PM: Der größte Skandal im Neukölln-Komplex: Polizei, Senat, Abgeordnete und Presse nehmen ihre demokratischen Aufgaben nicht wahr!

Pressemitteilung vom 30.11.2023

Seit Juni 2023 werden im Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des Neukölln-Komplexes Zeug:innen aus der Polizei befragt, unter ihnen der Leiter des LKA Berlin Christian Steiof und weitere führende Polizeibeamt:innen bis hinunter in die Polizeiabschnitte in Neukölln-Süd. Viele Polizeibeamt:innen (auch der Leiter des LKA’s) fallen durch große Respektlosigkeit gegenüber dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss auf, teilweise garniert mit antidemokratischen Statements:

Sie beschreiben kleine Anfragen der demokratisch gewählten Abgeordneten als Behinderung der Polizeiarbeit und illegitime Zumutung und kritische Presseberichte als Sicherheitsrisiko und persönliche Beleidigung. Sie drücken immer wieder ihre Ablehnung und ihr Misstrauen gegenüber der kritischen Öffentlichkeit aus und äußern sich völlig empathie- und respektlos gegenüber den Betroffenen der Anschlagsserie. Es fallen Bemerkungen wie die, dass die Betroffenen unter „Verfolgungswahn“ leiden würden. Damit bagatellisieren die Polizist:innen die Terrorserie.

„Wir fordern demokratische Kontrolle. Bei der Polizei ist es eigentlich schlimmer, als wir gedacht haben. Da gibt es ein Polizeistaatsdenken, wenn man sagt, die Polizei werde durch demokratische Kontrolle in ihrer Arbeit behindert. Das Nachhaken ist nicht erwünscht, und wenn wir uns diese Kontrolle wirklich weg denken, heißt das, die Polizei kann tun und lassen, was sie will. Und das ist ein Polizeistaat!“ Claudia von Gélieu, Betroffene und Beobachterin des Untersuchungsausschusses im Interview mit der Agentur für soziale Perspektiven [link].

Die Polizeizeug:innen geben nur das zu, was sowieso schon öffentlich bekannt ist. Selbst da, wo öffentliche Erkenntnisse vorliegen, werden diese mitunter offensichtlich falsch wiedergegeben. Es gibt permanent Widersprüche in den Aussagen der Polizeizeug:innen: Sie widersprechen sich untereinander, aber auch selbst in der eigenen Aussage. Immer wieder weigern sich die Polizeizeug:innen, Fragen zu beantworten. Sie benutzen Worthülsen und Floskeln wie „Es ist zwar schwer nachzuvollziehen, aber daran kann ich mich nicht mehr erinnern“, auch wenn es um den offiziellen Kernbereich ihrer Arbeit geht.

Zu alledem versuchen die Polizeizeug:innen den Untersuchungsausschuss zu funktionalisieren, um pauschale Forderungen nach mehr Personal und Technik zu platzieren, und werden darin von den Abgeordneten der Regierungsparteien unterstützt.

Die Abgeordneten im parlamentarischen Untersuchungsausschuss hören an statt zu vernehmen. Die Abgeordneten stellen die Fragen der Betroffenen nicht und die Polizeizeug:innen werden nicht mit den bereits im parlamentarischen Untersuchungsausschuss gemachten Aussagen der Betroffenen und zivilgesellschaftlichen Akteur:innen und Einrichtungen konfrontiert. Auch wenn die Aussagen der Polizeizeug:innen offensichtliche Widersprüche oder andere Auffälligkeiten enthalten, haken die Abgeordneten viel zu wenig nach. Die Polizeizeug:innen werden nicht mit ihren Widersprüchen, falschen Behauptungen und Lügen konfrontiert, sie werden hierfür bisher auch nicht erneut vorgeladen. Die Möglichkeit einer Vereidigung der Polizeizeug:innen, um wahrheitsgemäße Aussagen zu erzielen, wurde noch überhaupt nicht genutzt. Das teilweise dreiste und respektlose Auftreten der Polizeibeamt:innen wird hingenommen.

