„Sie werden unsere Stimmen hörbar machen, das ist unsere Hoffnung.“, so Melek Bektaş, die Mutter des ermordeten Burak Bektaş, auf dem Tribunal zum NSU Komplex im Mai 2017 in Köln
In der Nacht des 5. April 2012 wurde Burak Bektaş in Neukölln auf offener Straße kaltblütig erschossen. Burak befand sich gemeinsam mit vier Freunden auf der Rudower Straße gegenüber vom Krankenhaus Neukölln. Plötzlich kam ein weißer Mann auf die Gruppe zu, schoss auf die jungen Männer und ging weg. Zwei der Angeschossenen überlebten die lebensgefährlichen Verletzungen. Burak jedoch starb.
Ein halbes Jahr nach der „Selbstenttarnung“ des NSU lag die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Mord um eine Nachahmungstat nach dem Muster der NSU-Morde handeln könnte. Eine Konsequenz aus den Erfahrungen zum Umgang mit betroffenen Familien und Überlebenden der NSU-Morde musste daher sein, die Familie Bektaş nicht alleine zu lassen, sondern sie zu unterstützen, um ihre Stimmen hörbar werden zu lassen.
Die Demonstration im Jahr 2006 in Kassel, in der „Kein 10. Opfer“ gefordert wurde, steht zudem für das, was heute als migrantisches Wissen bezeichnet wird. Die Familien der Opfer des NSU erkannten die Verbindung schon lange, bevor alle anderen – auch wir – den NSU nach seiner „Selbstenttarnung“ wahrgenommen haben. Gehört wurden sie nicht.
Im Sommer 2012 gründete sich vor diesem Hintergrund die „Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş“. Ihre wichtigsten Aufgaben sind:
1. die Aufklärung des Mordes
2. das selbstbestimmte Erinnern an den Mord und die Errichtung eines Gedenkortes
3. die Vernetzung mit anderen Betroffeneninitiativen.
Aktuell konzentriert sich unsere Arbeit auf die kritische Beobachtung des 2022 auf Druck der Betroffenen eingerichteten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses und die bundesweite Vernetzung der Betroffeneninitiativen.
Im Untersuchungsausschuss ist jetzt schon deutlich geworden, dass die Ermittlungsbehörden und der Verfassungsschutz keine Konsequenzen aus dem offensichtlichen Versagen in den desaströsen Ermittlungen im NSU-Komplex gezogen haben.
Es wird mit diesem Personal keine Ermittlungsergebnisse geben.
Daher setzt sich die Initiative für die Forderung nach radikaler Reduktion des Polizeiapparates ein. Es ist offensichtlich geworden, dass alle Arbeit in Bezug auf Aufklärung aller Straftaten, die zum Neukölln-Komplex gezählt werden, sinnlos war. Im Fall der Untersuchungen zum Mord an Burak stellte sich heraus, dass die Ermittlungen chaotisch, halbherzig, schlecht dokumentiert und über Jahre von der Staatsanwaltschaft unkontrolliert waren.
Die Abschaffung des Verfassungsschutzes muss mit Nachdruck vorangetrieben werden. Alle Aussagen im Untersuchungsausschuss belegen, dass diese Institution keinen Betrag zur Aufklärung des Neukölln-Komplexes geleistet hat oder je leisten wird.
Das sinnlose Sammeln von Informationen, die weder ausgewertet noch für die Verhinderung oder Aufklärung von rechtsextremen Straftaten nützlich eingesetzt werden, kann eingestellt werden.
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Nachdem der Bezirk Neukölln den Bericht zurückzog veröffentlichte die taz ihn: Bericht als PDF