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Zum Nachhören: Open Lecture #4: Aufklärung und Konsequenzen? Hanau, Berlin-Neukölln, NSU-Komplex und Halle:

Parlamentarische Untersuchungsausschüsse im Kontext von Antisemitismus, Rassismus und Rechtsterrorismus

Die Informationen zur OpenLecture vom Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt e.V. (VBRG) vom 9. März 2022 findet ihr hier link.

Wir konnten uns mit einem Statement, was wir von einem Untersuchungsausschuß zum Neukölln-Komplex in Berlin erwarten, beteiligen. Das freut uns sehr und ihr könnt uns bei Minute 28 hören. Wir empfehlen euch natürlich die ganze Audiodatei, die fast 2 Stunden lang ist, anzuhören. Sie ist bei VBRG und NSU Watch veröffentlicht. link / mp3.

Rede am 19.02.2022 – 2 Jahre Hanau : Erinnern heißt kämpfen!

Gehalten bei der Kundgebung im Wedding am Leopoldplatz und auf dem OPlatz in Kreuzberg (Berlin)

Liebe Angehörige und Freund*innen von Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin,

wir als Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş solidarisieren uns mit euch, den Angehörigen und Freund*innen der beim Anschlag in Hanau vor 2 Jahren Ermordeten. Wir senden euch unsere innigsten solidarischen Grüße und stehen an eurer Seite im Kampf für Aufklärung und glaubwürdige Ermittlungen.

Burak Bektaş wurde am 5. April 2012 in Neukölln ermordet. Der Mord ist nun seit fast 10 Jahren unaufgeklärt. Der Tathergang erinnerte stark an die Morde des NSU und solange es keine andere Gewissheit gibt, gehen wir von Rassismus als Tatmotiv aus. Continue reading Rede am 19.02.2022 – 2 Jahre Hanau : Erinnern heißt kämpfen!

14.2.2022 – Rede der Initiative an Buraks Geburtstag

(Einige Fotos unserer Kundgebung findet ihr hier pm_cheung)

Liebe Familie Bektaş, liebe Angehörige, liebe Melek, lieber Ahmet, liebe Melike, lieber Fatih, liebe Freunde und Freundinnen.

Heute wäre Burak 32 Jahre alt geworden. Aber er wurde am 5. April 2012, wenige Schritte von hier, erschossen. Sie waren fünf junge Männer, die zufällig an dieser Stelle standen, als unvermittelt auf sie geschossen und Burak tödlich verletzt wurde. Zwei der Freunde überlebten lebensgefährlich verletzt. – Diese Tat ist so unfassbar niederträchtig und hinterhältig und wird ihre Wirkung auf die Familie und alle Freunde und Freundinnen niemals verlieren.

Wir von der Initiative für die Aufklärung des Mordes haben Burak nie kennengelernt. Burak wird beschrieben als ein fröhlicher, lustiger Mensch, der seine Familie sehr liebte und dies auch tagtäglich zeigte. Seine Zukunft wurde ausgelöscht, die seiner Freunde durch dieses schreckliche Erlebnis für immer geprägt.
Kein Tag vergeht, an dem wir nicht darüber nachdenken, warum diese Tat den jungen Männern geschehen ist. Es gibt keine Erklärungen. Und kein Tag vergeht, an dem wir nicht überlegen, wie diese Tat noch aufgeklärt werden könnte. Dazu gibt es keine Neuigkeiten. Continue reading 14.2.2022 – Rede der Initiative an Buraks Geburtstag

Kundgebung am Geburtstag von Burak Bektaş

Montag, 14. Februar 2022 / 17:30 Uhr / Gedenkort für Burak Bektaş

Rudower Straße / Möwenweg / Berlin-Neukölln (Süd). Am 14.2.2022 wäre Burak 32 Jahre alt geworden.

An seinem Geburtstag kommen wir – Freund*innen, Familie, Unterstützende und Aktivist*innen – am Gedenkort zusammen, um Blumen niederzulegen und gemeinsam Burak zu gedenken.Wir zeigen, dass Burak unvergessen bleibt.Burak kann seinen Geburtstag seit dem 5. April 2012 nicht mehr feiern, er wurde im Alter von 22 Jahren ermordet. Der Mord an Burak Bektaş und der Mordversuch an zwei seiner Freunde sind nach wie vor nicht aufgeklärt.

Buraks Todestag jährt sich dieses Jahr am 5. April zum zehnten Mal. 10 Jahre keine Aufklärung, keine Gewissheit, keine Sicherheit. 10 Jahre Kampf der Familie und Freund*innen für Aufklärung und gegen das Vergessen.

Die Forderung nach Aufklärung bleibt. Wir werden auch weiterhin fragen, war das Mordmotiv Rassismus?

Bitte tragt Masken und haltet wegen Covid 19 Abstand. Bitte bringt euch selbst Tee mit.