Der Innensenat und die Justiz behindern die Arbeit des Untersuchungsausschusses durch verzögerte Aktenlieferung, Beschränkung der Aussagegenehmigung der Zeug:innen und Rechtsbeistände, die von der Innensenatsverwaltung gestellt werden. Des weiteren wird versucht, durch Hausdurchsuchungen und das öffentliche Bekanntwerden von Strafermittlungen gegen Polizeizeug:innen – direkt vor ihrer Aussage beim Untersuchungsausschuss! – die Polizeizeug:innen auf Linie zu bringen. Auch hiergegen wehren sich die Abgeordneten des PUA kaum.

Die Presse liefert weder Analysen noch Kommentare zu dem skandalösen Verlauf des Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Neukölln-Komplex. Nur wenige Pressevertreter:innen beobachten den PUA regelmäßig. Die Berichterstattung beschränkt sich auf kurze Berichte. Die Presse scheint passiv auf den nächsten großen Skandal zu warten. Dabei wird völlig versäumt, den eigentlichen Skandal, das Verhalten der Polizeizeug:innen in seiner Dramatik für das demokratische System darzustellen.

Eine kritische Reflektion der eigenen erfolglosen Ermittlungsarbeit scheint beim LKA und den Polizeieinheiten (EG RESIN, EG REX, OG REX) nicht stattzufinden. Das eigene Versagen oder die Ergebnislosigkeit bei den Ermittlungen gegen rassistische/rechte Gewalt scheint ihnen nichts auszumachen – oder noch schlimmer: Das Selbstverständnis der eigenen Arbeit in diesem Kontext besteht gar nicht darin, Ermittlungsergebnisse zu liefern. Ein Verständnis für die demokratische Gewaltenteilung scheint nicht vorhanden zu sein, bzw. es entsteht der Eindruck, die Polizeizeug:innen stellten sich vor, außerhalb dieser zu stehen: ein Staat im Staate.

Wir, die Betroffenen der Nazigewalt in Neukölln, politische Initiativen und Organisationen haben diesen Untersuchungsausschuss durch unsere beharrliche, teils jahrzehntelange Arbeit durchgesetzt. Wir sind nach wie vor nicht bereit hinzunehmen, dass nur der Mord an Luke Holland teilweise aufgeklärt wurde, alle anderen Nazigewalttaten seit über 15 Jahren hingegen nicht. Der Mord an Burak Bektaş und der vierfache Mordversuch an seinen Freunden in der Nacht des 5. April 2012 ist noch immer nicht aufgeklärt. Die Angehörigen von Burak haben keine Gewissheit und die Freunde von Burak mit ihren Angehörigen ebenso wenig.

Wir sind die Auftraggeber:innen dieses Untersuchungsausschusses! Unsere Ansprüche auf Aufklärung und Gerechtigkeit werden in diesem Ausschuss jedoch mit Füßen getreten.

Obendrein beschließt die CDU/SPD-Regierung gerade eine Ausweitung der Befugnisse der Polizei durch das neue Polizeigesetz. Mehr Waffen, mehr Befugnisse, mehr Bodycams (die durch die Polizeibeamt:innen an- und ausgeschaltet werden können, wie sie wollen) werden nicht zu mehr Sicherheit für die Bürger:innen führen, sondern das Gegenteil bewirken. Eine Polizei außerhalb der demokratischen Kontrolle ist außerhalb der Kontrolle von uns allen.

Dieses alles führt – wie am 27. November 2023 bekannt wurde – zu nicht bearbeiteten rechten Straftaten beim LKA: 3 Jahre Straflosigkeit für Nazigewalttäter in 364 Fällen mussten zugegeben werden!

Wir fordern die Presse auf, den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Neukölln-Komplex kritisch medial zu begleiten!

Wir halten eine Beobachtung und Begleitung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Neukölln-Komplex durch Wissenschaftler:innen und anderen Expert:innen für notwendig und fordern sie ein!

Wir rufen alle relevanten zivilrechtlichen Institutionen und Organisationen auf, sich einzubringen, und alle Expert:innen aus Politik, Gesellschaft und Wissenschaft, den Sitzungen des PUA zum Neukölln-Komplex beizuwohnen.

Erstunterzeichner:innen:

ASP – Agentur für soziale Perspektiven e.V.

*aze (andere Zustände ermöglichen)

Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist*innen

Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş

NSU-Watch

VVN Berlin-Neukölln

Claudia von Gélieu / Rudow empört sich

Christian von Gélieu / Galerie Olga Benario

BASTA fordert den Rücktritt der Polizeipräsidentin

9. Pressemitteilung – 28.11.2023
Zum wiederholten Male gibt es im LKA einen Skandal. “Staatsschützer ließen 364 Ermittlungen liegen..”

Im Innenausschuss sagt Frau Dr. Slowik am 27.11.2023 dazu, dass, der Grund für die nicht gemachten 364 Ermittlungen nicht politisch motiviert sei.

Verharmlosungen dieser Art kennt unsere Initiative BASTA seit Jahren. Wir hören immer wieder, es gibt keine rechten Strukturen in den Ermittlungsbehörden, alles nur Einzelfälle. Unsere gravierenden Zweifel an der Bearbeitung von Straftaten rechter Täter (auch in den Ermittlungsbehörden) werden aber immer wieder bestätigt. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss kümmert sich um dieses Thema – bisher mit mäßigem Erfolg. Die Befragungen der Mitarbeiter:innen der Ermittlungsbehörden helfen wenig bei der Aufklärung der bisherigen Skandale.

Welche Skandale müssen noch passieren, damit die rechten Strukturen innerhalb der Ermittlungsbehörden aufgedeckt werden?

Nach unserer Überzeugung braucht es die demokratische Kontrolle dringender denn je. Wir wollen nicht zulassen, dass das Handeln der Ermittlungsbehörden im Dunkeln bleibt. Es braucht aber auch eine Polizeipräsidentin, die das Thema nicht permanent herunterspielt. Deshalb fordern wir den Rücktritt von Frau Dr. Slowik.

Wir stehen nach wie vor jeden Donnerstag in der Zeit von 8:30 bis 9:30 vor dem LKA Tempelhofer Damm und fordern die Aufklärung der rechten Strukturen in den Berliner Ermittlungsbehörden. Bitte unterstützt uns – nur gemeinsam sind wir stark.


BASTA – wir haben genug.
Eine Gruppe von Bürger*innen setzt sich für die Aufklärung
rechter Straftaten – insbesondere in Britz / Neukölln – und für die Offenlegung rechtsextremer Strukturen in den
Ermittlungsbehörden ein.
www.basta-britz.de

[Asylrecht] Stop Geas Demo – Für ein Europa das Brücken baut 26.11. | 13:00 Oranienplatz Berlin-Kreuzberg

 

 

 

Sonntag 26.11.2023 – 13 Uhr Oranienplatz Berlin-Kreuzberg

Anfang Dezember soll im EU-Parlament über eine Verschärfung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) diskutiert werden.
Das Parlament wird dabei über ein ganzes Bündel an Verordnungen abstimmen, welche das europäische Asylsystem grundlegend verschärfen sollen. In der Folge wird es zu systematischen Menschenrechtsverletzungen kommen. Die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl droht.

Wir fordern das EU-Parlament dazu auf, diesen historischen Einschnitten nicht zuzustimmen, sondern sich für die Einhaltung der Menschenrechte aller einzusetzen. Das individuelle Asylrecht muss das Fundament unseres Schutzsystems
bleiben!

Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, ihren Wahlversprechen nachzukommen und sich für eine menschenrechtsbasierte Migrationspolitik einzusetzen.

Kommt mit uns auf die Straße, um ein starkes Zeichen für ein offenes und solidarisches Europa zu setzen!

https://stop-geas.de/

Petition: Jamil Amadi muss umgehend die Rückkehr aus Afghanistan nach Berlin ermöglicht werden!

Vorab:
Jahrelang kämpften Betroffene der Serie neonazistischer Brandanschläge, Bedrohungen und Einschüchterungsversuche in Berlin-Neukölln sowie andere Aktive um die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Abgeordnetenhaus. Seit Juni 2022 tagt nun endlich der „1. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (‚Neukölln‘)“. Er soll vor allem die Erkenntnisse und das Verhalten der Ermittlungsbehörden angesichts der organisierten neonazistischen Angriffsserie, den sogenannten Neukölln-Komplex, untersuchen. Bei der letzten Siztung am 29.9.2023, war auch der Polizeibeamte Stefan Kollmann geladen, um ihn zu seiner Tätigkeit in der Ermittlungsgruppe Rechtsextremismus (EG Rex) zu befragen. Im vergangenen Jahr wurde er wegen eines rassistischen Überfalls, fünf Jahre nach der Tat, auf den afghanischen Geflüchteten Jamil Amadi verurteilt – ein Diziplinarverfahren ist noch anhängig.

Hilfe und Gerechtigkeit für Jamil Amadi

Im April 2017 wurde der afghanische Geflüchtete Jamil Amadi auf einem Berliner S-Bahnhof Opfer eines brutalen und rassistisch motivierten Überfalls. Jamil Amadi wurde schwer verletzt. Drei Täter wurden ermittelt, einer der Täter ist ein Berliner Polizist, der in Neukölln in der Ermittlungsgruppe Rechtsextremismus für die Aufklärung der rechtsextremistischen Anschlagsserie veranwortlich war.

Dieser Übergriff warf Jamil Ahmadi komplett aus der Bahn. Seit dem Überfall ist Jamil Amadi traumatisiert. Er ist physisch und psychisch krank.

Im März 2020 begann der Prozess gegen die drei angeklagten Männer. Obwohl Jamil als Zeuge und Nebenkläger Prozessbeteiligter war, wurde er am 11. März 2020 nach zwei Verhandlungstagen mit der Zustimmung des damaligen Innensenators Andreas Geisel nach Afghanistan abgeschoben. Der Prozess selbst wurde kurz darauf auf Grund der Pandemie ausgesetzt.

Im vergangenen Jahr wurden die Täter wegen des rassistischen Überfalls auf Jamil Amadi, fünf Jahre nach der Tat, verurteilt. Das Gericht bestätigte ausdrücklich die rassistische Motivation des Übergriffs. Ein Disziplinarverfahren gegen den Polizisten ist noch anhängig.

Es gab mehrere Initiativen, offene Briefe und Petitionen, um Innensenator Geisel dazu zu bewegen, die Abschiebung von Jamil Amadi rückgängig zu machen, dieses Unrecht wieder ‚geradezurücken‘ und Jamil die Rückkehr aus Afghanistan wieder nach Berlin zu ermöglichen. Leider ohne jeden Erfolg. Auch die Nachfolgerin im Amt der Innensenatorin, Frau Spranger, korrigierte die grausame Fehlentscheidung ihres Vorgängers nicht. Jamil Amadi ist immer noch in Afghanistan. Es geht ihm sehr schlecht. Er braucht dringend kompetente medizinische Behandlung.

Und seit der Machtübernahme der Taliban ist er in Afghanistan auch deren Willkür und zusätzlicher Gefahr ausgesetzt.

Es ist für uns nicht akzeptabel, dass ein Opfer rassistischer Gewalt, der offensichtlich krank und hilfebedürftig ist, unter solchen Umständen abgeschoben wurde. Vor dem Hintergrund, dass hier ein Berliner Polizist verurteilt wurde, wirft dieser Vorgang ein seltsam düsteres Licht auf die Berliner Behörden und die Berliner Justiz.

„Wer in Deutschland Opfer von Hasskriminalität wird, muss ein sofortiges Bleiberecht erhalten. Die Betroffenen im Laufe eines Gerichtsverfahrens gegen ihre Peiniger abzuschieben, schadet der Aufklärung des Vorfalls und lässt die seelischen und körperlichen Wunden außer Acht, die solche Gewalttaten bei den Menschen anrichten“, mahnte 2022 Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL.

Deshalb fordern wir von Frau Innensenatorin Spranger:

  • Jamil Amadi muss umgehend die Rückkehr aus Afghanistan nach Berlin ermöglicht werden. Wir verurteilen die Entscheidung des damaligen Innensenators Geisel, der die Abschiebung von Jamil Amadi im März 2020 zu verantworten hat.
  • Der Berliner Senat, der Amadi als Opfer rassistischer Hasskriminalität nach Afghanistan abgeschoben hat, muss endlich Verantwortung übernehmen und ihm ein unbegrenztes Bleiberecht erteilen.
  • Alle Opfer rassistischer Gewalt brauchen ein generelles Bleiberecht.

Unterzeichnet die Petition für die Rückkehr von Jamil Amadi bei change.org.

Presse zum Neukölln-Komplex

14.10.2023 rbb: Anfrage der Grünen – Mehr als 100 Ermittlungsverfahren wegen Extremismus bei Berliner Polizei eingeleitet

14.10.2023 junge Welt: »Neukölln-Komplex«: Verfahren gegen Polizeibeamten Norbert M. eröffnet. Betroffene verwirrt. Ein Gespräch mit Ferat Koçak
10.10.2023 bz: Anschlagsserie in Neukölln – Bunkerte ein Polizeibeamter privat Waffen?
02.10.2023 taz: Beschuldigter Polizist überrascht im Neukölln-Untersuchungsausschuss mit so manchen Antworten

05.10.2023 VVN-BdA Berlin: Wir fordern die sofortige Rückholung von Jamil Amadi nach Deutschland!

Gegen den Rechtsruck

Berliner Erklärung
Gegen die rassistische Asyldebatte wurde am 11. Oktober 2023 die Berliner Erklärung: In Verteidigung der Migrationsgesellschaft veröffentlicht, die ihr unterschreiben könnt.

Medienanalyse
Am 12. Oktober 2023 veröffentlichte der Blog “Volksverpetzer” eine Analyse zur Berichterstattung der Medien: “Wenn deutsche Medien und auch der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk nicht neutral genug berichten, dann nachweislich zu RECHTS. Verschiedene Studien zu verschiedenen Themengebieten haben die Berichterstattung der Medien über Jahre beobachtet und dokumentiert. Und es zeigte sich darin, dass die Medien tatsächlich zu rechts berichten. Gleichzeitig verbreiten Rechte das Märchen der „linken Medien“ – um den Diskurs immer weiter nach Rechts zu verschieben.
Zur Analyse des Blogs Volksverpetzer

Redebeitrag zur Kundgebung in Halle/S.: 4. Jahrestag des antisemitischen, antifeministischen und rassistischen Anschlags

Liebe Angehörige und Freund*innen von Jana L. und Kevin Schwarze, liebe Soligruppe 9. Oktober, liebe Überlebende und Betroffene der jüdischen Gemeinde, des Tekiez’, der Magdeburger Straße, aus Wiedersdorf Landsberg, liebe Angehörige und Freund*innen von den Opfern des Anschlags, liebe Initiativen, liebe solidarische Menschen,
wir versammeln uns heute hier in Halle, um Jana L. und Kevin Schwarze zu gedenken, die vor 4 Jahren bei dem antisemitischen, rassistischen und antifeministischen Anschlag ihr Leben verloren haben. Wir versammeln uns, um euch unser tiefes Mitgefühl und unsere Solidarität auszudrücken.
Unser Gedenken gilt den Ermordeten des Anschlags. Unsere Gedanken sind bei denen, die ihre Liebsten verloren haben, bei ihrer Familie, bei ihren Freund*innen. Und unsere Gedanken sind bei den vielen Überlebenden und Betroffenen des Anschlags. 4 Jahre ist es her, 4 Jahre des Schmerzes und der Trauer.

Unsere Gedanken und Solidarität gelten auch besonders den Überlebenden und Betroffenen von Halle, deren eigenes Leben, das ihrer Familie, ihrer Angehörigen und ihrer Freund*innen erneut bedroht ist durch die aktuellen Terroranschläge in Israel und den Krieg.

Und unsere Gedanken sind auch bei denen, die durch die kontinuierlichen rechten Gewalttaten bedroht und von ihnen betroffen sind. Unser Gedanken sind bei den Opfern und Überlebenden der Shoa und ihren nachfolgenden Generationen. Sie sind Zeitzeug*innen von damals und Zeug*innen von heute. Rebecca Blady sagte in der Zeugenvernehmung 2020 „Auch wenn die Shoa vorbei ist -, die Auswirkungen sind nicht vorbei. Das ist nicht nur ein Faktum der Geschichte. Das ist etwas, das für uns weiterhin tagtäglich präsent ist.“ Und Jeremy Borovitz äußerte sich in einer Open Lecture 2 Jahre nach dem Anschlag, dass er sich immer wieder und besonders nach dem Anschlag gezwungen sieht seine Stimme zu erheben gegenüber der Mehrheitsgesellschaft, die immer wieder behauptet „wir haben keine Schuld“ und „wir haben doch alles richtig gemacht“.

Auf der Ceremony of Resilience vor 2 Jahren sprach Talya Feldmann die Wichtigkeit an, dass alle gemeinsam die Stimme erheben müssen, die Betroffenen von Antisemitismus und Rassismus und die solidarischen Menschen. Um zu überleben und um der dominanten, rassistischen und antisemitischen Stimme der Mehrheitsgesellschaft laut und deutlich entgegenzutreten.

Wir möchten daher mit euch allen gemeinsam unsere Stimme erheben gegen jeglichen Antisemitismus, gegen Rassismus, Rassismus gegen Schwarze, Rassismus gegen People of Color, Antimuslimischen Rassismus und gegen Sinti*zze und Rom*nja; und wie Kevins Vater auf der diesjährigen Ceremony of Resilience sagte, gegen das Vergessen!

Wir sprechen hier für die Initiative zur Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş.
Burak war 22 Jahre alt, als er am 4. April 2012 gewaltsam aus dem Leben gerissen wurde. Wir gehen von einem rassistischen Anschlag auf Burak und seine Freunde aus. Seit 11 Jahren stehen wir an der Seite der Familie, begleiten kritisch die Ermittlungen und fordern Aufklärung.
Wir haben einen Gedenkort für Burak Bektaş geschaffen, so wie es sich Buraks Mutter Melek vor Jahren gewünscht hatte. Der Gedenkort verbindet, er verbindet die Menschen die trauern, mit den Menschen, die empathisch und solidarisch sind. Er verbindet die persönliche Erinnerung an Burak mit der öffentlichen Erinnerung und politischen Forderung nach Aufklärung.
Dank der vielen Unterstützung haben wir viel getan. Doch auch nach 11 Jahren ist der Mörder nicht ermittelt. Aber sicher ist, dass ohne all diese Aktivitäten das Verfahren längst eingestellt worden wäre und es auch keinen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum sog. Neukölln-Komplex geben würde.
Der Mord an Burak hat viele Leben verändert. Der Schmerz und die Trauer halten an. Auch überwindet die Zeit die Wunden nicht. “Acıya zaman aşımı yok.” Neben all dem Leid, dass den Familien und Freund*innen zugefügt wurde, sind auch viele weitere von Rassismus betroffene Menschen verunsichert worden.

Zum 10. Gedenktag der Ermordung von Burak spricht seine Mutter Melek Bektaş zu den solidarischen Menschen und wir möchten euch einen Auszug daraus vorlesen:
„Ich danke euch, dass ihr all die Jahre hierher gekommen seid, dass ihr immer an unserer Seite gestanden habt. Auch wenn wir manches Mal dachten, dass zu unserer Demo niemand mehr kommen wird, seid ihr gekommen. Wir haben nicht damit gerechnet, dass ihr das so lange aushaltet. Dafür danken wir Euch. Ohne euch alle würde es diesen Ort nicht geben. Wäre das Erinnern vielleicht nur noch eine Familienangelegenheit. – Ich halte etwas aus, von dem ich mir kurz nach Buraks Tod nicht vorstellen konnte, dass es möglich ist, das auszuhalten.
Aber ich habe inzwischen andere Menschen getroffen, die noch länger aushalten. Die nicht mehr sprechen oder 20 Jahre nicht gesprochen haben. Das macht das Leiden nicht leichter aber ich sehe, dass Menschen das überlebt haben.“

Und dann möchten wir euch noch Worte von einem trauernden Vater vortragen, von Phil Holland. Sein Sohn Luke Holland wurde am 20. September 2015 ebenso in Berlin-Neukölln ermordet. Sein Mörder konnte mithilfe von Zeug*innen gefasst werden, aber das Gericht wollte kein politisches Motiv erkennen.
Die folgenden Worte hat uns Lukes Vater Phil Holland zum 8. Todestag gesendet:
„I am so grateful for your remembering the murder of Luke, at the place it happened, for all these years. I can say that the pain of my loss never ends, but also, the anger for Zielezinski, the police and the judiciary also never ends. I am amazed and proud of the tenacity, persistence and enduring work by all concerned, to bring justice for Burak and his family, is incredible and now appears to be working. I am afraid I cannot attend the remembrance, but will obviously be thinking of Luke and The Alliance on the day. Kindest Regards and thankyou again, Phil.“
(und die deutsche Übersetzung)
„Ich bin sehr dankbar für euer Erinnern an den Mord an Luke während all dieser Jahre an der Stelle, wo es geschah. Ich kann sagen, dass der Schmerz über meinen Verlust nie aufhören wird, aber auch nicht die Wut auf Zielezinski, die Polizei und die Justiz. Ich bin beeindruckt und stolz auf die Hartnäckigkeit, die Ausdauer und die beharrliche Arbeit aller Beteiligten, um Burak und seiner Familie Gerechtigkeit zu verschaffen. Sie ist unglaublich und scheint nun Wirkung zu zeigen. Leider werde ich bei der Gedenkveranstaltung nicht anwesend sein können, aber ich werde natürlich an Luke und das Bündnis denken. Liebe Grüße und nochmals vielen Dank, Phil.“

Wie Melek Bektaş sagte, können wir die, die wir verloren haben, nicht zurückbringen. Aber wir können hoffen, dass keine weiteren Buraks sterben. Die Skulptur, die am Gedenkort von Burak aufgestellt ist, nennt sich so auch „Algorhythmus für Burak und ähnliche Fälle“.

Wir brauchen Gerechtigkeit und müssen unsere Stimmen laut für alle Buraks erheben! Daher stehen wir heute solidarisch mit euch Hand in Hand, gegen das Vergessen und für eine sichere Zukunft für uns alle, für euch, eure Freund*innen, eure Familie, für eure Kinder und die kommenden Generationen,
– in Halle und überall auf der Welt…!

etwas Presse:
13.10.2023 belltower.news: Gegen das Vergessen
09.10.2023 taz: Vierter Jahrestag des Halle-Anschlags: „Es ist wichtig, wie wir erinnern“
29.09.2023 Belltower News: Ceremony of Resilience Hoffnung gegen Hass: Zum vierten Mal findet das Festival of Resilience statt, initiiert von Überlebenden und Hinterbliebenen des rechtsterroristischen Halle-Anschlags.

CDU, Freie Wähler und AfD Gütersloh: NS-Gedenkstätte geschlossen

[Übernommen von Stalag 326 (VI K) Senne – Gedenkstätte in Schloß Holte-Stukenbrock vom 30. September 2023]

Stellungnahme des Vorstands des Fördervereins Gedenkstätte Stalag (VI K) Senne e.V.

Am 6. Mai 2015 sagte der damalige Bundespräsident Joachim Gauck in Schloß Holte-Stukenbrock in seiner Rede zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs, dass das grauenhafte Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen als zweitgrößte Opfergruppe mit ungefähr 3 Millionen Toten nie angemessen ins öffentliche Bewusstsein gekommen sei und bis heute in einem „Erinnerungsschatten“ liege.

Daraufhin haben wir zusammen unter anderem mit einem Lenkungskreis von Vertreter:innen aus Politik, Wissenschaft und Kultur, unter Vorsitz des Landtagspräsidenten André Kuper (CDU) und dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), über viele Jahre hinweg an einer Neukonzeption der bisherigen Gedenkstätte mitgearbeitet. Von Anfang an war klar, dass sich die kommunale Familie in Ostwestfalen-Lippe an den jährlichen Betriebskosten der zukünftigen Gedenkstätte beteiligen soll. Sämtliche politischen Entscheidungsträger:innen waren in den Prozess eingebunden und es gab eine breite Zustimmung, auch im Kreistag Gütersloh. Die Betriebskosten wurden jederzeit transparent und nachvollziehbar dargestellt. Die Entscheidung der Gütersloher CDU-Fraktion sowie der FWG/UWG und der AFD gegen eine Beteiligung an den Betriebskosten hat uns zutiefst getroffen und schockiert.

