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26. Juni 2019 Tribunal NSU-Komplex-Auflösen:

Der 11. Mord des NSU-Netzwerks? Zum Mord an Walter Lübcke

(übernommen von Tribunal NSU-Komplex-Auflösen)

Der Mord an Walter Lübcke dokumentiert das Weiterwirken des NSU-Komplexes und die fortgesetzte Existenz des niemals vollständig aufgeklärten „Netzwerks von Kameraden“, wie die Selbstbezeichnung des NSU in seinem Bekennervideo lautete. Auf die Gefahr weiterer Morde haben Betroffene und Angehörige der Mordopfer, Nebenklageanwält*innen und antifaschistische Initiativen immer wieder hingewiesen. Der Mord und die bisherige (Nicht-)Reaktion aus Politik und Sicherheitsbehörden senden die gleiche Botschaft, die für den NSU-Komplex von Beginn an prägend war: Die Betroffenen werden nicht geschützt – für die neonazistischen Netzwerke sind die Taten weitestgehend folgenlos. Jede Tat ermutigt die nächste.

Die Tatbegehung und der politische Zusammenhang erinnern dröhnend an das ein Jahrzehnt lang andauernde und durch mehr als 40 V-Männer vielfältig „betreute Morden“ des NSU (Dorothea Marx (SPD), Vorsitzende Untersuchungsschuss/Thüringen). Ähnlich wie bei den neun Morden an Migranten in den Jahren 2000-2006 wurde das arglose Opfer mit einem Kopfschuss hingerichtet. Ein Bekennerschreiben wurde nicht veröffentlicht. Der engagierte Anwalt der Nebenklage im NSU-Strafverfahren Mehmet Daimagüler hat die Parallelen zwischen dem Lübcke-Mord und Taten des NSU hinreichend klar gemacht. (br-online vom 24.6.19) „Taten statt Worte“ nannte der NSU diese Strategie, wohlwissend dass die Opfer die Botschaft genau verstanden. Zwischenzeitlich hat der Nazi Stephan Ernst den Mord zugegeben. Lübcke wurde von Ernst in Chats mit Gesinnungskameraden als „Volksverräter“ markiert, sein Name stand aber bereits vorher auf der Feindesliste des NSU.

Die herrschende Politik und die Sicherheitsbehörden haben bislang kaum etwas getan, um die Wirksamkeit dieser Botschaft außer Kraft zu setzen. Die fortgesetzte Ignoranz gegenüber rechtsterroristischen Kontinuitäten in Deutschland zeigt sich u. a. in der Rede von einer vermeintlich neuen Qualität rechter Gewalt, die der Mord an Walter Lübcke darstellen soll. Diese Sichtweise gipfelte vorerst in der Aussage von Armin Schuster, CDU-Obmann im Innenausschuss des Bundestags, wonach es sich um den „ersten rechtsextremen Mord seit dem Kriegsende“ handeln soll. (ARD v. 26.6.19) Wie bitte? Hier werden die Morde des NSU entpolitisiert und die zahlreichen Opfer rassistischer Gewalt in zynischer Weise unsichtbar gemacht.
An dieser Logik ändert die Übernahme der Ermittlungen durch den Generalbundesanwalt (GBA) nichts – im Gegenteil. Sie lässt befürchten, dass die Verharmlosung der rechten Szene und ihrer mörderischen Praxis erneut staatsoffiziell gemacht wird. Schon im Prozess gegen Beate Zschäpe und vier Mitangeklagte war der GBA ein Garant für die Nicht-Ermittlung der weitverzweigten neonazistischen Netzwerke hinter den Morden.

Antifaschistische Recherchen haben sofort offengelegt, dass Ernst engagierter Teil der lokalen Kasseler Nazi-Szene ist. Er unterhielt mindestens enge Kontakte zu Personen aus der seit 2012 wieder gegründete Terror-Struktur „Combat 18“ und der im Umfeld der Dortmunder Nazi-Band Oidoxie entstandenen Zelle „Oidoxie-Streetfighting-Crew“ oder ist selbst Teil dieser Netzwerke. Mutmaßlich decken sich somit die Unterstützerkreise mit denen des NSU. Die Frage, ob Ernst im März 2019 an einem Treffen von „Combat 18“ in Mücka teilgenommen hat, ist dabei irrelevant. Seine Einbindung in das „Netzwerk von Kameraden“ ist unstrittig. (Recherchen des Antifa-Kollektivs exif vom 17. und 26.6.19)
All diesen Erkenntnissen zum Trotz behauptete der GBA bereits nach wenigen Tagen, dass „für eine mitgliedschaftliche Einbindung des Beschuldigten in einer terroristischen Vereinigung“ bislang keine „Anhaltspunkte“ vorlägen. (PM 27/2019 v. 17.6.2019) Somit ist zu befürchten, dass wieder mit Rücksicht auf mögliche V-Personen ermittelt wird und das „Netzwerk von Kameraden“ abermals weitestgehend unberührt bleibt.

Ermittlungsdruck gegen die Naziszene? Aufdeckung und Zerschlagung rechter Netzwerke? Fehlanzeige! Damit schließt der GBA nahtlos an die Strategie der Verharmlosung und Vertuschung im NSU-Verfahren an. Bereits hier hatte der GBA entgegen der Erkenntnisse der Nebenklage, der Betroffenen und zivilgesellschaftlicher Initiativen die Legende vom isolierten Trio durchgesetzt. Vom Urteil im NSU-Prozess war eine spürbare Ermutigung der Naziszene ausgegangen – der Mord an Walter Lübcke ist ein Ergebnis davon.
Auch in die hessischen Ermittlungsbehörden und die hessische Landesregierung können (potenziell) Betroffene kein Vertrauen haben. Die schwarz-grüne Regierung hat erfolgreich die Aufklärung des Falls Temme sabotiert und die Vertuschung des Inlandsgeheimdiensts durch Sperrung der Akten bis 2044 ermöglicht. Zur Erinnerung: Temme arbeitet im von Lübcke geleiteten Regierungspräsidium Hessen, seine frühere V-Person Benjamin Gärtner dürfte mit dem Mörder Lübckes bekannt gewesen sein. Hessen ist zudem ein Hotspot rechter Netzwerke in den Sicherheitsbehörden. Ohne vollständige Aufklärung des hessischen Polizeiskandals und der Morddrohungen gegen die Anwältin Seda Başay-Yildiz können Betroffene kein Vertrauen in die Behörden haben und müssen um ihr Leben fürchten.
Wir fordern:
– Einen umfassenden und sofortigen Schutz der Betroffenen. Alle, die auf den zahlreichen Feindeslisten der Nazis stehen, müssen umgehend informiert und geschützt werden
– Die Einsetzung einer internationalen und unabhängigen Ermittlungskommission zur Aufklärung des Mords an Walter Lübcke und der Bezüge zum NSU
– Eine unabhängige Ermittlungskommission zur Aufklärung der rechten Netzwerke in der hessischen Polizei
– Umgehende Offenlegung aller hessischen Geheimdienstakten zum NSU-Komplex, insbesondere zum Fall Temme

Petition: Rechter Terror in Berlin – Untersuchungsausschuss jetzt!

Petition als PDF-Dokument / Link zur Petition

Seit Jahren überzieht eine Welle rechten Terrors den Berliner Bezirk Neukölln. Obwohl der potenzielle Täterkreis bekannt ist, werden Ermittlungen regelmäßig eingestellt. Betroffene werden trotz entsprechender Kenntnisse der Sicherheitsbehörden nicht über ihre Gefährdung informiert. Den nach Berlin weisenden Spuren des NSU-Komplexes sowie der Verwicklung Berliner Beamter darin wurde nicht nachgegangen. Der Mord an Burak Bektaș im April 2012 wurde bis heute nicht aufgeklärt.

Wir fordern deshalb mit den Betroffenen der rechten Anschläge in Neukölln die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Umgang der Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden mit dem rechten Terror durch das Abgeordnetenhaus von Berlin.
Begründung

In Berlin-Neukölln erfolgen seit Jahren rechte Terrorangriffe vor allem gegen politisch, gewerkschaftlich und zivilgesellschaftlich Engagierte. Die Angriffe reichen über Morddrohungen per Telefon und an privaten Wohnadressen bis hin zu Anschlägen auf Projekte, private PKWs und Mord.

Bei zwei Brandanschlägen im Jahr 2011 auf das Anton-Schmaus-Haus der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken Neukölln waren nur durch glückliche Umstände keine Todesopfer zu beklagen. Hinweisen auf das Umfeld des NSU sind die Ermittler bis heute nicht nachgegangen.

Im April 2012 wurde der 22-jährige Burak Bektaș im Ortsteil Britz ermordet. Obwohl es klare Hinweise auf einen rechten Tathintergrund gab, ging die Polizei lange von einem „milieubedingten“ Mord aus und vernachlässigte andere Spuren. Einen Zusammenhang mit dem 2015 von einem Rechtsextremisten begangenen Mord an dem britischen Staatbürger Luke Holland will die Polizei trotz deutlicher Indizien nicht feststellen.

