. Der Mörder ist noch immer nicht ermittelt und stellt weiter eine Gefahr dar.
Burak Bektaş wurde kurze Zeit nach der Selbstenttarnung des NSU am 4.11.2011, nach dem Bekanntwerden all der Hintergründe um die NSU-Morde und dem darin verstrickten Netzwerk von Ermittlungsbehörden, Verfassungsschutz und weiteren Geheimdiensten mit neonazistischen Strukturen, ermordet. Das gesprochene Urteil im NSU-Prozess vom 10. Juli dieses Jahres bedeutet für die Angehörigen der Opfer und die Betroffenen:
Keine Gerechtigkeit. Keine Lehren aus dem „NSU-Komplex“.
Für die Angehörigen und Betroffenen ist das Urteil des Gerichts: Kein Schlusswort
Die Forderungen der Angehörigen und Betroffenen nach Aufklärung bleibt!
Auch wir fordern Aufklärung.
Die Bundesanwaltschaft und das Gericht in München haben nicht nur nicht aufgeklärt, sie haben sogar aktiv dazu beigetragen, dass eine umfassende Aufklärung verhindert wurde. Das unbefriedigende Urteil des NSU-Prozess des Gerichts ermuntert die Neonazis weiter zu machen wie bisher. Jetzt in Chemnitz führen sie selbstbewusst den rassistischen Mob an, im Schulterschluss mit sogenannten besorgten Bürgern, der AFD und mit dem Verständnis von Politikern wie Seehofer bis Sarrazin.
Die Verstrickungen von NSU und Staatsapparat sind weitaus komplexer als während des Prozesses offengelegt werden konnte. Unklar in dieser Hinsicht sind z.B. die Hintergründe des Bombenanschlags am Düsseldorfer S-Bahnhof Wehrhahn. Ein weiterer Mord an Fevzi U. vor einer Moschee in Rheda-Wiedenbrück 2006. Der Mord an dem des 51-jährigen Ignjatowic aus Ex-Jugoslawien, der am 13. März 2000 in seinem Laden in Berlin-Wedding mit zwei Kopfschüssen erschossen wurde. Im selben Jahr hatte ein Berliner Wachpolizist an der Synagoge in der Rykestraße Beate Zschäpe und Uwe Mundlos beobachtet. In der vorgefundenen 10.000er-Liste aus der zerbombten Zwickauer Wohnung taucht auch die Adresse des jüdischen Friedhofs in Charlottenburg auf. 1998 explodierten an der Grabstätte von Heinz Galinski, dem ehemaligen Präsidenten des Zentralrats der Juden, zwei Sprengsätze und richteten großen Schaden an. 2002 folgte ein weiterer Angriff.
Recherchen weisen auf die besondere Rolle des Berliner LKA und dem Brandenburger Verfassungsschutz, die in den NSU-Komplex verstrickt sind.
Bei diesem Hintergrund muss der Mord an Burak Bektaş neu aufgerollt werden.
Nach antifaschistischen Recherchen sind bundesweite neonazistische Strukturen bis nach Berlin-Neukölln sichtbar. Ab Februar 2012 tauchten dort Drohbriefe einer sogenannten Reichsbewegung auf. Erst in den letzten Jahren wurde das Gefahrenpotential von sogenannten Reichsbürgern im öffentlichen Bewusstsein wahrgenommen. Wir gehen davon aus, dass auch dieser Aspekt bei den Ermittlungen zu Buraks Tod nicht hinreichend berücksichtigt wurde. Außerdem gab und gibt es eine Reihe von Anschlägen gegen antirassistisch und antifaschistisch engagierte Menschen in Neukölln. Der Mord an Burak Bektaş ist nach unserer Auffassung in diesem Kontext zu betrachten.
Auch der Mord an dem Engländer Luke Holland im September 2015 gehört hier eingeordnet. Der Mörder Rolf Zielezinski wurde zwar gefasst und verurteilt, seine menschenverachtende, rassistische Gesinnung hat das Gericht im Urteil nicht berücksichtigt. Rolf Zielezinski ist nachweislich ein Neonazi.
Morde ohne Motiv, rassistische und rechte Gewalt – Verharmlosung, Duldung und Deckeln derselben, das ist bittere Realität in Deutschland. Ausgrenzung von Menschen rassistische Hetze, Brandanschläge auf Geflüchtetenunterkünfte und rassistische Morde. Das nehmen wir nicht hin. Institutionalisierten Rassismus und alltäglichen Rassismus das nehmen wir nicht hin.
Nur durch Druck seitens der Initiativen und Gruppen, die sich mit den Angehörigen und Betroffenen solidarisieren und sich zusammen mit ihnen gegen das Vergessen organisieren, erreichen wir etwas. Vernetzt, bundesweit, international.
Eine Politik nach dem Motto „Staat und Nazis Hand in Hand“ darf nicht stillschweigend hingenommen werden.
Wir fordern die konsequente Umsetzung der Empfehlungen aus dem 2. Untersuchungsausschuss des Bundestages.
Wir rufen auf zur Einrichtung parlamentarischer Untersuchungskommissionen in Hamburg und Berlin.
Wir fordern die Einsetzung von unabhängigen Untersuchungskommissionen mit umfassenden Rechten zur Aufklärung rassistischer und rechter Morde und Gewalt.
Wir rufen auf zu Solidarität mit Angehörigen und Betroffenen von Nazi-Terror und rassistischer Gewalt. Niemand ist vergessen!