Grußbotschaft an Familie Kubaşık und an das Bündnis Tag der Solidarität – Kein Schlussstrich Dortmund

zum 15. Jahrestag der Ermordung von Mehmet Kubaşık

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Heute vor 15 Jahren wurde Mehmet Kubaşık ermordet. Der Mord brachte ein unermessliches Leid über die Familie Kubaşık. Und es gibt keine ausreichend beschreibende Bezeichnung für die Erfahrungen, die der Familie im Anschluss an den Mord durch die Ermittlungsbehörden zugemutet wurden. Ihre Bereitschaft und Offenheit bei der Aufklärung des Mordes an Mehmet Kubaşık mitzuwirken stieß auf massive rassistische Vorurteile und einem tief verankerten institutionellen Rassismus.

Die Ermittlung und Strafverfolgung folgte einer rassistischen Kontinuität. Schon seit Anfang der 90er Jahre wurde eine Tradition in Deutschland
deutlich, nämlich die der Vernachlässigung der Ermittlung rechter Täter bei Straftaten, das öffentliche Ausschließen rassistischer Motive und der aufwendig betriebenen Suche nach den Täter*innen bei den Opfern und ihrem Umfeld.

So geschah es auch bei der Mordserie durch den NSU. Über fast 6 Jahre konnte der NSU ungehindert Morde begehen. Und erst knapp 6 Jahre danach konnten die Morde der rechtsextremen Terrororganisation NSU – nach deren Selbstenttarnung – zugerechnet werden. Und noch einmal 6 Jahre später, am Ende des NSU-Prozesses kann weder gesagt werden, dass der NSU-Komplex mit seinen beteiligten rechten Strukturen aufgelöst noch die Verantwortung von Staat und Gesellschaft aufgeklärt wäre.

Das Bemühen der Prozessbeteiligten, im NSU Prozess weitere Hintergründe der Taten und auch des staatlichen Versagens aufzuklären, wertete Bundesanwalt Diemer als „Fliegengesurre“. Dass der gleiche Mensch als Experte in der Kommission des Berliner Senates zur Aufklärung der rechten Terrorserie in Berlin- Neukölln aufgestellt wurde, spricht für sich. Es hat sich nichts geändert!

In Berlin-Neukölln gibt es seit 11 Jahren eine Reihe ungeklärter rassistischer, rechter und antisemitischer Angriffe, Brandstiftungen, Bedrohungen und auch Morde. Burak Bektaş wurde kurz nach der Selbstenttarnung des NSU, in der Nacht vom 4. auf den 5. April 2012, ermordet. Der Täter ist bis heute, 9 Jahre nach der Tat, nicht gefasst. Der Tathergang ähnelt denen der Taten des NSU. Die Frage, ob Rassismus das Motiv war, ist konsequent. Ein weiterer Mord in Neukölln konnte dem Nazi Rolf Zielezinski zugeordnet werden. Er hat 2015 Luke Holland erschossen. Der Name Zielezinski tauchte auch schon bei den Ermittlungen des Mordes an Burak auf. Die Polizei sieht keinen Zusammenhang zwischen den beiden Morden.

Nazis terrorisieren Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen. Der Neukölln-Komplex reiht sich in die Kontinuität rechten, rassistischen und antisemitischen Terrors wie auch die Anschläge von Kassel im Juni 2019, von Halle im Oktober 2019 und von Hanau im Februar 2020 ein.

Was bleibt zu sagen? Es gab nie eine Mauer des Schweigens. Die Mauer heißt Rassismus und Antisemitismus und existiert in den Köpfen von Rassisten und Nazis.

Wir wollen heute gemeinsam mit euch Mehmet Kubaşık gedenken. Und wir trauern mit Familie Kubaşık, senden ihnen unser tiefstes Mitgefühl. Und wir wollen Seite an Seite mit euch stehen im Kampf um eine umfassende Aufklärung des NSU-Komplexes und deren Auflösung. Wir unterstützen eure Forderungen, sich gegen Verharmlosung und Vertuschung rechter Verbrechen und des Rassismus in unserer Gesellschaft zu verhalten. Und für die Forderung für ein Gedenken nur mit der Perspektive der Betroffenen!

April 2021, Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş