München, Halle, Hanau, Kassel – das war rechter Terror. Wir trauern um die neun Ermordeten am OEZ in München.

[Pressemitteilung übernommen von muenchen erinnern]

Am 22.7. jährt sich der Anschlag am Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) in München zum sechsten Mal. Der Täter hatte den 5.Jahrestag des Anschlags in Utøya bewusst für seine Tat gewählt. Obwohl er damit ein klares Zeichen gesetzt hat, wurde bereits kurz nach der Tat ohne weitergehende Ermittlungen von einem Amoklauf gesprochen. In der Zwischenzeit zeigen drei Gutachten, dass es sich bei der Tat um rechten Terror, antimuslimischen Rassismus und Antiziganismus gehandelt hat.
Trotzdem taucht der Anschlag im öffentlichen Diskurs nicht als solcher auf. Halle, Hanau, Kassel – das ist die Aufzählung, die meist genannt wird wenn es um aktuellen rechten Terror geht. München bleibt dabei bisher unerwähnt. In der Folge bekamen Angehörige, Überlebende und Freund*innen der Opfer bis jetzt wenig Solidarität und Unterstützung. Sie wurden mit ihren Forderungen und Bedürfnissen alleingelassen.

Say their names:
Armela Segashi, Can Leyla, Dijamant Zabërgja, Guiliano Kollmann, Hüseyin Dayıcık, Roberto Rafael, Sabina S.*, Selçuk Kılıç und Sevda Dağ

Trauermarsch am 22.7.: Rechten Terror stoppen und München erinnern!

In diesem Jahr ruft eine Initiative von Angehörigen und Unterstützer*innen zu einem Trauermarsch am 22.7. in der Innenstadt in München auf. München soll daran erinnert werden, dass an diesem Tag sechs Jahre zuvor neun Menschen von einem rechten Täter getötet wurden. „Ich möchte Euch auffordern, am 22.7. um 14 Uhr zum Odeonsplatz zu kommen, um gemeinsam mit uns zu trauern“, sagt Gisela Kollmann in einer Videobotschaft auf Instagram. Sie ist die Oma von Guiliano Kollmann, der bei dem Anschlag umgebracht wurde. Guiliano war 19, nannte sich selbst „Sinto2000“. Seine Zugehörigkeit war ihm wichtig und er war stolz darauf. Die Familiengeschichte der Kollmanns ist geprägt von mehreren Morden an Angehörigen im Vernichtungslager Ausschwitz und dem Überleben seines Uropas im Konzentrationslager Dachau. „Am Tatort haben wieder Geschäfte aufgemacht als wäre nichts passiert“, sagt Sibel Leyla. „Es gibt eine große Stille und wir wollen das ändern.“ Ihr Sohn Can wurde am OEZ ermordet. Er war 14 Jahre alt, begeisterter Fußballspieler. Gemeinsam mit ihrem Mann Hasan kämpft SibelLeyla seit Jahren darum, dass der Anschlag als rechter Terrorakt ins kollektive Gedächtnis aufgenommen wird und dass sich München seiner Verantwortung stellt. Beide haben in den letzten Monaten auf verschiedenen Veranstaltungen bundesweit gesprochen. Sind nach Berlin, Halle und Hanau gereist, haben beim Tribunal NSU-Komplex auflösen an Pfingsten in Nürnberg gesprochen und es so geschafft, bundesweit Gruppen zu aktivieren, sich für das Erinnern an die Ermordeten des Anschlags am OEZ einzusetzen.

Bundesweite Unterstützung und Solidarität
Der 22.7. soll nicht nur in München, sondern bundesweit in Erinnerung bleiben. Auf dem Instagram-Kanal muenchen.oez.erinnern rufen auch Angehörige anderer Anschläge zur Unterstützung auf ebenso wie Künstler*innen und Aktivist*innen. Sie rufen dazu auf, die Angehörigen an diesem Tag nicht alleine zu lassen und die Opfer des rechten und rassistischen Anschlags am OEZ München auch in Zukunft nicht zu vergessen. In mehreren Städten, beispielsweise Regensburg, Münster und Düsseldorf haben bereits Veranstaltungen stattgefunden. Es sind mittlerweile solidarische Kundgebungen und Gedenkveranstaltungen in mehreren Städten angekündigt: Bremen, Jena, Leipzig, Magdeburg, Rostock und Zwickau, siehe: https://muenchen-erinnern.de/termine/. Und weitere kommen noch dazu. „Der Anschlag ist nicht nur eine Geschichte in München, er ist die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“, ordnet Hasan Leyla ein. Rechter Terror hat Geschichte in Deutschland seit 1945 und der Anschlag am OEZ gehört dazu.

Forderung: Gedenken statt Burger
Das Gedenken an den Anschlag ist mit Forderungen verbunden. Für die Angehörigen ist es unerträglich, dass in dem McDonald am OEZ, wo ihre Liebsten umgebracht wurden, jetzt wieder Burger und Pommes serviert und gegessen werden. Sie fordern, dass dieser Ort zu einem Gedenkort wird. Sie wollen außerdem sicherstellen, dass die Gräber dauerhaft erhalten und gepflegt werden, wie das beispielsweise bei Ehrengräbern der Fall ist. In Hanau wurde das bereits durchgesetzt. In München fehlt dazu bisher noch die Zusage der Stadt. Und sie fordern einen Raum im Stadtteil Moosach. Einen Raum, in dem sich die Familien treffen und austauschen können, der ein Ort des Erinnerns ist und der Solidarität im Kampf gegen rechten Terror und Rassismus. Dafür brauchen sie Unterstützung in München und bundesweit.

* der Nachname von Sabina S. wird auf Wunsch der Familie nicht ausgeschrieben.