Im Juni 2016 begann eine neue Terrorserie. Betroffen sind jetzt vor allem Privatpersonen aus dem zivilgesellschaftlichen Spektrum, die sich gegen Nazis engagieren. Insgesamt gab es seitdem 14 Brandanschläge auf Privat-PKWs direkt vor oder in unmittelbarer Nähe der Wohnungen von Betroffenen sowie einen Brandanschlag auf eine alternative Neuköllner Kiezkneipe und einen Wagenplatz. Auch hier war es in einigen Fällen nur dem Zufall zu verdanken, dass das Feuer nicht auf Gebäude übergriff und Menschen geschädigt wurden. Im März 2019 fanden vier Engagierte an ihren Wohnhäusern und in ihren Hausfluren gegen sie gerichtete Morddrohungen. Woher kennen die Täter die Privatadressen – selbst nach Umzug und Sperre im Melderegister?

Gegen die Berliner Sicherheitsbehörden richten sich im Zusammenhang mit den Verbrechen des NSU, dessen Spuren auch in die als besonderes gewaltbereite Neuköllner Neonazi-Szene führen, erhebliche Vorwürfe, denen in Berlin nicht nachgegangen wurde.

Auch bei der neuen, seit 2016 laufenden Angriffswelle gibt es erhebliche Versäumnisse der Behörden. Personen, die nach Kenntnis des Verfassungsschutzes von Nazis beschattet werden, werden über die ihnen drohende Gefahr nicht informiert. Hinweisen wird nicht nachgegangen, Spuren werden nicht gesichert. In Absprache mit Betroffenen eingeführte Polizeistreifen wurden ohne Ankündigung reduziert und erst nach Protest wieder aufgenommen.

Die Berliner Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlungsverfahren wegen der Anschläge entgegen anderer Zusagen nach wie vor ein.

Wie die Betroffenen der Anschläge haben wir den Eindruck, dass es sich hier nicht nur um bloße Pannen oder Unvermögen handelt, sondern dass möglicherweise Personen in den Sicherheitsbehörden die Ermittlungen hintertreiben. Angesichts einer Gruppe „NSU 2.0“ in der hessischen Polizei und eines Berliner Staatsschutzbeamten, der seine Korrespondenz mit einem abgekürzten Hitlergruß unterschrieben hatte, kann nicht ausgeschlossen werden, dass es entsprechende rechte Netzwerke auch in den Berliner Sicherheitsbehörden gab oder gibt.

Wir sind deshalb der Meinung, dass nur ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses mit seinen besonderen Rechten zur Akteneinsicht und zur Zeugenvernehmung hier vollständige Aufklärung schaffen kann, damit der rechte Terror in Berlin-Neukölln und in den übrigen Berliner Bezirken ein Ende findet!

Grußwort zur Kundgebung in Gedenken an Semra Ertan am 26.05.2019 in Hamburg

Liebe Freundinnen und Freunde,
wir senden euch als Initiative zur Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş unsere Solidarität und erinnern mit euch Semra Ertan, ihrer Person und ihrer Gedichte, ihrer Geschichte:
Die Geschichte eines todbringenden Rassismus und des Protestes von Semra Ertan.
Die Angehörigen und Freundinnen und Freunde von Semra Ertan fordern die Benennung einer Straße und das Anbringen einer Gedenktafel, um an Semra Ertan zu erinnern.
Wir solidarisieren uns mit eurer Forderung Ihre Botschaft weiterzutragen.
Semra Ertan ist Dank euch sichtbarer Teil unserer Geschichte und unseres andauernden Kampfes gegen Rassismus.
Wir haben nicht Vergessen.
So steht es geschrieben im Fluss der Geschichte:
Angehörige und Betroffene rechter-rassistischer Morde und Gewalt und Initiativen stehen zusammen und klagen an und fordern Aufklärung, Genugtuung und Gerechtigkeit.
Das tun wir im Fall des rassistischen Mordes an Burak Bektaş.
Das tun wir im Fall des ermordeten Süleyman Taşköprü in Hamburg vom NSU.
Das tun wir im Fall aller Opfer rassistischer und rechter Morde und Gewalt, wie auch im Fall des Ramazan Avcı, Yeliz und Bahide Arslan und Ayşe Yılmaz….
Und das tun wir auch im Fall der Semra Ertan und um der rassistischen Zustände in Staat und Gesellschaft.

Solidarische Grüße
Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş

24. Mai Gedenkdemo für Dieter Eich – Gegen Nazis und Sozialchauvinismus!

Freitag, 24. Mai 2019 | 17.00 Uhr | S-Bhf. Buch
Anreise aus der Innenstadt: 16:30 Uhr S-Bhf. Gesundbrunnen

In der Nacht vom 23. auf den 24.05.2000, feierten vier Jungnazis eine Wohnungseinweihungsfeier. Bereits vor Beginn der Feierlichkeit beleidigten sie beim Alkoholeinkauf einen Migranten und brüllten »Sieg heil!«-Rufe aus dem Fenster der Wohnung. Im Laufe des Abends beschlossen sie „einen Assi zu klatschen“ und verprügelten den damals 60 jährigen Dieter Eich, welcher im selben Aufgang wohnte. Dieser war zu jenem Zeitpunkt erwerbslos und galt im Viertel als »Trinker«. Später gingen sie ein weiteres Mal in seine Wohnung und erstachen ihn, damit er sie bei der Polizei nicht anzeigen konnte.

Rechte behaupten oft von sich, für sozial schwache Deutsche einzustehen. Die Realität sieht anders aus: Dieter Eich musste sterben, weil er aufgrund seiner Erwerbslosigkeit und seiner Alkoholkrankheit nicht in das rechte Weltbild seiner Mörder passte. Dem Mord lag die nationalsozialistische Vorstellung von »wertem« und »unwertem« Leben zugrunde. Die zahlreichen Angriffe auf Wohnungslose zeigen, dass nicht nur rechte Schläger ihre Opfer aufgrund von Schwäche und »geringer Leistungsfähigkeit« angreifen.

So starben seit dem Mauerfall mindestens 505 Wohnungslose durch gewalttätige Angriffe, in 26 Fällen davon nachweislich durch Nazis. Die Täter unterscheiden sich, ihre Motive sind jedoch dieselben: Die sozialdarwinistische Vorstellung, finanziell schwächere Menschen sowie Erwerbs- und Wohnugslose seien selbst Schuld an ihrer Situation und daher verachtens- oder gar nicht lebenswert. Dieser Vorstellung gilt es entgegenzutreten.

Die Mörder Dieter Eichs wurden zwar gefasst und verurteilt, allerdings leugneten die Behörden die rechte Motivation des Mordes über viele Jahre hinweg. Erst nachdem eine Forscher*innengruppe der TU Berlin den Fall erneut untersucht und im Mai 2018 eindeutig als rechten Mord eingestuft hatte, kam auch die Berliner Polizei nicht mehr umhin, ihn auf die mittlerweile neun Fälle zählende Liste der behördlich anerkannten Todesopfer von Neonazis in Berlin seit 1990 zu setzen. Dennoch sind damit noch immer nicht alle Fälle erfasst, die unabhängige Stellen (Amadeu Antonio Stiftung, Tagesspiegel und Zeit) recherchiert haben. Wir fordern weiterhin eine Anerkennung von allen Todesopfern rechter Gewalt. Aber auch unabhängig vom Eingang in Statistiken ist es wichtig, die Betroffenen rechter Gewalt nicht zu vergessen und eine solidarische Bewegung gegen soziale Ausgrenzung aufzubauen, um konsequent und radikal gegen den faschistoiden Zeitgeist vorzugehen. Kommt darum am 24. Mai mit uns nach Buch. Niemand ist vergessen!

23.05.2019 Veranstaltung: Rechter Terror in Neukölln – Untersuchungsausschuss jetzt!

im Rahmen des ONK / offenes Neukölln – Festival vom 24.-26. Mai 2019

Lesung, Vortrag & Diskussion mit von rechter Gewalt betroffenen Neuköllner*innen

Donnerstag, 23. Mai 19:00 – 22:00 Uhr

Gemeinschaftshaus Gropiusstadt, Bat-Yam-Platz 1 (U Lipschitzallee)

Seit vielen Jahren gibt es immer wieder Wellen rechten Terrors in Neukölln.
Warum erfahren Betroffene nichts von den Erkenntnissen der Behörden? Warum versagen diese bei der Verfolgung? Warum wurde der NSU-Komplex in Berlin nie aufgeklärt? Welche Beziehungen zwischen Behörden und extremen Rechten gibt es?
Die Betroffenen rechter Anschläge fordern einen Untersuchungsausschuss im Abgeordnetenhaus. Dafür brauchen wir breite Unterstützung und laden ein zum Podiumsgespräch mit Information und Diskussion.

Zur Petition „Rechter Terror in Neukölln – Untersuchungsausschuss jetzt!“

12.05.2019 Kundgebung: In Gedenken an Ufuk Şahin

(Aufruf in deutsch und türkisch)

Vor 30 Jahren, am 12. Mai 1989, von einem Rassisten im Märkischen Viertel ermordet.

So. 12. Mai 2019 – Kundgebung // 13 Uhr – Wilhelmsruher Damm 224-228 – U/S-Bhf. Wittenau – (U8-Endhaltestelle, S1, S26)

Am 12.05.1989 wird Ufuk Şahin, ein 24-jähriger Berliner, Vater eines 2-jährigen Sohnes, im märkischen Viertel auf dem Fußweg vor dem Haus Wilhelmsruher Damm 224 von einem Rassisten aus der Nachbarschaft erstochen. Der Nachbar offenbart bei der Tat und auch wieder im späteren Prozess seine rassistischen Motive.

Unmittelbar nach dem Mord organisieren Angehörige, Freund*innen und Nachbar*innen eine Demonstration: am 19. Mai 1989 ziehen 1500 Menschen durch das Märkische Viertel. Einen Tag später, am 20. Mai demonstrieren fast 10.000 Menschen am Rathaus Schöneberg, dem damaligen Regierungssitz West-Berlins gegen den eskalierenden Rassismus. Schon in den 1980er Jahren häufen sich rassistische Morde in den westdeutschen Großstädten. In der Folge dieses und weiterer Morde beginnen jüngere Berliner*innen, sich in Selbstschutz-Gruppen zu organisieren.

Im Oktober 1989 wird der Täter Andreas Sch. zwar zu 5 Jahren Haft verurteilt, ein rassistisches (damals “ausländerfeindliches”) Motiv kann die Richterin Eschenhagen jedoch nicht erkennen, obwohl Andrea Sch. im Gericht als Motiv Ärger über “all die Kanaken” geäußert hatte.

Der Mord an Ufuk Şahin steht für uns stellvertretend für die vielen rassistischen Morde und Gewalttaten seit den 80er Jahren und den Umgang der Strafverfolgungsbehörden und der Gesellschaft mit ihnen: Oft unaufgeklärt, vertuscht, ihrer politischen Bedeutung enthoben. Morde wie die des NSU, haben uns gezeigt: Deutsche Täter morden mit rassistischen Motiven, dies darf aber nicht ermittelt und erkannt werden. Strafverfolgung wird auf das nicht-vermeidbare beschränkt. Die rassistischen Motive und die unhaltbaren deutschen Zustände (von Diskriminierung und Ausgrenzung bis zu Gewalt und Mord) will die Mehrheitsgesellschaft nicht wahr haben.

Die Opfer und Betroffenen werden alleine gelassen, immer wird sind sie es sogar, gegen die ermittelt wird und nicht zu selten werden sie ignoriert oder vergessen.

Auch an Ufuk Şahin erinnert seit Jahrzehnten nichts im öffentlichen Raum und Leben von Berlin. Dies möchten wir ändern:

Wir möchten mit Euch/Ihnen gemeinsam an seinem 30. Todestag an Ufuk Şahin erinnern.

Kommt am 12.05.2019 um 13 Uhr Wilhelmsruher Damm 224-228 in Berlin/Märkisches Viertel

(neben U-Bahn/S-Bahn-Wittenau – U8-Endhaltestelle, S1, S26)

++++

Ufuk Şahin anısına miting
Otuz yıl önce, 12 Mayıs 1989’da, Märkisches Viertel’de bir ırkçı tarafından katledilen

12 Mayıs 2019 Pazar günü
Saat 13 – Wilhelmsruher Damm 224-228 – U/S-Bhf. Wittenau

12.05.1989’da, 2 yaşındaki bir oğlunun babası olan, 24 yaşındaki Berlinli Ufuk Şahin, mahalledeki bir ırkçı tarafından Wilhelmsruher Damm 224’ün önünde bulunan Märkischer Viertel semtinde bıçaklanarak öldürüldü.
Cinayetin hemen ardından akrabalar, arkadaşlar ve komşular bir yürüyüş düzenlediler. 19.05.1989’da 1500 kişi yürüyüşe katildi. Ertesi gün Rathaus Schöneberg’de artan ırkçılığa karşı yaklaşık 10.000 kişi protesto yaptı. 1980’de Batı Alman şehirlerinde ırkçı cinayetler yaygınlaştı.