Continue reading CDU, Freie Wähler und AfD Gütersloh: NS-Gedenkstätte geschlossen

Rassistische und sexistische Polizei-Chats veröffentlichen als 1. Schritt

Rassistische und sexistische Polizei-Chats veröffentlicht, was ist mit den menschenverachtenden Polizei-Chats in Berlin?
29.09.2023 FragDenStaat: Wir veröffentlichen den rechtsextremen Frankfurter Polizei-Chat
ZDF Magazin Royale vom 29. September 2023 : Polizist*innen schicken sich bei Whatsapp rassistische, antisemitische und andere menschenverachtende Memes.

Zur Erinnerung etwas Presse: Nazi-Chats bei der Berliner Polizei:
19.10.2022 tagesspiegel: Nach Kommentaren in Polizei-Chatgruppe: Durchsuchung bei Berliner Polizist
17.07.2021 taz: Rechtsextreme Chatgruppe in Berliner Polizei – Das übliche Programm
14.07.2021 taz: Ermittlungen gegen Berliner Polizisten: Dritte rechte Chatgruppe
14.07.2021 welt: Rechte Chatgruppe – Hinweis auf Verbindungen zu Anschlagsserie in Berlin-Neukölln
14.07.2021 Bild: WhatsApp-Chats mit „menschenverachtenden Inhalten“ – Nazi-Skandal erschüttert Berliner Polizei
01.10.2020 monitor: Neue rassistische Polizei-Chatgruppe: Alltag oder Ausnahme?
01.10.2020 monitor: Pressemeldung – Neue rassistische Chatgruppe bei der Polizei Berlin

Der “Einschätzung” der Berliner Innensenatorin zu Polizeiskandalen: Alles Einzelfälle vom 12. Juni 2023 ist da schwer zuzustimmen.

Die Veröffentlichung der rassistischen Polizei-Chats in Berlin kann allerdings nur ein 1. Schritt sein, der Strafrechtliche muß der 2. sein. Und was ist aus den Ermittlungs- und Disziplinarverfahren geworden?

Das Problem geht tiefer, es beginnt schon bei dem Datenverarbeitungssystem Poliks der Polizei Berlin.

Aber falls es mutige Polizist:innen geben sollte und sie sich dem reaktionären Korpsgeist entgegenstellen wollen, gibt es seit heute (dem 4. Oktober 2023) eine Möglichkeit für Whistleblower:innen, eingerichtet von der Gesellschaft für Freiheitsrechte und der Alfred Landecker Stiftung unter mach-meldung.org.

Parlamentarischer Untersuchungsausschuss Neukölln-Komplex

01.10.2023 gewerkschaftliche-linke-berlin: Stefan Kollmann – ein Brandmal
29.09.2023 : Täter nach rassistisch motiviertem Angriff auf Geflüchteten noch immer im Polizeidienst – Gemeinsame Pressemitteilung von Flüchtlingsrat Berlin, ReachOut, Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP) und PRO ASYL
29.09.2023 taz: Obwohl gegen ihn ein Ermittlungsverfahren läuft, stellt sich ein Polizist im Neukölln-Untersuchungsausschuss den Fragen. Und überrascht mit manchen Antworten.
29.09.2023 rbb: Anschlagsserie in Neukölln Untersuchungsausschuss vernimmt beschuldigten Polizisten
28.09.2023 tagesspiegel: Berliner Polizist soll Dienstgeheimnisse weitergegeben haben
28.09.2023 taz: Rechte Anschlagsserie in Berlin-Neukölln: Polizei sucht Maulwurf
28.09.2023 rbb: Berliner Polizist soll Dienstgeheimnisse verraten haben
15.09.2023 tagesspiegel: Weil das Personal fehlte, wurden Ermittlungsergebnisse zum Neukölln-Komplex nicht korrekt hinterlegt.

27.09.2023 nsu-watch: Neukölln-Komplex: Besucht die Sitzungen des Untersuchungsausschusses!
31.08.2023 nsu-watch: Protokoll der 14. Sitzung des Untersuchungsausschusses zum Neukölln-Komplex (23. Juni 2023)