Offener Brief zur Beteiligung am Untersuchungsausschuss Neukölln-Komplex

An die Abgeordnetenhausfraktionen von SPD, Bündnis 90/die Grünen und Die LINKE

Wir schreiben Ihnen gemeinsam als Neuköllner Initiativen, die sich gegen die jahrelange neonazistische Gewalt im Bezirk organisiert haben. Um die Ursachen des Behördenversagens bei rechten Angriffen aufzuarbeiten, haben wir uns für die Einrichtung eines Parlamentari­schen Untersuchungsausschusses eingesetzt, der laut Ihren Koalitionsvereinbarungen nun schnellstmöglich eingesetzt werden soll.

Wir möchten unsere Forderung bekräftigen, Neuköllner Initiativen, kritische Zivilgesellschaft und Betroffene der Anschläge dauerhaft und unmittelbar an der Arbeit des Untersuchungsaus­schusses zu beteiligen. Die Abgeordneten sind zur Aufklärung auf das Wissen der Initiativen angewiesen. Und die Initiativen können ohne unmittelbaren Zugang nur sehr begrenzt kritische Begleitung und Nachforschungen leisten, die auch für die Glaubwürdigkeit der Aufarbeitung Voraussetzung sind. Notwendig ist dafür, dass alle Sitzungen und Befragungen des Untersuchungsausschusses öffentlich stattfinden.

Wir erwarten, dass bereits bei der Erteilung des Auftrags für den Untersuchungsausschuss unsere Einbindung in die Arbeit des Untersuchungsauschusses erfolgt. Wer nicht die richtigen Fragen stellt, hat keine Chance auf Erkenntnis. Dabei ist unser Input unverzichtbar.

Grundsätzlich gilt:

Wegen der Zusammenhänge der rechten Terrorserie in Neukölln seit 2016 mit Anschlägen vor 2016 (z.B. auf das Falkenhaus) muss der Untersuchungszeitraum offenbleiben.
Wegen der überregionalen Vernetzung der Tatverdächtigen sowie ihrer Aktivitäten und Straftaten außerhalb des Bezirkes müssen rechte Verbindungen, Vorfälle und Akteure in ganz Berlin und darüber hinaus in den Untersuchungsauftrag aufgenommen werden. Dazu gehören insbesondere nicht aufgeklärte rechte Straftaten (z.B. der Mord an Burak Bektaş) und auch Erkenntnisse Nicht-Berliner Behörden.
Bei dem von der BAO Fokus und den Sonderermittler*innen festgestellten Versagen der Behörden im Neukölln-Komplex muss grundsätzlich nach dem Umgang mit rechten Straftaten und Aktivitäten, rechten Vorkommnissen in den eigenen Reihen, Sympathien mit rechten Ideologien und Tätern, Verbindungen zu rechten Akteur*innen, V-Leuten etc. gefragt werden.
Das beinhaltet auch bisher nicht untersuchte Verstrickungen der Berliner Behörden in den NSU-Komplex. Hierzu gehört die Untersuchung, inwiefern die Weigerung, einen Berliner Untersuchungsausschuss zum NSU-Komplex zu bilden, problematische Arbeitsstrukturen in den Berliner Behörden begünstigt hat.
Zum komplexen Charakter des Naziterrors in Neukölln gehört auch die Beteiligung verschiedenster Behörden. Neben den verschiedenen Ebenen der Berliner Polizei (Abschnitte, Direktionen, LKA) dürfen auch die Rolle und Verantwortung von Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft nicht ausgespart werden.
Unser Bedürfnis nach Aufklärung ist dringend. Durch unsere Mitwirkung wollen wir zum Erfolg des Untersuchungsausschusses beitragen. Und uns ist wichtig, dass einem möglichen Scheitern des Untersuchungsausschusses bereits jetzt entgegengewirkt wird.

Link zu Neukölln Watch / Offener Brief

Pressemitteilung zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses „für die Aufklärung der Neuköllner Anschlagsserie“

in dem Entwurf zur Beschlussfassung des Koalitionsvertrages zwischen Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) Landesverband Berlin, Bündnis 90/Die Grünen Landesverband Berlin und DIE LINKE. Landesverband Berlin über die Bildung einer Landesregierung für die Legislaturperiode 2021–2026:

Schatten über der Aufklärung von antisemitischen, antimuslimischen, rassistischen und rechten Morden und Gewalt

„Wir werden weiterhin im Sinne der Betroffenen alles für die Aufklärung der Neuköllner Anschlagsserie tun, auch mit der schnellstmöglichen Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.“ So die einzigen und wenig aussagekräftigen Worte zur Beschlussfassung des Koalitionsvertrages zum Neukölln-Komplex. Nach einem jahrelangen Kampf der Angehörigen und Betroffenen rassistischer, rechter Morde und Gewalt in Berlin-Neukölln ist das vorsichtig formuliert ein äußerst unzureichendes Ergebnis.

Ein PUA soll es sein – Richtig so!
Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss soll im Berliner Abgeordnetenhaus eingerichtet werden, um die rechtsextreme Anschlagsserie in Neukölln, ihre Hintergründe und mögliche Fehler bei den Ermittlungen aufzuarbeiten. Darauf haben sich SPD, Grüne und Linke bei ihren Koalitionsverhandlungen geeinigt.