Ekim 1989’da, Faili Andreas S. 5 yıl hapis cezası almisdir, ancak ırkçı bir sebep olarak, yargıcın »Kanacken« üzerindeki bir öfke olarak Andreas mahkemede ifade etmesine rağmen, yargıç kabul etmedi.

Ufuk Şahin cinayeti, 1980’lerden bu bu güne kadar birçok ırkçı cinayeti ve şiddet eylemini ve kanun uygulayıcı kurumların onlarla başa çıkma tarzını temsil ediyor. aydınlatılmamış ve kapatılmış davalar siyasi önemlerinden kaldırıldı. NSU cinayetleri bize Alman katillerini ırkçı güdülerle öldürdüğünü göstermiştir. Bu göz ardı ediliyor. Irkçılar ve Alman makamları toplum kabul etmek istemiyor. Mağdurlar ve akrabaları yalnız bırakılmıştır. Birçoğu kendilerine karşı soruşturulmustur ve çoğunlukla unutulumus.
Ufuk Şahin için hala bir anma günü yok. Bunu değiştirmek istiyoruz. 30. Ölüm yıldönümünde Ufuk Şahin’i anmak istiyoruz. Sizlerle beraber 12.05.2019 tarihinde saat 13: 00’de Wilhelmsruher Damm 224’e yürüyüşü protestosu düzenlemek istiyoruz.

18. Mai – Irkçılığa karşı gösteri – Saat 13 – U/S-Bhf. Wittenau

Mahnwache am Montag, den 06.05.2019

Wir treffen uns am Montag von 18-19 Uhr vor dem Rathaus Neukölln zu
einer Mahnwache.

Wir fordern den Neuköllner Bezirksbürgermeister Martin Hikel auf
Stellung zu beziehen gegen Lügen die am 8.4.2019 im Berliner Kurier über Burak Bektaş verbreitet wurden und anscheinend aus der Polizei heraus gestreut wurden. Die Mutter von Burak: „Für unsere ganze Familie ist diese Lüge eine Ungeheuerlichkeit und eine weitere schwere Verletzung. Wir erwarten von dieser Zeitung und von der Polizei, dass es eine Richtigstellung gibt.“

Wir fordern die Polizei auf, diesen Vorfall aufzuklären und eine Richtigstellung zu veröffentlichen. Ebenso fordern wir den Berliner
Kurier auf, eine Richtigstellung zu veröffentlichen.
Der Vorfall unterstreicht die Forderung nach einem Parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Es ist aufzuklären, was in Berlin-Neukölln seit Jahren die Aufklärung von rechten/rassistischen Morden, Anschlägen und Angriffen verhindert.

Redebeitrag des Anwält_innen-Teams

zum direkt Anhören:

zum Herunterladen: archive.org (mp3 | ogg)

Nachtrag – Gedenkkundgebung zum 7.Jahrestag der Ermordung Burak Bektaş

Vielen Dank für die Einladung erstmal. Wir haben einen gemeinsamen Redebeitrag des Anwält_innen-Teams vorbereitet, in dem ich noch ein-zwei persönliche Anmerkungen habe.

Liebe Freundinne und Freunde,
wir freuen uns hier auf der Kundgebung sprechen zu dürfen. Der Mord an Burak ist nun 7 Jahre her und in dem Ermittlungsverfahrungen tut sich gar nichts. Würde die Familie, würdet ihr alle nicht darauf bestehen, dass der Mord aufgeklärt wird, wäre das Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft längst eingestellt worden.

Zu keiner Zeit wurde konsequent und systematisch ermittelt. Die Ermittlungsakte, die wir einsehen dürfen, ist ein Stückwerk, in dem nicht dokumentiert ist, warum die Mordkommission welche Ermittlungsansätze verfolgt. Beinahe beliebig werden unterschiedliche Vorgänge hintereinander geheftet und nicht gemeinsam und systematisch ausgewertet. Telefonnummern z.B. die zur Tatzeit in Funkzellen um den Tatort herum eingeloggt waren wurden zwar ermittelt, allerdings dann nur bei wenigen die Inhaber ermittelt. Warum bei anderen nicht, ist nicht klar. Was weiter mit den ermittelten Namen geschah ist auch nicht klar. Derartiger Beispiele gibt es einige in den Akten.

