Gedenkiniative: Aktives Gedenken in Lichtenberg – Kurzer Redebeitrag zum Gedenken an Burak Bektas / 12. Todestag.

Liebe Familie Bektas, liebe Freunde und Engagierte. Danke das ich hier sein darf, um über rechte Kontinuitäten und Rassismus bei uns im Nachbarbezirk Lichtenberg zu sprechen.

Die Gedenkinitiative “Aktives Gedenken in Lichtenberg”, ist ein Bündnis aus Lichtenberg, die sich dem Gedenken an Todesopfer rechter und rassistischer Gewalt verschrieben hat.
Wir gedenken Kurt Schneider, der 1999 am Urnenfriedhof von einer Gruppe Neonazis verfolgt und getötet wurde. Wir gedenken Eugeniu Botnari, der 2016 von dem Filialleiter des Edeka im Bahnhof Lichtenberg aus rassistischen und sozialchauvinistischen Motiven zu Tode geprügelt wurde. Seit vielen Jahren setzen sich Engagierte aus dem Kiez dafür ein, das Gedenken wach zu halten. Wir wollen um die Opfer trauern, und aufklären, wie groß die Gefahr des Rassismus ist. Nach vielen Jahren Gedenkarbeit, konnten wir bei Kurt Schneider eine Gedenktafel am Urnenfriedhof Lichtenberg installieren, und haben die Platzbenennung an Eugeniu Botnari am Bahnhof Lichtenberg erreicht.
Wir wissen aus der eigenen Arbeit wie zäh und mühsam solche Verfahren sind, aber wie wichtig es ist, das Gedenken wach zu halten und in der Stadt einen Raum, einen Platz zu haben, um innezuhalten.
Was uns aufgefallen ist: die Gedenkarbeit ist weitaus schwieriger, wenn der getöteten Person wie so oft die offizielle Anerkennung als Opfer rechter Gewaltverwehrt wird.
Dass sich Politik und Gesellschaft mit Benennung von Taten als rassistisch oder extrem rechts schwertut, zeigen auch eine Serie von Kellerbränden in Hohenschönhausen. Ich möchte euch nun von einer Brandserie im nördlichen Teil Lichtenbergs berichten, der uns seit über einem Jahr besorgt und Angst macht.

In Hohenschönhausen wurden seit Anfang 2022 mehr als 20 Keller in Brand gesteckt. Die Tatverdächtigen sind als rechte junge Männer im Bezirk bekannt. Sie haben geplant einen Geflüchtetenunterkunft anzugreifen und haben rassistische Drohschreiben verfasst, dass es weiter brennen würde, wenn die Migrationspolitik nicht gestoppt wird. Mehrfach sind sie mit rassistischen Aussagen, Hitlergrüßen und Brandstiftungen auffällig geworden. Angezündet wurden Müllcontainer, öffentliche Toiletten aber vor allem große Wohnhäuser mit jeweils über 20 Familien. Mehrere Familien verloren ihre Wohnungen, wurden mitten in der Nacht aufgeschreckt, weil sich der Rauch im Gebäude ausbreitete. Mehr als etwas Entschädigung für von Rauch und Löschwasser beschädigten Möbel gab es für Betroffene nicht. Die ständige Bedrohung als migrantische Bewohner*innen im Wohnhaus fand auch vor Gericht keine Ankerkennung- nein im Gegenteil die Betroffenen noch im Zeugenstand von einem der Tatverdächtigen verhöhnt und rassistisch beleidigt. Die Angst vor weiteren Bränden ist real.

Klar ist, dass nur durch massive Ermittlungsfehler der Hauptverdächtige in einem ersten Verfahren der Brandstiftung freigesprochen wurde. Ein Prozess gegen die restlichen Verdächtigen steht weiterhin aus, Betroffene warten seit Monaten vergeblich auf Klarheit. Stattdessen brennt es in Hohenschönhausen weiter.

Es ist nur schwer erträglich, dass diese Brände immer noch als Einzelfälle abgetan werden, oder davon berichtet wird ohne auf das geschlossen rechtsextremes Weltbild zu verweisen. Weder Bezirkspolitik noch Polizei scheinen sich für rechten Terror in migrantisierten Plattenbausiedlungen verantwortlich zu fühlen. Es zeigt sich mal wieder, dass Rassismus als zentrale Bedrohung für unsere Gesellschaft immer noch nicht in seiner Gefahr verstanden und ernst genommen wird. Nur durch die Aktiven vor Ort, wurden die Brände im Bereich des Rechtsextremismus kontextualisiert und eingeordnet. Weiterhin gibt es keine Informationen von Politik und Polizei für die Anwohner*innen, die weiterhin in der Sorge vor neuen Bränden leben müssen. Es zeigt sich erneut, dass wir uns nicht auf die Sicherheitsbehörden verlassen können. An dieser Stelle möchte ich nicht auslassen, darauf zu verweisen, dass die geistigen Brandstifter*innen in den Parlamenten sitzen. Rechte Parteien, allen voran die AfD haben dazu beigetragen den Hass gegen Minderheiten zu schüren und zu befeuern. Im Kontext der anstehenden Europawahl wird die rassistische Stimmungsmache weiter angeheizt werden.

Wir sind besorgt über rechte Kontinuität, die weiterhin Fahrt aufnimmt und längst im Alltag der Menschen verankert ist. Wir brauchen die Benennung und Verurteilung von rassistischen und rechtextremen Taten. Wir brauchen die Entschlossenheit Rassismus zu bekämpfen und Solidarität mit all jenen die davon betroffen sind. Das heißt für uns in aller erste Linie, dass wir über unseren Schatten springen müssen, ins Gespräch kommen mit den Nachbar*innen, ihnen mal eine Tasse Kaffee anbieten und fragen wie sie sich fühlen im Block, im Haus und in der Nachbarschaft. Eine solidarische Nachbarschaft ist die beste Voraussetzung, rechter Gewalt die Stirn zu bieten.

Wir gedenken heute an Burak Bektas.
Wir trauern mit den Angehörigen und Freund*innen.
Wir stehen zusammen und haben Hoffnung für eine solidarische Gesellschaft.