Wie lautet der tatsächliche Auftrag dieses PUA?
Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist eine Möglichkeit, um unabhängig ermitteln zu können. Die Einsetzung eines PUA würde auf die Ernsthaftigkeit des Willens zur Aufklärung von rechten, rassistischen und antisemitischen Morden und Gewalt weisen, die Strukturen aufdecken, Kontinuitäten aufzuzeigen und eine Grundlage bieten, um rassistische und rechte verantwortliche Täter*innen zu verfolgen und strafrechtlich zu belangen.
Ein solcher Ausschuss wäre ein wichtiger Beitrag, um Vertrauen in die Sicherheitsbehörden auch gerade in Teilen der Menschen mit Migrationsgeschichte wieder herzustellen.
Für uns stellen sich zur Arbeit des PUA noch Fragen:

  • Wie lautet der tatsächliche Auftrag dieses PUA?
  • Was verstehen die Autor*innen unter der „Neuköllner Anschlagsserie“? Warum eine Begrenzung auf die letzten fünf Jahre? Und warum sind die Morde an Burak Bektaş und Luke Holland nicht darin eingeschlossen?
  • Werden Angehörige und Betroffene daran partizipieren?

Es ist aus früheren parlamentarischen Untersuchungsausschüssen (z.B. Thüringen PUA zum NSU) bekannt, dass eine breitestmögliche Aufklärung gewährleistet werden könnte. Leider haben wir seit der Selbstenttarnung des NSU und im NSU-Prozess in München erlebt, wie der Umgang mit den Angehörigen der NSU-Opfer und Betroffenen der Anschläge in der Praxis aussieht. Dass im Zusammenhang der Aufklärung rechten Terrors, der Verstrickung von Staat und Nazis und der Rolle der Polizei und Justiz nicht auf den Grund gegangen werden will, sehen wir weiterhin im Umgang der Behörden nach Anschlägen wie in München, Halle oder Hanau.
In Berlin-Neukölln gab es diverse Brandanschlagsserien noch vor dem 5.4.2012, als Burak Bektaş ermordet wurde. Ein Mord aus rassistischen Motiven liegt nahe. Der Mord ist bis heute nicht aufgeklärt. Und der Mord an Luke Holland im September 2015 ist noch immer nicht als ein rassistischer Mord anerkannt. Werden diese Morde der „Anschlagserie“ zugerechnet? Es zeigt sich immer wieder, dass die Auseinandersetzung in Politik und Gesellschaft mit dem Thema struktureller Rassismus, Antisemitismus, Verwicklungen von Sicherheitsorganen und Nazis sowie rassistische Polizeigewalt nicht angegangen werden.

Aufklärung von rassistischen und rechten Morden und Gewalt konsequent
Wir fordern nicht nur einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des umfassenden Neukölln-Komplexes, sondern auch einen Untersuchungsausschuss zum NSU für Berlin und die Aufklärung u.a. über die Rolle des LKA Berlin. Noch lange vor dem Bekanntwerden des NSU am 4.11.2011 war das LKA Berlin verstrickt in das bundesweite Geschehen des NSU-Komplexes. Das LKA Berlin leitete beispielsweise wichtige V-Leute an, die im Umfeld des NSU aktiv waren, und war als erstes aktiv im Schreddern von Akten, die in der Aufklärung des NSU-Komplexes hilfreich gewesen wären.
Ein Versagen der Politik im Kampf gegen rassistische Morde und Gewalt, gegen strukturellen Rassismus und Antisemitismus darf nicht zugelassen werden. Nach der jüngsten Konstituierung der Ampel-Regierung im Bund soll die AfD den Vorsitz des Innenausschusses inne haben. Mit dem Vorsitz hätte die AfD, deren Teile selbst vom Verfassungsschutz beobachtet werden, die Möglichkeit, Aufklärung von rassistischen, antisemitischen und rechten Gewalttaten und Morden zu be- und verhindern. Auch hätten sie Zugang zu sensiblen Daten und Informationen. Die Ampel-Regierung muss hier ganz klare Haltung zeigen mit Wirkung auf der bundes-, landes- und kommunalen Ebene im Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus gegen Schwarze, Rassismus gegen People of Color, Antimuslimischen Rassismus und Rassismus gegen Sinti*zze und Rom*nja und im Kampf gegen rechte Morde und Gewalt.

Der Untersuchungsausschuss muss die Aufklärung von rassistischen und rechten Morden und Gewalt konsequent angehen, sich mit Rechtsextremismus in den Sicherheitsbehörden beschäftigen, rassistische und antisemitische Strukturen sowie rechte Morde und Gewalt im Kontext sehen, notwendige Entscheidungen umsetzen und mit präventiven Strategien entgegenwirken. Die Betroffenen setzen immer wieder große Hoffnungen in Versprechungen aufzuklären. Daran werden wir die neue Regierung in Berlin auch zu messen haben.

Für Aufklärung und Gerechtigkeit, kein Schlussstrich!

Informationen:
25.11.2021 rbb: Untersuchungsausschuss soll Anschlagsserie in Neukölln aufarbeiten

Koalitionsvertrag Berlin

07.12.2021 süddeutsche: AfD bekommt Vorsitz im Innenausschuss