Besonders enttäuschend sind aus unserer Sicht die Ermittlungen, was die Überprüfung eines rechten Motivs angeht. Hier ist die Mordkommission des LKA 1 natürlich auf die Zusammenarbeit derjenigen angewiesen, die sich mit der rechten Szene auskennen sollten, dem Staatsschutz des LKA. Und hier taucht aus meiner Sicht ein neues Problem auf. Was wenn die Ermittlerinnen und Ermittler des Staatsschutzes selber Rechtsradikal sind oder zumindest sich nicht von dieser Szene abgrenzen. Wenn sich Beamte dort gegenseitig Textnachrichten mit neonazistischen Codes schreiben, oder sich für das neue Jahr den Rat geben sich von dem „Gutmenschen-Pack“ fernzuhalten.

Was, wenn der Rassismus auf dieser Dienststelle immer wieder allgegenwärtig und spürbar ist. Wenn Beamtinnen oder Beamte selbst Drohbriefe gegen Linke verfassen und Namenslisten von Linken, die von der Polizei ermittelt werden kurz danach auf Rechtsradikalen Blogs veröffentlicht werden. Für all das ist der polizeiliche Staatsschutz in Berlin leider bekannt. Die Kriminologische Wissenschaft bezeichnet diese Konstellation als Problem des sogenannten „Confirmation Bios“, das Problem vorurteilsbelasteter Ermittlungen, die von einer bestimmten Hypothese ausgehen und eine andere nicht in Betracht ziehen. Und dieses Problem scheint im Süden Neuköllns und gerade im Mordfall Burak Bektaş leider sehr an der Tagesordnung zu sein.

Wir hoffen natürlich wie die Initiative, sie hat es gesagt, dass die Einrichtung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses dem etwas entgegen wirken könnte. Es ist aber auch klar denke ich, dass wir uns auf die staatlichen Ermittlungsstrukturen bei möglicherweise rassistisch motivierten Taten noch nie verlassen konnten. Wenn wir an die NSU Ermittlungen denken, wo die Ermittlungsgruppen SoKo Halbmond oder BAO Bosporus genannt wurden, das ist aus meiner Sicht immer noch eine sehr deutliche Sprache was die Negierung rechter Gewalt in Deutschland angeht.

Wie könnte es auch anders sein, wenn staatliche Strukturen und erneut fällt natürlich neben den Verfassungsschutzbehörden auch der Staatsschutz des Landeskriminalamtes Berlin hierbei auf, teilweise an der Bildung und Aufrechterhaltung rechter Strukturen selbst erheblichen Anteil haben, diese mitfinanzieren und decken. Die Oury Jalloh Initiative hat irgendwann angefangen selbst Ermittlungen aufzunehmen und in Auftrag zu geben. Und vielleicht wird das in dem Mordfall Burak Bektaş irgendwann auch noch mehr nötig sein.

Bis dahin -und hier spreche ich für das Anwältin-und Anwälte-Team- werden wir versuchen den Druck auf die Behörden, auf die Polizei und auf die Staatsanwaltschaft soweit wie möglich aufrechtzuerhalten.
Vielen Dank

Berlin, den 7.4.2019

Stellungnahme von Initiativen, Überlebenden und Angehörigen zum Artikel im Berliner Kurier vom 8.4.2019

– bezüglich der Falschmeldungen im Fall Burak Bektaş:

Burak Bektaş wurde vor sieben Jahren am 05.04.2012 auf offener Straße von einem weißen Mann kaltblütig erschossen. Seine Freunde Jamal und Alex überlebten die Schüsse mit lebensgefährlichen Verletzungen. Die Ermittlungen der Berliner Polizei und der Berliner Staatsanwaltschaft sind nach sieben Jahren ohne Ergebnis. Der Mörder läuft möglicherweise immer noch frei herum oder wurde nicht verurteilt.
Fakt ist, dass es sich bei dem Mord an Burak und dem 4-fachen Mordversuch an seinen Freunden, NUR um ein rassistisches Mordmotiv handeln kann, da alle anderen Motive von den ermittelnden Behörden schon innerhalb der ersten Wochen nach der Tat ausgeschlossen wurden.
Der Angriff auf Burak und seine Freunde erfolgte nur wenige Monate nach der Selbstenttarnung des NSU. Da der Hinrichtungscharakter der Mordtat eine Ähnlichkeit zur NSU-Mordserie aufweist, könnte es sich ebenfalls um eine NSU-Nachahmungstat gehandelt haben. Genau wie schon beim NSU hat die Polizei wieder nichts Besseres zu tun, als das Opfer und seine Familie zu kriminalisieren und den Tätern fragwürdige Motive jenseits von Rassismus zu unterstellen.

