Hallo,
Vielen Dank für die Möglichkeit hier zu sprechen, heute, am internationalen Tag gegen Rassismus!
Burak Bektaş wurde in der Nacht vom 4. auf den 5. April 2012 hier in Berlin vor dem Krankenhaus Neukölln erschossen. Er war 22 Jahre alt.
Vier seiner Freunde haben den Mordversuch überlebt, zwei von ihnen wurden lebensgefährlich verletzt.
Die Tat ist jetzt fast 13 Jahre her, aber sie wurde immer noch nicht aufgeklärt.
Der Tatverlauf ähnelte den Morden des NSU. War das Motiv auch bei diesem Mord Rassismus?
Die Antwort auf diese Fragen bleibt die Polizei, bleibt der deutsche Staat bis heute schuldig!
„Eine Frage stellen wir uns nach all den Jahren nicht mehr.“, sagte Familie Bektaş 2021: „Hat die Mordkommission und Politik versagt? Denn sie haben versagt.“
Dieses Versagen sehen wir auch in anderen Fällen, in denen die Polizei nicht in der Lage ist, Morde mit einem rassistischen Motiv aufzuklären – wie beim NSU.
Dieses Versagen sehen wir in Fällen, in denen die Täter schnell gefunden sind, ein rassistisches oder rechtsterroristisches Tatmotiv aber nicht erkannt oder nicht beachtet wird, wie beim Anschlag auf das OEZ in München 2016, oder aktuell in Magdeburg und Mannheim.
Dieses Versagen sehen wir in Fällen, in denen es um rassistische Polizeigewalt geht, wie im Fall von Oury Jalloh.
Mamadou Saliou Diallo, Bruder von Oury Jalloh, sagte auf einer Kundgebung am 11. März: „Dasselbe System, das den NSU nicht erkennen wollte und den Attentäter von Hanau nicht stoppte, hat auch die Mörder von Oury Jalloh geschützt. Dasselbe System, das rechten Terror verharmlost, vertuscht auch die Gewalt von Polizei und Behörden. Das ist nicht einfach nur Fahrlässigkeit von Einzelnen im System. Das ist systematische Mittäterschaft.“
Immer wieder muss Aufklärung von Angehörigen und Betroffenen selbst erkämpft werden. Dies wird auch aktuell im Gerichtsverfahren zum Brandanschlag 2024 in Solingen deutlich, bei dem Kancho und Katya Zhilova und ihre kleinen Töchter Galia und Emily ums Leben kamen.
Auch Buraks Angehörige und Freund*innen kämpfen seit fast 13 Jahren unermüdlich, damit der Mörder gefunden wird. Immer wieder gehen sie auf die Straße, treten vor die Presse, verbünden sich mit anderen Betroffenen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt.
Wir laden euch ein, gemeinsam mit Buraks Familie und Freund*innen und uns als Initiative die Erinnerung an Burak wach zu halten. Am Samstag, den 5.4. jährt sich Buraks Todestag zum 13. Mal. Um 15 Uhr treffen wir uns zur Gedenkkundgebung am Gedenkort Burak Bektaş gegenüber vom Krankenhaus Neukölln. Ihr seid alle herzlich willkommen.
Im Netzwerk für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt sind wir mit anderen Betroffenen und Initiativen solidarisch verbunden. Wir hören einander zu, besuchen einander an Gedenktagen, stärken uns gegenseitig in unseren Forderungen und verbinden unsere Kämpfe. Wir wenden uns dagegen, dass Jüdinnen*Juden und Muslim*innen durch gesellschaftliche Diskurse gegeneinander ausgespielt werden.
Gemeinsam fordern wir die Anerkennung von rechten, rassistischen, antisemitischen Taten, fordern Aufklärung und Konsquenzen und unbürokratische, schnelle und kontinuierliche finanzielle Mittel durch den Staat für psychologische Hilfe, Entschädigung und Unterstützung der Betroffenen – ohne langwierige und demütigende Verfahren.
Wir erleben in Deutschland einen krassen Rechtsruck. Die meisten politischen Parteien lassen sich von der AfD vor sich hertreiben und setzen in Teilen bereits ihre Politik um.
Statt soziale Lösungen für soziale Probleme zu suchen, wird massive rassistische Hetze gegen Geflüchtete und Migrant*innen betrieben. Das ist ein Skandal und das ist beängstigend.
Wir müssen dagegen kämpfen und wir müssen füreinander da sein, aufeinander aufpassen, unsere solidarischen Netzwerke weiter stärken und so wie heute Kämpfe verbinden.
Zum Schluss möchte ich İsmet Tekin zitieren, Überlebender des antisemitischen, rassistischen und antifeministischen Anschlags von Halle und Wiedersdorf 2019 (an Yom Kippur 5780):
„Wir kämpfen gemeinsam für eine bessere Zukunft und für eine bessere Gesellschaft für uns alle, egal ob migrantisch oder deutsch. Für ein besseres Leben. Das verdient jeder Mensch.“
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