30. Jahrestag – In Gedenken an Silvio Meier- Grussworte der Burak-Initiative:

Liebe Freundinnen und Freunde,
30 Jahre ist es her seit der Ermordung von Silvio Meier. Silvio Meier, ermordet von Nazis am 21.11.1992 in Berlin. Der Mord an Silvio geschah nur wenige Monate nach dem Pogrom von Rostock-Lichtenhagen. Es war der Vorabend der rassistischen Brandanschläge von Mölln am 23.11.1992, bei dem Yeliz Arslan, Ayşe Yılmaz und Bahide Arslan ermordet wurden.

All dem gingen in den 1980er und 1990er Jahren eine Reihe von rassistischen Morden und Pogromen voraus, wie in Hoyerswerda ab dem 17.September. In Saarlouis starb am 19. September 1991 Samuel Yeboah bei einem Brandanschlag auf ein Geflüchtetenheim. Der Mordprozess begann erst jetzt nach 30 Jahren Kampf um Aufklärung. Am 21.11.1991 wurde Mete Ekşi in Berlin ermordet. Ramazan Avcı starb am 23.12.1985 nach dem brutalen Überfall am 21.Dezember 1985 in Hamburg. So läßt es sich fortsetzen…

Warum so weit ausholen? Weil wir alle wissen um die Geschehnisse, wissen, um der Rolle des Staates und der Politik, sowie der Rolle von Teilen der Medien. Das Ganze hat System. Silvio Meier war ein Antifaschist. Und er tat das, was getan werden muss – Nazis entgegentreten! Zivilicourage zeigen.

Aber Silvio und seine Freunde wurden damals selbst versucht als Täter hinzustellen. Sie wurden kriminalisiert, bei Prozesstagen oder auf Gedenkdemonstrationen auch angegriffen seitens der Polizei, seitens der herrschenden Politik und mancher Medien diffamiert. Zu dem Schmerz des Verlustes eines geliebten Menschen, des Sohnes, des Genossen, des Freundes wurde versucht einem den Boden unter Fußen zu reißen.

Dieses Vorgehen und diesen Umgang, das kennen wir auch von den Angehörigen der Opfer des NSU und den Überlebenden. Mit dem Bekanntwerden der NSU-Morde und dem Komplex der dahintersteckt, ist vieles zu Tage getreten über die strukturellen Hintergründe, die rassistische und rechte Morde und Gewalt ermöglichen. Sei es das Schüren einer Hetzstimmung, sei es die Straflosigkeit der Täter und Täterinnen oder sei es die Täter-Opfer-Umkehr. Es wird verharmlost, vertuscht und gedeckt. Es gilt V-Mannschutz vor Opferschutz. In Kassel war ein Mann des Verfassungsschutzes, Andreas Temme, direkt vor Ort, als der Mord an Halit Yozgat geschah. Immer wieder sehen wir: Staat und Nazis Hand in Hand. Das LKA Berlin? – Immer wieder involviert als V-Mannführer, wie bei Tino Brandt oder Thomas Starke. Oder auch allen voran im Aktenschreddern.

Der Mord an Silvio Meier traf uns im Herzen der Antirassistischen und Antifaschistischen Bewegung. Wir bewundern euren Mut und eure Kraft, dass ihr das Gedenken an Silvio hochhält. Wir kämpfen als Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş nun seit über 10 Jahren. Ein Mörder ist noch immer nicht ermittelt. Wir kritisieren die Behörden, dass im Mordfall von Burak nicht zu genüge in Richtung Nazis und Nazistrukturen in Neukölln und bundesweite Netzwerke ermittelt wurde. Wir setzen uns für das Neuaufrollen des Mordfall Burak Bektaş mit unabhängigen Ermittler:innen ein. In dem Mordfall von Luke Holland am 20.09.2015 in Berlin Neukölln wurde der Täter Rolf Zielezinski gefasst und verurteilt, jedoch das Mordmotiv der Hasskriminalität nicht anerkannt. Es wurde zu einem Mord ohne Motiv erklärt seitens des Gerichts, was zur Folge hat, dass das Urteil milder ausfällt. Hinweisen, die auf ihn als möglichen Täter weisen im Mordfall Burak, wurde nicht genügend nachgegangen. Die Brandanschlagsserien im Neukölln- Komplex sind noch immer nicht aufgeklärt. Vor allem auf Druck der Betroffenen hin ist ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingerichtet worden im Neukölln-Komplex. Auf die Ergebnisse sind wir gespannt.

Die Kontinuität rechter und rassistischer Morde, der milde Umgang mit den Täter:innen, die Verharmlosung Rechter Täter:innen, vom Entstehen des Thüringer Heimatschutz, daraus ausgehend die NSU-Morde, die Morde von München, Halle oder Hanau all dies zeigt, wie wichtig es ist, auf die Kontinuität und das System dahinter zu schauen. Dieser Komplex muss aufgelöst werden. Erinnern heisst kämpfen für Anerkennung, für Genugtuung, für Gerechtigkeit und Konsequenzen. Erinnern heißt kämpfen für eine gerechte, eine bessere Welt. Es lohnt sich wie wir sehen.

Unsere Gedanken sind mit euch den Angehörigen, den Freundinnen und Freunden und Genossinnen und Genossen von Silvio Meier.

Silvio Meier lebt in unseren Herzen und unseren Kämpfen.