Jahre vor dem Mord an Burak und auch danach machte Neukölln Schlagzeilen mit Drohbriefen und Brandanschlägen von Reichsbürgern und Nazis gegen Migranten – wie zuletzt bekannt wurde, sogar mit Wissen der Behörden (im Fall des Brandanschlagopfers Ferhat Kocak). Hinzu kommt die aktuelle Berichterstattung über private Treffen eines LKA-Beamten mit einem Hauptverdächtigen in der Brandanschlagsserie, der bis heute noch immer nicht zur Verantwortung gezogen wurde.

Der Berliner Kurier behauptet in seinem Artikel vom 8.4.2019 Informationen aus dem Polizeiapparat zu haben, nach denen es sich bei dem Mordfall von Burak Bektaş um eine “brutale Racheaktion für einen misslungenen Raubüberfall handeln könnte, an dem Bektaş beteiligt gewesen sein soll”, während Polizeibeamte mit rechtsextremen Tätern Absprachen treffen!

Die Mutter von Burak Bektaş ist entsetzt über die öffentlich verbreiteten haltlosen Verdächtigungen gegen ihren Sohn: “Für unsere ganze Familie ist diese Lüge eine Ungeheuerlichkeit und eine weitere schwere Verletzung. Wir erwarten von dieser Zeitung und von der Polizei, dass es eine Richtigstellung gibt.”

Wir rufen dringend dazu auf, die Stellungnahme der Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş und die Forderungen nach Aufklärung und Richtigstellung durch die Familie Bektas gegenüber der Berliner Polizei und dem Berliner Kurier zu unterstützen.
Die Zustände der Berliner Polizei – vor allem in Neukölln – sind schon seit Längerem alarmierend!
Die Falschmeldungen mit Diffamierung von Burak Bektaş kommen einem erneuten Angriff gleich.

Wir teilen die Einschätzung der Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş: „Sollten die Quellen des Kuriers tatsächlich in der Polizei verortet werden können, würden aus dem Polizeiapparat heraus Lügen ohne tatsächliche Anhaltspunkte bei Journalist*innen lanciert, die das Andenken Buraks beschädigen sollen.“ Trifft dies zu, werden aus dem Polizeiapparat heraus unwahre Behauptungen an Journalist*innen verbreitet, die das Andenken Buraks beschädigen sollen. In diesen Behauptungen wird Burak ein weiteres Mal vom Opfer zum Täter gemacht.

Wider besseren Wissens so etwas zu behaupten ist ein Skandal und hat nur zum Ziel, falsche Informationen in die Welt zu setzen, um eine rechte und rassistische Stimmung anzuheizen und eine Schmutz-Kampagne gegen Burak, die Familie Bektaş und alle Unterstützer_innen loszutreten.
Wir fordern die Polizei auf, diesen Vorfall aufzuklären und eine Richtigstellung zu veröffentlichen.
Ebenso fordern wir den Berliner Kurier auf, eine Richtigstellung zu veröffentlichen.

Der Vorfall unterstreicht erneut die Forderung der Burak Bektaş Initiative nach einem Parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Es ist aufzuklären, was in Berlin-Neukölln seit Jahren die Aufklärung von rechten/rassistischen Morden, Anschlägen und Angriffen verhindert.
Und er zeigt einmal mehr, dass der Polizeiapparat aus seinem systematischen Versagen im NSU-Komplex offenbar rein gar nichts gelernt hat. Von einer Polizei, die ihre Ermittlungen entlang rassistischer Schablonen führt, ist allem Anschein nach keine Aufklärung zu erwarten.

Wir fordern Aufklärung und Genugtuung für Burak Bektaş und seine Angehörigen.

Faruk Arslan, verlor bei dem rassistischen Brandanschlag in Mölln 1992 seine Mutter seine Mutter Bahide Arslan, seine Tochter Yeliz Arslan und seine Nichte Ayşe Yılmaz.
Ibrahim Arslan, Überlebender des rassistischen Brandanschlages von Mölln 1992, Aktivist und Botschafter für Demokratie und Toleranz
Initiative in Gedenken an Oury Jalloh
Bündnis „Tag der Solidarität“ – Gedenken an die Opfer des NSU Terrors, Dortmund
Initiative für die Aufklärung des Mordes an Süleyman Taşköprü, Hamburg
Initiative zum Gedenken an Ramazan Avcı, Hamburg
Initiative zum Gedenken an Semra Ertan, Hamburg
Freundeskreis im Gedenken an die rassistischen Brandanschläge von Mölln 1992, Hamburg